Essen. Der Pole ist ein Star der Branche: Einmal mehr riss Jakub Józef Orliński das Publikum in Essen mit. Wir waren bei „Beyond“ in der Philharmonie.

Er hätte das Zeug zum Popstar, aber auch als Countertenor weiß Jakub Józef Orliński alle PR-Register zu ziehen. Ob Model (gern mit entblößtem Waschbrettbauch), Akrobat oder wettbewerbserfahrener Breakdancer – der 32-jährige Pole ist breit aufgestellt und tritt damit erfolgreich aus dem Elfenbeinturm seines vermeintlich elitären Gesangsfaches. Und so wurde er jetzt in der Essener Philharmonie mit seinem neuen, frisch auf CD gepressten Programm „Beyond“ heftig umjubelt. Wie sollte es anders sein?

Denn es gelingt ihm mühelos, über anderthalb Stunden am Stück sein Publikum mit Arien und Canzonen aus Renaissance und Frühbarock zu fesseln, nicht nur aus der Feder des epochemachenden Monteverdi, sondern auch unbekannter Meister wie Biagio Marini oder Barbara Strozzi. In einem quasi durchkomponierten Konzert ohne störende Auf- und Abtritte, fast ohne Zwischenapplaus, einem konzentrierten Fest der Monodie, das das Spitzenensemble „Il Pomo d’Oro“ noch durch seine spielerische Frische und kostbaren Klangfarben samt Zink und Theorbe veredelte.

Ein Star seiner Branche: Tenor Jakub Jozef Orlinski (Archivfoto).
Ein Star seiner Branche: Tenor Jakub Jozef Orlinski (Archivfoto). © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Orliński in Essen: Auch wenn er nicht singt, ist er in Bewegung

An das ehemalige Kastratentum erinnert nichts mehr, wenn Orliński seine Altus-Stimme verströmt: nicht federleicht abhebend, sondern durchschlagskräftig und geerdet – das leuchtende Edelmetall. Dabei vermag er wie etwa in der großen Arie des Ottone aus „L‘Incoronazione di Poppea“ die ganze expressive Spannweite zwischen Amors Pfeil und Amors Pein, zwischen anrührend schlichtem Melos und dramatisch-szenischem Ausbruch lückenlos zu erfassen.

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Auch wenn er nicht singt, ist er in Bewegung, tanzt Rad schlagend zur Sinfonia oder mimt die nach Liebe lechzende Greisin als alte Hexe. Selbst stimmlichen Schabernack kann er sich erlauben, lässt im Zugabenteil mal spaßeshalber die Bruststimme (ja, die gibt’s wirklich!) heraus oder lädt zum Mitsingen der Koloraturen ein. Die Fans bemühten sich redlich…