Essen. Ausstellungen an Rhein und Ruhr richten den Blick in diesem Jahr verstärkt auf Frauen. Es gibt Kunst zum Tasten und viel Fotografie.

Bildende Kunst

Die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf wird mit der Rehabilitation einer weiblichen Kunstgröße mal einen großen Publikumserfolg erzielen: Sie stellt dem Begründer der abstrakten Malerei eine Kollegin an die Seite, deren Pionierleistung erst in den letzten Jahren erkannt worden ist: „Hilma af Klint und Wassily Kandinsky. Träume von der Zukunft“ – Karten sind bereits jetzt buchbar, die Ausstellung läuft vom 16. März bis zum 11. August.

Das Kölner Ludwig-Museum widmet der US-amerikanischen Künstlerin Roni Horn eine große Einzelausstellung (23. März-11. Au­gust). Das Ostwall-Museum im Dortmunder U-Turm, das in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen mit 75 Veranstaltungen von der Party über Gespräche und Performances bis zu Mitmach-Angeboten feiert, richtet mit einer großen Doppel-Ausstellung den Blick selbstkritisch auf die wenigen Frauen unter den Künstlern in der hauseigenen Sammlung: Es soll ab Mitte/Ende Oktober um Künstlerinnen in den beiden Schwerpunkten Expressionismus und Fluxus gehen, deren Werke nur 12 Prozent des hauseigenen Bestandes ausmachen.

Ebenfalls Geburtstag feiert das Duisburger Lehmbruck-Museum – es begeht seinen 60. mit der Ausstellung „Courage“ über den Bildhauer Lehmbruck und die Avantgarde (15. Juni-13. Oktober). Zuvor aber bricht das Haus mit einem Tabu: In der „interaktiven Tast-Ausstellung“ mit dem Titel „Shape!“ („Form“) geht es darum, mit dem Körper Kunst wörtlich zu begreifen – mit Handschuhen darf man dann auch Werke ertasten. Dazu sorgen Schwarzlichträume für eine neue Wahrnehmung des eigenen Körpers (28. Januar-1. September).

Lässt Skulpturen berühren: Tony Cragg.
Lässt Skulpturen berühren: Tony Cragg. © WAZ FotoPool | Sebastian Konopka

Der Düsseldorfer Kunstpalast geht in die gleiche Richtung: Auch in der Ausstellung des ehemaligen Kunstakademie-Rektors Tony Cragg dürfen, ja sollen die Skulpturen berührt werden: „Please touch!“ (22. Februar-26. Mai). Später gibt es am Düsseldorfer Beuys-Ufer Werke von Gerhard Richter zu sehen: „Verborgene Schätze aus rheinischen Privatsammlungen“ (ab 5. September).

Kritisch mit der Geschichte der Kunst will das Landesmuseum für Kunst und Kultur in Münster umgehen: In einer Ausstellung rund um den Expressionisten Otto Mueller, der vor 150 Jahren zur Welt kam, soll erstmals ein analytischer Gesamtblick auf sein Werk gerichtet werden. Auch auf die sehr jungen, oft nackten Frauen also, die er malte, auf Schwarze Modelle und seinen romantisierenden Blick auf Menschen, die damals „Zigeuner“ genannt wurden (ab 20. September).

Das Museum Folkwang in Essen hat das Gemälde „Montaru 2d“ des großen abstrakten Malers Willi Baumeister (1889–1955) erworben – und zeigt deshalb eine Sammlungspräsentation zur Bedeutung des Künstlers für das Museum mit 30 Gemälden und Grafiken beleuchten das Schaffen des Künstlers im Kontext der Museumsgeschichte (23. Februar-16. Juni).

Fotografie

Erst seit den 90er-Jahren können Fotografien in XXL-Formaten ausgedruckt werden – der Düsseldorfer Kunstpalast untersucht mit seiner Ausstellung „Size matters“ (Größe spielt eine Rolle), welchen Anteil dieser technische Fortschritt unter anderem am Erfolg der Fotografen aus der Becher-Klasse hatte (1. Februar-20. Mai).

Nachdem die Oberhausener Ludwig-Galerie bereits vor einem Jahrzehnt mal dem Haar in der Kunst eine Themen-Ausstellung gewidmet hat, wird es nun auch Essener Museum Folkwang haarig: Die Ausstellung „Grow it, show it!“ soll Haare im Blick von Diane Arbus bis TikTok zeigen (ab 13. September).

Annelise Kretschmer: Bildnis Christiane Kretschmer, 1965.
Annelise Kretschmer: Bildnis Christiane Kretschmer, 1965. © NRW Desk | Nachlass Annelise Kretschmer, LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster

Die Kölner SK Stiftung untersucht das „Alter und Altern im photographischen Porträt“ in einer Gruppenausstellung mit aktuellen wie historischen Kamera-Größen von August Sander bis Cindy Sherman (2. März-7. Juli). Und stellt einen der Stars ihrer Sammlung in einer großen Einzel-Ausstellung heraus: Karl Blossfeldt mit seinen legendären Pflanzenstudien (ab 6. September).

Eins von Joachim Schumachers Birken-Bildern: „Dortmund, ehem. Güterbahnhof“, 2017
Eins von Joachim Schumachers Birken-Bildern: „Dortmund, ehem. Güterbahnhof“, 2017 © Joachim Schumacher, Bochum | Joachim Schumacher, Bochum

Auch die westfälischen Industriemuseen warten mit einem sehenswerten Foto-Programm auf: In der Bochumer Zeche Hannover zeigt mit Joachim Schumacher einer der großen Revier-Fotografen in „Birke und Brache“, wie sich diese Pionierpflanze auf alten Industrie-Arealen vorarbeitet (20. März bis 30. Juni); anschließend verfolgt Leo van der Kleij mit seinen Fotografien, was in alten Bergbaugebieten in Belgien, Nordfrankreich, in Japan und im Ruhrgebiet geschah („Coal Mine Recycling“, 3. Juli-27. Oktober). Auf der Zeche Nachtigall in Witten verfolgen Fotos von Khalil Döring den „Weg der Kohle“, die nach wie vor zu uns kommt (ab April). Die Henrichshütte Hattingen zeigt Fotos aus dem kriegführenden Russland – die in Moskau lebende Deutschrussin Nanna Heitmann hat sie aufgenommen; der Titel „War is Peace - Hinter der Front“ ist der Lügenpropaganda in George Orwells Roman „1984“ entlehnt.

Das Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte zeigt Bilder der Dortmunder Fotografin Annelise Kretschmer (1903-1987) unter dem Titel „Kosmos des Lebens“ (25. Januar-21. April).

In der Oberhausener Ludwiggalerie ist britische Fotografie zwischen Sozialkritik und Identität zu sehen, von und mit Frauen unter dem Titel „UK Women“ (26. Mai-15. September)

Comics

Die Oberhausener Ludwiggalerie breitet außerdem großen Zeichner (und Texter) Walter Moers den ganz großen Teppich aus: „Was gibt’s denn da zu lachen?“ steht so frech wie ironisch über der Ausstellung, mit der die komische Kunst von Moers von Käpt‘n Blaubär bis zum Fantasy-Kontinent Zamonien präsentiert wird (ab 22. September).

Das NRW-Forum am Düsseldorfer Ehrenhof widmet sich den „Super-Heroes“, die seit einem guten Jahrhundert die Comic-Welt bevölkern: über 1000 Ausstellungsstücke sollen „das gesamte popkulturelle Universum“ der Superhelden und ihrer Widersacher beleuchten.

Matt Groening wird 70, die Simpsons werden 35: Der Schauraum Comic + Cartoon in Dortmund feiert beides.
Matt Groening wird 70, die Simpsons werden 35: Der Schauraum Comic + Cartoon in Dortmund feiert beides. © picture alliance / Everett Collection | ©20thCentFox/Courtesy Everett Collection

Der Dortmunder „Schauraum: Comic + Cartoon“ widmet sich gegenüber vom Hauptbahnhof und im Internet dem runden Geburtstag von Matt Groening, der vor 35 Jahren „The Simpsons“ erfunden hat (ab 22. März).

Fußball

Flankierend zur Fußball-Europameisterschaft ab dem 14. Juni eröffnet am 27. Mai im Deutschen Fußballmuseum Dortmund die große Sonderschau „In Motion – Art & Football“. Eine immersive Rauminstallation auf tausend Quadratmetern mit einem Querschnitt zur Fußball-Kunst der europäischen Moderne: Mehr als 100 Kunstwerke, darunter teils selten gezeigte Arbeiten von Magritte, Paul Klee, Max Beckmann, Willi Baumeister, Felix Nussbaum, Robert Delaunay, Pablo Picasso, Salvador Dalí, Joan Miró oder Sigmar Polke.

Plakate

Auch das Plakatmuseum im Essener Folkwang widmet sich dem Fußball: Unter dem Titel „Wohnorte gegen Geburtsorte“ (15. März-7. Juli) zeigt der international renommierte Künstler und Fußballfan Andreas Slominski Fußballplakate aus den 1980er Jahren, die die Fankultur ins Blickfeld rücken, mit heimischen Farben von Borussia Dortmund bis Rot-Weiss Essen. Zeitgleich geht es auch um die „Sehnsuchtsfläche Plakat“ – da sind „Ferne Länder, ferne Zeiten“ in Werbung, Reklame und Kunst für den Tourismus aus über einem Jahrhundert zu sehen. Zugleich widmet sich das Plakatmuseum im Folkwang der „Sehnsuchtsfläche Plakat“ – und zeigt in „Ferne Länder, ferne Zeiten“ Werbung, Reklame und Kunst für den Tourismus aus über einem Jahrhundert (15. März-7. Juli).

Sonstiges

Unter dem etwas rätselhaften Titel „Hipgnosis.Breathe” widmet sich die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen dem britischen Fotodesign-Studio Hipgnosis, das neben vielen anderen Langspielplatten-Covers auch das legendäre zum Pink-Floyd-Album „The Dark Side of the Moon” geschaffen hat (21. Januar-20. Mai).

Die „Hipgnosis“-Gründer Aubrey Powell (links) und der Star-Fotograf Anton Corbijn.
Die „Hipgnosis“-Gründer Aubrey Powell (links) und der Star-Fotograf Anton Corbijn. © Funke Foto Services | Maurizio Gambarini

Am Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop entsteht ein fünfstöckiges Gebäude aus 16 Schiffscontainern – denn genau um den Container als zentrales Werkzeug der Globalisierung seit 1956 soll es in der dazugehörigen Ausstellung gehen (ab 12. Oktober).

Bei Phoenix des Lumières in der alten Stahlwerks-Halle auf dem Dortmunder Phoenix-Gelände beginnt am 26. Januar 2024 die neue Dauerausstellung, in der Farbenpracht und surreale Bilder in digitaler Vermischung garantiert sind, denn es geht um „Dalí: Das endlose Rätsel“.

Im Oberhausener Gasometer beginnt nach der Rekord-Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ ab dem 15. März die neue Schau „Planet Ozean“ mit „atemraubenden Blicken in die kaum bekannten Tiefen der Weltmeere“. Auch hierfür kann man sich jetzt schon Tickets sichern: https://gasometer.ticketfritz.de/Shop/Index/ausstellung-planet-ozean/37168

Das LWL-Museum für Naturkunde in Münster zeigt auf 1000 Quadratmetern eine Sonderausstellung über „Gene – Vielfalt des Lebens“. Wie Gene Erscheinungsbild und Verhalten aller Lebewesen beeinflussen, wird ebenso geklärt wie ihre Rolle für die Vielfalt von Arten und Natur (ab 21. Juni).

Die Bonner Bundeskunsthalle widmet der Demokratie, ihrer Herkunft, Gegenwart und Zukunft eine große Ausstellung (30. Mai-13. Oktober) und begibt sich anschließend in „Tanzwelten“ (ab 27. September).