Düsseldorf. Beim ersten Deutschland-Gastspiel 2024 trotzte die Band dem Regen, der Sekunden vor dem Auftritt von Coldplay auf die Arena niederging.

Das britische Quartett marschierte am Samstagabend im strömenden Regen neben dem Catwalk in die Arena. Oben angekommen, küsste Chris Martin (47) erst mal den Boden. Die fast 50.000 Fans hatten schon mindestens so oft in den dunkel bewölkten Himmel über Düsseldorf geblickt wie auf die kreisrunden XXL-Videowände rechts und links der gut 70 Meter breiten Bühne - und pünktlich zu Konzertbeginn begann es zu schütten. Die Bühne und der gesamte Innenraum des Stadions standen im Regen.

Was bei den tropischen Temperaturen, bei denen Konzertgänger in Flip-Flops schon fast overdressed wirkten, nicht nur unwillkommen war. Aber dann blitzte es auch noch. Erinnerungen an das EM-Spiel in Dortmund wurden wach, als Sturzbäche und Wasserfälle vom Stadiondach prasselten. 

Coldplay in Düsseldorf: Chris Martin zündet wieder ein Feuerwerk von Komplimenten

Aber wie durch ein Wunder hielt sogar die abertausende Watt starke Technik dem Regen stand, bis auf wenige kurze Aussetzer im ziemlich klaren Sound funktionierte die Video- wie die Übertragungstechnik perfekt. Ironischerweise startet die Band mit „Higher Power“, und sofort singt das Stadion und funkelt bunt in allen Leuchtfarben. Diesmal warten sie nicht bis zum 3. Song mit dem Konfetti (wie noch vor acht Jahren in Gelsenkirchen), es schneit gleich beim ersten Song zusammen mit den Myriaden von Regentropfen Schnipsel in die Arena. Und sogar das Feuerwerk, das nach 90 Minuten überm Stadiondach explodiert, blieb irgendwie trocken.

Chris Martin im ärmellosen T-Shirt ist nach drei Minuten komplett durchnässt

Chris Martin ist nach drei Minuten komplett durchnässt im ärmellosen T-Shirt. Und bedankt sich artig für das Feuerwerk am Vorabend (von der Rheinkirmes). Man habe selbst Feuerwerk dabei, aber deutsche Feuerwerke, die seien schon eine Extraklasse... Der Brite lässt nicht nach in seinem Ehrgeiz, alljährlich die Kompliment-Weltmeisterschaft zu gewinnen. „Ich bin beeindruckt, wie Ihr den Regen umarmt“, wird er später sagen, und es wird, auch im stundenlangen Regen, noch ein echtes Coldplay-, also ein Rundum-Wohlfühl-Konzert. Die Welt ist wenigstens für zwei Stunden mal in Ordnung, und manchmal ist ja auch Regen besser als gar keine Erfrischung.

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Zwei Dinge hat das Coldplay-Imperium perfektioniert: das Marketing und das Umweltengagement. Man bekommt von Coldplay nicht nur die üblichen T-Shirts, Caps und Poster, sondern auch solche mit je eigenen Motiven für jede einzelne Tournee-Station. Was sich gut bewerkstelligen lässt, Coldplay beschränkt sich etwa in Deutschland auf zwei Stationen und füllt die Stadien in Düsseldorf und München je dreimal.

Coldplay in Düsseldorf
Wasserball: Ballons bekamen beim Coldplay-Konzert in Düsseldorf durch den Regen nochmal einen anderen Schwung. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Und dann wieder die Arbeit an einer besseren Welt: Es werden Bäume gepflanzt (für die Wiederaufforstung von Gemeindewäldern in Simbabwe), Wildtiere geschützt und im Namen von Coldplay die Meere von Müll gereinigt. Niemand würde sich wundern, wenn sie am Samstagabend auch noch die Gewitterblitze zur Stromversorgung in der Arena nutzen könnten. Wer selbst was tun will, kann sich für die Stromversorgung auf „Powerbikes“ hinterm Stadion abstrampeln oder hüpfen auf den „kinetischen Böden“, es gibt Werbung für nachhaltige Nahrungsproduktion, man rühmt sich, dass die Recycling-Quote bei den letzten Konzerten über 90 Prozent lag - und: „Bitte tragt euer Armband während der Show und gebt es am Ausgang zurück!“

Auf das Markenzeichen mit den Leuchtbändern am Arm mag Coldplay nicht verzichten

Auf dieses Markenzeichen mag Coldplay nun mal nicht verzichten, und der Stimmung auf den Rängen tun sie ja auch gut, dem Gefühl, nicht nur fast 50.000, sondern auch zusammen zu sein, eine Gemeinschaft von Gleichgestimmten in dieser heillos zersplitterten Welt. Als sie ein zweites Mal ansetzen zu „Sky Full of Stars“, bittet Mr. Martin alle, die Handys in die Tasche zu stecken, die Kameras wegzulegen und die Hände in den Himmel zu recken, für ein paar Momente der Achtsamkeit. Wann hat man die schon mal als Mega-Gruppen-Erfahrung? Düsseldorfs Arena glitzerfunkelleuchtet wie nie. Und die Bändchen sind ja auch aus kompostierbarem Material...

In Düsseldorf: Coldplay kann auch lustig. Und lässt sich für die Zugaben nicht lang bitten

Aber Coldplay kann auch lustig: Nach Hits wie „Adventure of A Lifetime“, „Paradise“, „The Scientist“, „Viva La Vida“, „Hymn For The Weekend“ treten sie zu „Something Like This“ voller Selbstironie als Aliens auf, mit aberwitzigen Kopfmasken, und auf Chris Martins T-Shirt steht: „Jeder ist irgendwo ein Alien“. Und nach gut 80 Minuten verabschiedet er sich ein erstes Mal - Schockmoment! „Sorry, nur ein dummer britischer Witz!“

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Zehn Minuten später sind sie dann doch weg - aber die Fan-Gesänge, die ebenfalls EM-Qualitäten haben, holen sie für die Zugaben zurück auf die Bühne, während auf den Rängen der Schriftzug „Love“ aufleuchtet. Auf der Bühne wird ein Sonnenaufgang sichtbar, erhebend wie nur was. Und das Konzert geht auf der anderen Seite des Stadions weiter. Chris Martin packt sich eine abgeschrammte Wandergitarre, über den Köpfen im Innenraum schweben die vertrauten Welt-Ballons, und jetzt, wo es seit über einer halben Stunde nicht mehr regnet, könnte das für die meisten im Rund bis zum frühen Morgen so weitergehen. Aber nach „Good Feelings“ und „Feelslikeimfallinginlove“, bei dem die Konfettikanonen noch einmal alles geben, heißt es dann doch „Goodbye!“