Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen ist das Jazz-Festival „New Colours“ gestartet - mit einem beeindruckenden Konzert-Doppelpack in der prächtig gefüllten „Kaue“.

Daniel Herskedal sitzt allein auf der Bühne. Die einzigen Begleiter sind seine Tuba, seine Basstrompete und einige Effektgeräte. Doch diese wenigen Komponenten reichen dem norwegischen Musiker, um daraus einen mystisch-magischen Klang-Zauberteppich zu knüpfen, der das „New Colours“-Festival sofort zum Fliegen brachte. Was für ein Auftakt!

„New Colours“-Festival erlebt bereits seine dritte Auflage

Zum dritten Mal verwandelt sich Gelsenkirchen für vier Tage in ein Zentrum der nationalen und internationalen Jazz-Szene. Noch bis Sonntagabend steigen insgesamt 13 Konzerte mit rund 40 Aktiven aus elf Nationen. Das alles hat aber nicht etwa die Stadt initiiert und organisiert. Sondern eine kleine Eventagentur, die nur aus zwei Personen besteht: Susanne Pohlen und Bernd Zimmermann.

Das Gelsenkirchener Duo will mit seinem Engagement vor allem eines schaffen: den Beweis antreten, dass ihre Heimatstadt eben doch viel mehr zu bieten hat als nur Fußball und Schalke. Und ihr ambitioniertes, im Jahr 2022 gestartetes Festival soll ein Puzzlestein sein, um das nach wie vor ramponierte Gesamtbild der Stadt in der öffentlichen Wahrnehmung ein wenig aufzupolieren.

Daniel Herskedal umarmt seine Tuba so galant wie eine Tango-Tanzpartnerin

Blank poliert ist auch die Tuba von Daniel Herskedal. Mit dem ersten Ton, den er am Donnerstagabend im Auftaktkonzert in der prächtig gefüllten „Kaue“ anschlägt, ist zu spüren, welch innige Beziehung zwischen beiden besteht. Mal umarmt der 42-jährige Mann aus Molde sein Instrument so zärtlich und galant wie eine Tango-Tanzpartnerin, mal umklammert er es haltsuchend wie ein Torkelnder die nächste Straßenlaterne.

Dabei entlockt er der Tuba mal kristallklare, mal dumpf-grollende Töne, die er reproduziert und fortan als Untermalung nutzt, um dann mit der Basstrompete eine neue Melodie darüberzulegen. So erzeugt der Soundarchitekt klangliche Landschaften von geradezu bizarrer Schönheit. Und obwohl die Grundatmosphäre eine melancholische ist, verfällt diese atmosphärisch dichte Konzertstunde nie zu sehr in Schwermut.

Das liegt auch an seinen Mut machenden Ansagen. Etwa, dass die kürzliche Geburt seiner zweiten Tochter ihm neue Hoffnung spenden würde in Zeiten, in denen das Leben für viele aus der Balance zu geraten droht. Der Song „My Child“ drückt diese Gefühle exzellent aus. Am Ende dankt ihm das Publikum mit Ovationen.

The Vampires lassen Saxofon und Trompete miteinander flirten

Teil zwei des Auftaktabends übernehmen dann The Vampires - ein Jazzquartett aus Australien, das derzeit durch Europa tourt. Neben Paris, München und Berlin steht für sie nun eben auch Gelsenkirchen auf der Liste der Haltepunkte. Dem Festival sei Dank! Hier korrespondieren Saxofon und Trompete nicht nur. Nein, sie flirten geradezu miteinander. Mit einer Wirkungskraft, die sich auch aufs Publikum überträgt.

„New Colours“ läuft noch bis Sonntag und endet mit einem Auftritt vom Club des Belugas, dem Top-Act dieses Festivals. Und um vorbeizukommen, ist nicht mal ein fliegender Teppich vonnöten. Infos und Karten: www.colours-festival.de.