Köln. Ein Mix aus alten und neuen Songs erwartete die Kings of Leon-Fans am Freitagabend in der Kölner Arena und brachte sie zum Feiern.
Wer, hinterher, auf dem Heimweg einen Wanderprediger trifft, kann ihn gerne auf einen Whiskey einladen. Aber jedes Mal, wenn in einem Konzertbericht über diese Band eins der zwei W-Worte fällt, wäre eigentlich ein Bußgeld angebracht. Die Geschichte der drei Brüder und ihres Vaters, der auf Reisen Gottes Wort verkündet und das in einem US-Bundesstaat, in dem der Bourbon boomt, ist so verführerisch, dass ihr kaum jemand aus dem Rezensentenvolk widerstehen kann. Aber langsam wirklich arg überstrapaziert.
Dann lieber gleich rein in die Nacht zum Samstag und in die fast ausverkaufte Kölner Arena, in der die Kings of Leon mit Nachdruck, aber sehr höflich, ihr Recht auf Spaß einfordern. „Can We Please Have Fun“ heißt das aktuelle neunte Album der Band aus Tennessee, mit dem die Followill-Brüder Caleb, Jared und Nathan und ihr Cousin Matthew derzeit durch Europa touren. Dabei werden die Familienrocker aus Tennessee von Keyboarder und Percussionist Liam O’ Neill und einem Gitarristen unterstützt, der der frontalen Saitenarbeit von Caleb und Matthew noch mehr Schmackes verleiht. Aus dem Hintergrund.
Unschöne Abmischung tut der Stimmung in der Arena keinen Abbruch
Dass Kings of Leon laut sind, ist nichts Neues. Und dass es ordentlich scheppert und schrebbelt und säbelt und sägt und brettert und bollert, bei einer Rockband ja prinzipiell auch in Ordnung. Zusammen mit der Abmischung ergibt das aber in der Kölner Arena etwas sehr Unschönes. Einen brachialen Klangbrei, der wie zähe, dickflüssige Melasse in die Ohren quillt und beim Zuhören oder korrekter ausgedrückt, beim Versuch des Zuhörens, Magenschmerzen macht.
Da ist es nachgerade nett, dass die Band immer mal wieder ganze Texte oder einzelne Zeilen einblendet. Die man sonst, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft verstehen könnte. Den Fans, die den Kings of Leon zum Teil seit mehr als 20 Jahren und dem Debütalbum „Youth & Young Manhood“ von 2003 die Treue halten, könnte das eigentlich herzlich egal sein. Weil sie alle Stücke mitsingen können. Sogar die neuen. Und so wie sie jubeln und juchzen und johlen und sich die Hände wund klatschen, ist es das wahrscheinlich sogar.
In nicht ganz zwei Stunden stehen 27 Stücke auf der Setliste, die vier Zugaben mitgerechnet. Das melancholische „Ballerina Radio“ macht den Anfang, um später noch sieben weitere Stücke vom neuen Album unterzubringen. „Don´t Stop The Bleeding“ kommt live viel dynamischer rüber, was aber weder der Eingängigkeit noch dem sehnsuchtsvollen Unterfutter schadet. „Mustang“ galoppiert sich mit Verve nach vorne, „Nowhere To Run“ ist einer der Songs, deren Refrain man nicht so schnell vergisst. Auch ohne Fan zu sein.
Fans tanzen und jubeln zu alten und neuen Songs von Kings of Leon
Sehr schön sind die beiden seitlichen Leinwände, deren bogenförmige Umrisse an Fenster denken lassen. Was die Lightshow angeht, haben die Kings of Leon eindeutig eine Vorliebe für Rot, immer wieder wird die Bühne in die Farbe des Feuers getaucht. Mit der Vorgabe „It´s Fridaynight and it’s time to party“, facht Frontmann Caleb Followill (42) die Flammen auch verbal an. Wobei er anfangs, in seinem hellen Jackett sehr seriös wirkt. Weniger wie ein Südstaatenrocker, mehr wie der Seniorchef eines Start Ups. Seine sehnigen Oberarme packt er erst im Zugabenteil aus ihrem Futteral.
Lesen Sie mehr zum Festival Parookaville 2024 in Weeze
- Parookaville Line up: Dicks über Coups und horrende Gagen
- Parookaville: Fazit mit Blick hinter Kulissen - das sind die Pläne für 2025
- Rising-Star John Summit über Parookaville: „Einfach wunderschön“
- Parookaville - Interview: Mainstage ist für Alle Farben ein Ritterschlag
- Mit „Palmi“ bei Parookaville: DJ Vize verrät geheimes Hobby
- Parookaville feiert Heino - Datum für 2025 steht fest
- Dear Parookaville: Schön war‘s, ich komm‘ nicht wieder
- Dear Parookaville: 17 Stunden Wahnsinn – ich will mehr davon
- Viele Fotos: So ausgelassen wird bei Parookaville 2024 an den ersten beiden Tagen gefeiert
- Exklusiver Einblick: Das ist Parookavilles „Platinum Club“
- Das Parookaville der Extreme am Samstag
- Rückblick auf Sonntag: Parookaville feiert Heino - Datum für 2025 steht fest
- Tokio Hotel spielen Überraschungs-Show auf dem Parookaville
- Best of Parookaville 2024: Die schönsten Fotos vom Festival
- Selbstabholer gesucht! Parookaville-Bühne steht zum Verkauf
Mit „Molly’s Chambers“, „Milk“ und „My Party“, „Revelry“, „Back Down South“ und „Comeback Story” oder „Find Me”, „Waste a Momet” und „The Bandit” kommen auch die die acht früheren Alben zu ihrem Recht. Und dem unverzichtbaren „Sex on Fire“, bräuchte Caleb Followill nicht erst ein „Ey! You wanna dance?“ voranzusetzen – die Arena gebärdet sich auch so wie von der Kette, tanzt sich die Seele aus den Leibern. Halt. Streichen. Eine Arena hat keine Leiber. Aber das Publikum. Und das lässt sie zucken und zappeln, als stünde es unter Strom.
Die Frage „You’re having a good time?“ danach ist ein Griff ins Fischernetz der Komplimente. Bei „Closer“ wird endlich die Neugier all derer befriedigt, die sich vor Konzertbeginn gefragt haben, was da für ein seltsames Gespinst unter der Decke der Arena hängt. Es ist ein filigraner Kronleuchter in XXL, dessen spinnennetzfaserdünne Kabel elegante Bögen formen. Die blinkenden Lichter können alle Farben. Nicht nur Rot.