Duisburg/Düsseldorf. Im „Rahmer Traktor Club“ treffen sich Freunde alter Landmaschinen. Sie bringen Oldtimer auf Vordermann und sorgen bei Ausfahrten für Aufsehen.
Walter Scholl steht in einer Werkstatt und mustert eine Kupplungsscheibe. „Die ist abgenutzt und vollkommen verölt“, sagt der 73-Jährige. „Aber das Ersatzteil habe ich schon bestellt.“ Bis das Bauteil eingetroffen ist, muss der Duisburger auf Ausfahrten mit seinem grünen Knubbel-Deutz verzichten. Das Fahrzeug aus dem Baujahr 1954 hat Scholl mit seinen Kollegen aus dem „Rahmer Traktor Club“ auseinandergezogen. „Die Karosserie ist aus schwerem Gusseisen, da müssen schon mindestens drei Mann anpacken“, erklärt der Rentner. „Wir helfen uns gegenseitig, wo es nur geht.“
Im Verein haben sich Freunde alter Landmaschinen aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren zusammengefunden. Sie drehen auf den Traktoren aber nicht nur Runden, sie bringen auch defekte Oldtimer wieder ans Laufen. Das Clubgelände liegt mitten im Grünen – zu einem Teil in Duisburg-Rahm und zum anderen Teil in Düsseldorf-Angermund. 35 Mitglieder sind im Verein angemeldet, davon haben mindestens 23 einen Traktor. Vorwiegend die Rentner unter ihnen treffen sich immer mittwochs, um an Motoren zu schrauben, Filter zu reinigen oder Kotflügel zu lackieren.
Willi weiß, wo jedes Schräubchen am Traktor sitzt
Auch der „Rahmer Traktor Club“ hat – wie viele Vereine – ein Nachwuchsproblem. „Neue Mitglieder sind immer willkommen“, sagt Scholl. „Wir nehmen aber keine Leute, die hier nur den dicken Max machen wollen. Wer mitmachen möchte, muss sich in der Werkstatt auch mal die Hände schmutzig machen.“ Das nötige Fachwissen bekommen Neu-Mitglieder schnell vermittelt. Dafür sorgt auch Willi Schmitz. Der 71-Jährige hat seine Berufslaufbahn als Landmaschinentechniker auf Deutz begonnen. Schmitz weiß aber auch beim Allgaier, Bührer, Fendt oder Lanz, wo jedes Schräubchen sitzt, und wo es die passenden Ersatzteile gibt.
Dem „Rahmer Traktor Club“ gehören aber nicht nur Handwerker an. Der Vereinsvorsitzende Hans-Joachim Gilbert ist Journalist und sitzt berufsbedingt stundenlang am Computer, um Fachartikel über Modelleisenbahnen und Verkehrstechnik zu schreiben. „Für mich ist die Arbeit in der Werkstatt ein super Ausgleich“, sagt der 63-Jährige. Seine Leidenschaft für alte Traktoren begann mit einem Museumsbesuch. Im Jahr 2010 unternahm er mit der Familie einen Ausflug nach Sonsbeck zum Pauenhof. Gilbert war begeistert, als er am Niederrhein die Oldtimer sah. „Vier Wochen später habe ich mir dann den Hanomag gekauft“, sagt der gebürtige Schwarzwälder. Er genießt es, mit seinem ozeanblauen Kleinschlepper, Baujahr 1956, seine Runden zu drehen.
Keine Angst vor Radarfallen
Sonntags um 10 Uhr starten die Ausfahrten. Die Mitglieder tuckern durchs Essener Ruhrtal, steuern Düsseldorf an und erkunden den Niederrhein. Die Tachometer zeigen nie mehr als 20 Stundenkilometer an. In der Regel sind 18 km/h das schnellste der Gefühle. „Das Fahrgefühl ist einfach herrlich“, sagt Willi Schmitz. „Und wir müssen nicht achtgeben, dass wir geblitzt werden.“
Wenn der „Rahmer Traktor Club“ mit einem befreundeten Club unterwegs ist, kann die Kolonne schon mal 30 Fahrzeuge lang sein. „Dann ist nichts mit Überholen“, erklärt Walter Scholl. Er kennt die grimmigen Gesichter der Sportwagen-Fahrer, wenn sie nicht vorbeikommen. Das sei aber die große Ausnahme. „Wenn wir mit den alten Traktoren vorfahren, sorgen wir bei den meisten Menschen für große Begeisterung“, sagt Scholl.
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Er freut sich schon auf die nächste Ausfahrt. Auch wenn das Ersatzteil für seinen Knubbel-Deutz noch nicht angekommen sein sollte, wird Scholl dabei sein. „Dann sitze ich eben auf meinem Hanomag“, sagt er und ergänzt mit einem Lachen: „Der Trend geht ja zum Zweit-Traktor.“
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