Haltern. Bei den Römertagen im Römermuseum Haltern zückt am 16. und 17. August auch „Flavia Tigra“ das Schwert. Unter den Augen einer Göttin ...

Ja, auch in Westfalen kreuzten vor 2000 Jahren Gladiatoren ihre Klingen. Nicht in Haltern, wo auf dem Areal des ehemaligen Lagers Aliso das Römermuseum an die antiken Okkupanten erinnert, aber im nahen Bergkamen-Oberaden fand man ein hölzernes Übungsschwert. Ein geschwungenes „Sica“, wie es die „Thraeces“ benutzten. Für Gladiatorenkämpfe braucht es zudem kein steinernes Amphitheater, wie es etwa in Xanten rekonstruiert wurde. Ein sandbestreuter Kampfring reicht völlig – und in den treten am Wochenende bei den Römertagen in Haltern wie einst wieder Berufskämpfer. Und Kämpferinnen!

„Brot und Spiele“ lautet publikumswirksam das Motto am Wochenende (17. und 18.8.) im Römermuseum – aktuell führen Gladiatoren mit der Amazon-Serie „Those About To Die“ sogar die Streaming-Charts an. Zu den alle zwei Jahre stattfindenden Römertagen kehrt das antike Imperium an seine alte Wirkungsstätte, das ehemalige Römerlager in Haltern am See, zurück. Die hauseigene Legionärstruppe der Legio XIX, Cohors I demonstriert dabei etwa den Alltag der römischen Soldaten. Das Highlight sind aber die Programmpunkte mit den „Superstars der Antike“, den Gladiatoren.

„Brot und Spiele“ lautet das Motto der Römertage 2024 im Römermuseum Haltern. Mit dabei ist auch die Gladiatorenschule „Amor Mortis“.
„Brot und Spiele“ lautet das Motto der Römertage 2024 im Römermuseum Haltern. Mit dabei ist auch die Gladiatorenschule „Amor Mortis“. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Dabei gibt es viel zu sehen, aber auch zu lernen, wie Museumsleiter Dr. Josef Mühlenbrock bei der Programmvorstellung erklärt: „Bei Gladiatoren denkt man immer ans Abschlachten, das ist ein Missverständnis. Gladiatoren waren viel zu wertvoll, als dass sich ihr Besitzer leisten könnte, bei jedem Kampf viele von ihnen zu verlieren.“ Was ebenfalls nicht jeder weiß: Es gab auch Gladiatorinnen. In Haltern demonstrieren am Wochenende die Akteure der modernen Gladiatorenschule „Amor Mortis“ ihre Kampfkunst. Jeweils um 13 Uhr findet dazu bei den Römertagen die ‚Munera Gladiatoria‘ statt. „Das heißt, wir veranstalten einen festlichen Umzug mit Gladiatoren, Militär und Musik. Auch der Göttin Nemesis werden dabei eine Hymne und ein Opfer dargebracht. Sie galt als Schutzgöttin der Gladiatoren“, erläutert Museumsleiter Mühlenbrock.

Rachegöttin Nemesis ist Gast der Römertage 2024 in Haltern

Nemesis persönlich wacht am Wochenende in Haltern auch über die Kämpfer und Kämpferinnen der „Amor Mortis“ – in Form der Kopie einer Originalstatue, die man beim Ausgraben der römischen Stadt Carnuntum in Österreich fand. „Ein Kollege hat sie bei einer zweitägigen Fahrt von dort nach Haltern geholt“, so Mühlenbrock. Schon die farbige Kopie habe einen Versicherungswert von 30.000 Euro. In der Antike brachten die Gladiatoren der Nemesis Opfer dar. Die Leih-Nemesis in Haltern präsentiert sich mit klassischen Attributen wie dem Rad des Schicksals und einem Greif.

Gladiatorenschule „Amor Mortis“ zeigt im Römermusuem Haltern Kampfkunst

„Gladiatores pugnate!“, lautet das Kommando, mit dem der Lanista von „Amor Mortis“ die Kämpfe startet. 16 Akteure der Gladiatorenschule, die ihr Trainingszentrum in Bergkamen haben, sind bei den Römertagen zu Gast. Neben männlichen Kämpfern wie dem dunkelhäutigen „Pantherus“, der auf dem Flyer zum Event Schwert und Muskeln präsentiert, ist auch Gladiatorin „Flavia Tigra“ mit dabei. Denn tatsächlich gab es auch in der Antike Berufskämpferinnen. Flavia, was „die Blonde“ bedeutet, heißt bürgerlich Luna Lange (ebenfalls ja schon ein schöner lateinischer Vorname) und studiert im normalen Leben Soziale Arbeit. In ihrer Freizeit betrieb die Dortmunderin bereits den Kampfsport Kendo, als sie die Gladiatur für sich entdeckte.

Bei der Programmvorstellung der Römertage 2024 in Haltern treten  
„Flavia Tigra“ und „Vulcanus Faber“ gegeneinander an. In der Antike kämpften Männer gegen Frauen jedoch nie.
Bei der Programmvorstellung der Römertage 2024 in Haltern treten „Flavia Tigra“ und „Vulcanus Faber“ gegeneinander an. In der Antike kämpften Männer gegen Frauen jedoch nie. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Als sie bei „Amor Mortis“ einstieg, durfte Luna wie alle Neulinge zunächst nur mit Holzwaffen trainieren. „Stahl muss man sich verdienen“, erklärt die 23-Jährige. Bei ihr dauerte es etwa anderthalb Jahre, bis sie das stählerne Schwert schwingen durfte. Das ist massiv, aber stumpf, schließlich soll bei „Amor Mortis“ kein Blut fließen. Mit den Akteuren von „Amor Mortis“ tritt sie regelmäßig bei Römerfesten in ganz Deutschland auf. „Wie die Leute jubeln, wenn wir in die Arena einmarschieren“, das mache für sie unter anderem den Reiz ihres sportlichen Hobbys aus.

In der Antike waren die Gladiatorinnen nicht so gut gelitten, wie Luna/Flavia weiß: „Vor allem Kritik an den weiblichen Kämpfern ist überliefert.“ Dennoch traten auch Frauen in der Arena auf, „allerdings nicht beim Hauptkampf, sondern schon am Mittag, zusammen mit den Kleinwüchsigen.“ Lediglich eine einzige bildliche Darstellung einer Gladiatorin ist erhalten geblieben. „Danach ist meine Ausrüstung gestaltet, damit sie so authentisch wie möglich ist.“ Als sogenannte Provocatrix tritt die blonde Kämpferin beim Pressetermin fürs Foto gegen Lars Binkhoff alias „Vulcanus Faber“ an, doch Duelle von Männern gegen Frauen hat es in der historischen Realität nie gegeben.

Auch die Legionäre demonstrieren bei den Römertagen 2024 in Haltern ihren soldatischen Alltag.
Auch die Legionäre demonstrieren bei den Römertagen 2024 in Haltern ihren soldatischen Alltag. © LWL/ D. Stock | LWL/ D. Stock

Insgesamt zeigen mit Gladiatoren, Legionären & Co. 80 Akteure römisches Leben in Haltern. Dazu kommen rund 20 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom Museum, die an den vielen weiteren Programmpunkten beteiligt sind. Bäcker, Töpferinnen, Bauhandwerker, Schmiede, Schuster, Schleuderer und Germanen präsentieren ihr Handwerk und bieten ihre Waren an. Sogar ein römischer Wasserorgel-Spieler gibt Kostproben seines Könnens. Aber nicht nur Zuschauen ist an den Römertagen möglich, wie die stellvertretende Museumsleiterin Dr. Lisa Stratmann erklärt: „Vielleicht haben die Besucher und Besucherinnen ja auch Lust, ein echtes Maultier zu streicheln? Römische Spiele auszuprobieren? Wie die Römer Leder zu prägen? Kinder können bei uns selbst einen Teil der Legionärsausrüstung basteln. Bei unseren Mitmachaktionen ist sicherlich für die ganze Familie etwas dabei.“

Die Infos zu den Römertagen 2024 in Haltern

  • Termin: 17./18.8.2024, jeweils 10-18 Uhr
  • Adresse: LWL-Römermuseum, Weseler Str. 100, Haltern am See
  • Eintritt: 12 Euro, ermäßigt: 6 Euro, Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre frei
  • Weitere Infos gibt‘s auf www.lwl-roemermuseum-haltern.de
  • Den Flyer zum Download gibt‘s hier.

Das Programm der Römertage 2024 in Haltern

  • 10:30 Uhr, Angetreten! Ausbildung und Drill in der römischen Armee
  • 11:30 Uhr, Gladiatoren, Kampfpräsentation
  • 11:30 Uhr, Römische Musik
  • 13:00 Uhr, Munera Gladiatoria, Festlicher Umzug mit Militär und Musik, Hymne und Opfer an die Göttin Nemesis, in der Arena: Römische Reiter und Gladiatorenkämpfe
  • 14:45 Uhr, Geschützdemonstration und Schleuderei
  • 15:00 Uhr, Römische Musik
  • 15:15 Uhr, Die Reiter Roms
  • 15:45 Uhr, Gladiatoren, Kampfpräsentation
  • 16:45 Uhr, Angetreten! Ausbildung und Drill in der römischen Armee