Moers. Wiedergeburt einer uralten Komödie: Am Schlosstheater ist ab sofort „Der Diener zweier Herren“ mit famosen Schauspielern zu bestaunen
Geld – wer dich besitzt, ist immer ewig schön“, beschwört Kaufmann Pantalone (Joanne Gläsel) die „Krönung der Schöpfung“ und holt aus seiner dehnbaren zweiten Haut, die am Schlosstheater Moers alle Ensemblemitglieder über den normalen Kostüm tragen, Unmengen an Geldscheinen hervor.
Moers: „Der Diener zweier Herren“ als Komödie rund ums Geld
In diesem Bodysuit, dessen Arme und Beine meterlang werden können, lassen sich später auch Lebensmittel, Schuhe, ja sogar Menschen verstauen und horten. „Reichtum, Torheit und Leichtsinn, das sind Nachbarn“, konstatiert Truffaldino (Matthias Heße), der als überforderter „Diener zweier Herren“ die ihm zugewiesenen, eigentlich nicht miteinander zu vereinbarenden Aufgaben so tölpelhaft wie trickreich zu seinen Gunsten zu erfüllen sucht. Er will Geld und „Schnittchen“, einen bestens gefüllten Magen.
Intendant Ulrich Greb zeigt Carlo Goldonis unsterbliche Komödie der menschlichen Charaktere im Spiegel einer Gegenwart, der keine rosige Zukunft zu winken scheint.
„Die Anstellung bestimmt die Einstellung.“ Heißt: Die hierarchische Situation und die damit verbundenen Abhängigkeiten beeinflussen die Haltung. Birgit Angeles geniales Bühnenbild, ein an Boden und Decke verspiegelter Spielkasten, verjüngt sich nach hinten auf gerade einmal 80 Zentimeter. Eine normale Haltung, ein würdevoller, auch moralisch aufrechter Gang ist nur ganz vorn möglich, doch da droht der Abgrund in Gestalt einer Unterbühne, von der das Ensemble mittels kleiner Trampoline immer wieder in die Kiste springt oder besser: ins Leben geschleudert wird.
Mit Trampolin! Birgit Angeles Bühnenbild am Schlosstheater Moers begeistert
Wer hinten im Spielkasten landet, kann sich nur gebückt oder gar kriechend bewegen, wird körperlich (und seelisch) deformiert. Und wo Truffaldinos eine Arbeitgeberin Beatrice (Lena Entezami, auch Silvio), verkleidet als ihr in Clarice verliebter Bruder Federigo, wo Pantalones Tochter Clarice (Leonardo Lukanow, auch Beatrices Geliebter Florindo) ständig mehrfach gespiegelt werden, wo Ludwig Michael als Dienerin Smeralda (und Gastwirt Brighella) fleißig die Geschlechterrollen wechselt, da hat es der grandiose Michael Heße als Truffaldino gleich mit einer Vielzahl von Herren (Herrinnen) zu tun.
Existentielle Zwänge machen aus ihm so etwas wie einen unfreiwilligen Multi-Tasker, der sich mit lauter unterschiedlichen Mini-Jobs über Wasser hält. Wenn Brighella einmal seufzt, „Man weiß ja gar nicht mehr, woran man mit diesem Stück ist“, dann stimmt das und ist, bezogen auf Grebs Inszenierung, höchstes Lob zugleich. Dieser Goldoni ist eine einzige Wiederentdeckung längst verloren geglaubten Komödiantentums.
Termine: 02841-8834110 und www.schlosstheater-moers.de