Duisburg. Keine Eintrittskarte, 24 Stunden täglich Mozart und Beethoven: Mit der neuen Mediathek übernimmt das Orchester eine Pionierrolle in NRW
Manche hätten schon Lust auf Mozart, aber die teuren Karten ... Andere scheuen den Wechsel von Jogginghose und Sofa zu Oberhemd und Parkettplatz. Dritte machen nichts ohne ihren Hund. Solche Klassikgeneigten sind ihrer Sorgen ledig: Duisburgs Philharmoniker musizieren ab sofort 24 Stunden die Woche online. Gratis.
Klassik gratis jeden Tag: Duisburgs Philharmoniker machen es möglich
Ab sofort 24/7 geöffnet: die Mediathek eines der großen sinfonischen Orchester Nordrhein-Westfalens. Sie könnte Vorreiter sein. Denn über die nur in Teilen gelungenen Streaming-Angebote der veranstaltungslosen Corona-Zeit hinaus sind die Klangkörper der Region in diesem Punkt bisher kaum nennenswert in Erscheinung getreten. Ein Grund dürften auch die knappen Mittel sein. Da aber hat Duisburg erhebliche Unterstützung: Eine Dreiviertelmillion Euro, der Großteil aus dem Landesförderprogramm „Neue Wege“, ebneten der Digital-Offensive den Weg. Die Finanzierung, heißt es aus dem Orchester (Generalmusikdirektor ist Axel Kober) gegenüber unserer Redaktion, sei bis 2026 gesichert. Dass es danach weiter geht, stehe außer Frage.
Wer sich zuschaltet, findet derzeit ein noch übersichtliches Angebot. Aber das Pflänzchen wächst von Monat zu Monat. Etwa 40 Beiträge sind aktuell abrufbar: ganze Konzerte, Interviews, Hintergrundinformationen. Die Palette soll ständig erweitert werden, nicht zuletzt durch Reisen in die Vergangenheit. Auch das Archiv des Klangkörpers, dem schon so große Dirigentenpersönlichkeiten wie Eugen Jochum und Bruno Weil vorstanden, wird durchforstet nach medial auswertbaren Schätzen.
Mediathek der Duisburger Philharmoniker soll deutschlandweit strahlen
Und doch soll, so Intendant Nils Szczepanski, „die Mediathek mehr sein als ein bloßes Archiv“. Ehrgeizig formuliert er, sie solle „deutschlandweit wie international zum Laboratorium für hochkarätige klassische Musik“ werden in kreativen und transkulturellen Projekten, inspirierenden Programmen und neuen Medien-Musikformaten werden“. Damit ist er mit seinen Träumen längst nicht am Ende: Man wolle „in der virtuellen Welt einen musikalisierten Raum für freies Denken und Empfinden schaffen, der aus unserer Stadt in die Welt und zurück strahlt.“
Intendant der Philharmoniker wünscht Strahlkraft
Man darf gespannt sein, ob die Strahlkraft sich einstellt. Am Benutzerkomfort dürfte es nicht scheitern. Wir haben die Seite getestet, sie ist übersichtlich und gut strukturiert. Rubriken helfen beim Sieben nach Vorlieben (Komponisten/Thema/Epoche). Sogar nach „Mood“ (also Stimmung) ist das Angebot sortiert, aktuell etwa hat man dort die Wahl von „Weltschmerz“ (Mahlers „Lied von der Erde“) bis „Summer-Feeling“, was eine Empfehlung für Mendelssohn-Bartholdys „Sommernachtstraum“ bedeutet.
Mediathek: Die Extras könnten noch mehr Frische vertragen
Noch Potenzial bergen die Extras. Derzeit vorwiegend Gespräche, recht konventionell bis trocken, vielfach von Holger Noltze geleitet. Immerhin bringt der Mittsechziger einige Erfahrung in der Sache mit, wenn auch nicht nur von Erfolg geprägte: Noltze, Hochschullehrer für Musikjournalismus, war einst Mitgründer und Chefredakteur von „takt 1“, einer Online-Plattform für klassische Musik. Doch der Bezahl-Kanal lief nicht. „Der Punkt, frühzeitig klar zu machen, dass guter Inhalt kostet“, sagte Noltze in einem Interview, „ist von den Konzerthäusern und Orchestern verpasst worden“. „takt1“ stellt am 31. Juli seinen Betrieb ein.
So geht‘s zur klassischen Mediathek
Mit jeder normalen Internet-Verbindung (auch per Mobiltelefon) kann man mühelos den Raum der Mediathek betreten. Das aktuelle Digital-Angebot der Duisburger Philharmoniker gibt es im Netz unter mediathek.duisburger-philharmoniker.de