Essen. Martin Scorsese öffnet uns die Augen für ein neues Indianer-Bild, Leonardo DiCaprio als depperter Gierlappen in „Killers of the Flower Moon“.
Der Krieg in Europa ist vorbei. Ernest Burkhart kehrt hoch dekoriert zurück in den Schoß der Familie. Sein Onkel Bill Hale ist ein reicher, mächtiger Mann, der auf Ländereien in Oklahoma Viehzucht betreibt. Noch reicher aber sind die Männer von Stamm der Osage, die das scheinbar wertlose Land für kleines Geld kauften, nachdem sie von Siedlern aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Ölfunde bescherten den Osage in der Folge gewaltigen Reichtum. Für die Weißen ist das eine unerträgliche Situation. Bill Hale, der sich King nennen lässt, drängt Ernest dazu, eine Indianerin zu heiraten. Der Plan: Die Familien vermischen sich und das Nachlassvermögen fließt in Hales Kasse. Ernest sucht sich Mollie Kyle aus und erobert ihr Herz. Dann setzt eine Reihe gewaltsam herbeigeführter Todesfälle ein. Offenbar dauert es jemandem zu lang, bis die Osage natürlichen Todes sterben, und Ernest ist bis zum Hals in die Sache verwickelt.
„Killers of the Flower Moon“ dauert dreieinhalb Stunden, eine davon tritt er auf der Stelle
in wahrer Fall liegt dem dreieinhalbstündigen US-amerikanischen Heimatdrama „Killers of the Flower Moon“ zugrunde, mit dem Martin Scorsese erstmals einen Western präsentiert. Die mörderischen Umtriebe wurden erst 1927 durch die Bundespolizei aufgeklärt.
Diese Ermittlungsarbeit sollte ursprünglich das Zentrum des Films bilden. Leonardo DiCaprio, der mit mächtig ausgepolsterten Kinnladen den geistig eher knapp belichteten Ernest spielt, plädierte als Produzent dafür, mit der Geschichte zwischen Ernest und Mollie (Lily Gladstone, die selber indigene Wurzeln hat) ein stärkeres emotionales Fundament im Dienste der Indianer zu gießen.
Moralische Verkommenheit, industrieller Aufbruch und das freundliche Greisengesicht von Robert De Niro
Für sich genommen ist der Film ein typisches Stück Americana, geprägt vom industriellen Aufbruch aus „Giganten“ und der von Geldgier befeuerten moralischen Verkommenheit in „There Will Be Blood“, künstlerisch geerdet im gewaltbereiten Realismus des New Hollywood der frühen 70er. Scorseses Regie erlaubt prächtige Panoramen und schockierende Brutalitäten und tritt dabei mindestens eine Stunde auf der Stelle, wenn der tumbe Ernest unwissentlich seine kranke Frau mit falscher Medikation zu vergiften beginnt.
Das Herz des Films schlägt derweil im freundlichen Greisengesicht von Robert De Niro. Er gibt hinter großen Brillengläsern den jovialen Mordonkel, der im Hintergrund Intrigen spinnt. Drumherum erlebt das Publikum einen großen, langen Film, dessen erste Stunde mit Abstand die beste ist, weil er hier ein bis dahin kaum bekanntes Indianerbild aufzeigt. Alles danach ist ein Kriminalfall in historischen Kostümen, in dem allein die unsympathischen Typen die Akzente setzen.