Köln. Vor nicht allzu langer Zeit spielten sie noch beim Haldern Pop, jetzt sind sie groß. IDLES lieferten in Köln eine fette Show ab.
Über 4.000 Fans füllten am Donnerstagabend das ausverkaufte Palladium in Köln-Mülheim, um fünf durchgeknallte Jungs aus UK zu sehen: IDLES, 2009 in Bristol gegründet und erst acht Jahre später mit ihrem Debüt „Brutalism“ in Erscheinung getreten, sind inzwischen eine fette Nummer. Das ist nicht unbedingt positiv.
45 Minuten lang dürfen Ditz das Publikum warmspielen, dann ist um 21 Uhr die Zeit für Joe Talbot, Mark Bowen, Lee Kiernan, Jon Beavis und Adam Devonshire gekommen. Schon bei den ersten Klängen rasten die vorderen Reihen aus, ja, es wird tatsächlich gekreischt, als ob eine smarte Boygroup jetzt ihr Programm startet. Frontmann Talbot dreht ein paar Kreise, macht etwas Gymnastik - und dann bricht der Wahnsinn aus.
Zu viel Energie geht verloren
Schon beim zweiten Stück, dem fulminanten „Colossus“, schwebt Gitarrist Lee Kirnan im Publikum, wird auf minutenlang auf Armen getragen, ehe er wieder zu seinen Jungs da oben auf der Bühne zurückkehrt. IDLES entfalten eine Wahnsinnsenergie, nicht umsonst gelten Auftritte der Band als absolute Highlights im Konzertkalender von Musikfans, die gerne (Post-) Punk hören. In kleinen Clubs, wo IDLES bis vor kurzem noch zu Hause waren, nimmt diese Power einen kompletten Laden ein - und im Zweifel auseinander. Im üppig dimensionierten Palladium hingegen wird nur ein Teil der Crowd von dieser Wucht erfasst. Kurzum: IDLES sind eine Band, die in kleinere Locations gehört und dort sicher unvergesslich performt.
Zudem sind IDLES eine Band mit gewissen Werten, politische und gesellschaftskritische Statements ziehen sich durch die Songs ihrer mittlerweile schon fünf Platten. Daher werden sie oft mit Bands wie zum Beispiel den Sleaford Mods verglichen. In „Mother“ aus dem Album „Brutalism“ zum Beispiel singt Joe Talbot über den Tod seiner zuletzt pflegebedürftigen Mutter.
In Köln positionieren sich IDLES eindeutig mit der Botschaft „Free Palestine“ und „Viva Palestine“. Dass eine derlei verkürzte Sicht auf den aktuellen Nahostkonflikt problematisch ist, wurde zuletzt unter anderem bei der Berlinale oder bei pro-palästinensischen Demonstrationen an der FU in Berlin deutlich. Kunst ist oft politisch, Musikschaffende werden für ihre klare Haltung oft gefeiert. Sich dabei nur auf eine Seite zu stellen, ohne zu differenzieren, schadet meistens einem vernünftigen Diskurs.
Kleine Fahne mit großer Wirkung
Gut daher, dass nach Talbot‘s drittem oder viertem pro-palästinensischem Bekenntnis ein Zuschauer eine kleine Israel-Fahne in die Höhe hielt. Noch besser wäre es gewesen, wenn der IDLES-Leadsänger kurz erklärt hätte, dass er den Terrorangriff der Hamas von vor nunmehr fast einem halben Jahr genauso verabscheue wie das brutale Vorgehen der israelischen Führung in Gaza und Gewalt grundsätzlich ablehne, egal von wem sie ausgehe.