Essen. „The Living Kind“: Der englische Sänger John Smith ist eine Entdeckung für jene Musikfans, die Folk, Soul und Wehmut mögen

Mit einem dezenteren englischen Namen als John Smith kann sich wohl kein Künstler ans internationale Rampenlicht der Musikszene heranpirschen. Aber das Unscheinbare passt zur Herangehensweise dieses singenden Gitarristen aus der südwestlichen Grafschaft Devon. So ist auch die Musik, die er auf seinem neuen Studioalbum „The Living Kind“ (Commoner/Thirty Tigers) präsentiert: still, in sich gekehrt, unaufgeregt, melancholisch – aber auf eine merkwürdige Art gerade deswegen ungemein aufregend.

Ein Hauch von Marc Cohn

Vielleicht liegt es an seinem atemberaubend schönen Timbre? John Smith, der im Laufe seiner schon viele Jahre währenden Karriere schon mit prominenten Kollegen wie Jools Holland und John Martyn zusammenarbeitete, singt nicht profan. Nein, diese Kehle wärmt eher. Smiths sonorer Bariton hat viel Samt, viel Seele, dennoch ist das ganz leicht angeraut, alles schön in Maßen, und in manchen Passagen, gerade wenn die Stimme sich geschmeidig nach oben schraubt in ein gefälliges Vibrato, hört man ganz entfernt eine gewisse „Kehlenverwandtschaft“ zum leider ein bisschen in Vergessenheit geratenen, aber dennoch großartigen Singer/Songwriter Marc Cohn.

„The Living Kind“ ist alles andere als eine Partyscheibe geworden. Es ist eher Kammermusik, und zwar bestehend aus lauter langsamen Sätzen. Darin liegt vielleicht auch der Haken bei dieser von John Henry betreuten Produktion (der ihr freilich einen bestechend dichten Sound bescherte): Ein bisschen mehr Tempo und Druck hätten ihr nicht geschadet. So bleibt es bei den Arrangements bei einer gewissen Gleichförmigkeit.

Folk und Soul und schön akustisch

Wer allerdings gerade in einer etwas wehmütigen Stimmung ist und sich darin baden möchte, wird grandios bedient – und hat dabei die Auswahl unter zehn Liedern, die gespeist sind von meist akustischer Instrumentierung, von folkigen Elementen und souligen Zutaten. Und vor allem: von wunderbaren Melodien.

Wer beispielsweise bei „To Good To Be True“ nicht zumindest ansatzweise dahinschmilzt, muss jedenfalls ein Herz aus Stein haben. Auch die gleich nacheinander platzierten „Trick Of The Light“ und „Silver Mine“ sind einfach traumschöne Balladen.

Smith bedient dazu meist die akustische Gitarre so gekonnt, wie er singt. Gerne wird sie nur so ein bisschen gezupft, dann und wann kreiert Smith durch offene Stimmungen interessante Akkorde, sein Anschlag ist sanft perkussiv, so ein bisschen, als ob „Tears In Heaven“ in Dauerschleife liefe … Eher selten gesellt sich eine E-Gitarre oder ein Schlagzeug dazu, die Chöre sind wunderbar. Insgesamt also was für Menschen, die gerne mal schwelgen. Und somit eine echte Entdeckung für die melancholischen Momente im Leben.