Dortmund. Beethoven und Mahler als Herausforderung an Instrument und Pianist: Im Konzerthaus Dortmund mussten die Gemüter besänftigt werden

Im Rahmen seiner ausgefallenen Programme widmete sich Igor Levit beim Klavier-Festival Ruhr diesmal der großen Sinfonik. Beethoven und Mahler auf 88 Tasten, das war eine Herausforderung für Pianist und Instrument gleichermaßen. Und führte zu einem denkwürdigen Abend im Dortmunder Konzerthaus.

Voller Kontraste: Igor Levit mit der „Suite 1922“ von Paul Hindemith

Höchstschwierigkeiten bot schon das einzige Originalwerk für Klavier, die „Suite 1922“, in der Paul Hindemith mit Tänzen seiner Zeit – Shimmy, Boston, Ragtime – ein zentrales Nachtstück rahmte. Levit reizte die Kontraste auf allen Ebenen aus: einerseits die karikaturistische Scharfsinningkeit und perkussive Wucht (bis ins vierfache Forte), andererseits die in Perlmuttfarben getauchte Versunkenheit, die geradewegs in das schmerzlich-zerbrechliche Adagio aus Mahlers unvollendeter „Zehnter“ leitete.

Auch hier gab der Pianist die ganze Bandbreite seiner Anschlagskunst, brachte die Struktur zum Singen und nahm den Zuhörer mit in den expressiven Sog bis zum dissonant aufschreienden Neuntonakkord. Und doch vermochte die Klavierfassung von Ronald Stevenson die glühenden Streicher und die Holzbläsernuancen nicht adäquat zu übertragen.

Ein glänzender Kraftakt für Igor Levit: Beethovens „Eroica“ in der Transkription von Liszt

Anders die Transkription der „Eroica“ aus den goldenen Händen von Liszt. Der war eben kein Verwalter, sondern ein kreatives Genie, wenngleich er sich in Beethovens Sinfonie im Gegensatz zu den Opernparaphrasen eher auf die raffinierte, subtile Retuschierung beschränkte. Aber was war das für ein Kraftakt, bei dem Igor Levit dem Steinway über fast eine Stunde lang die ganze orchestrale Klangfülle und thematische Präsenz entlockte, Spannung über die weite Distanz der Sätze hielt und sogar noch das Handy-Klingeln an einer der leisesten Stellen mit einem pfiffigen Klaviertriller beantwortete!

Die Apotheose der Freude ging am Schluss in tosenden Publikumsapplaus über, bevor der Meister mit einem Brahms-Intermezzo die Gemüter wieder besänftigte.