Essen. Neue Filme: „Expendables 4“ taugt zum Wegballern, „Weißt Du noch“ ist unfassbar entschleunigt und „Wild wie das Meer“ reizt mit Skandalhauch.
Neue Woche, neue Kinofilme: Es locken Muskelspiele und Seelenschauen. „The Expendables 4“ liefert vor allem knochenbrechende Action, Senta Berger und Günther Maria Halmer präsentieren sich im kammerspielartigen „Weißt Du noch“ und bei „Wild wie das Mehr“ erleben wir eine Lovestory mit einem Hauch von Skandal. Der Überblick.
„The Expendables 4“
Terroristen haben Atomraketen auf einem Frachter vor der Küste in ihren Besitz gebracht. Weil ein staatliches Eingreifen schwere internationale Verwerfungen nach sich ziehen könnte, muss eine private Söldnereinheit die Sache regeln. Barney Ross und Lee Christmas gehen den Fall mit ihren bewährten Kampfkräften an.
Sylvester Stallones Idee eines Action-Ensemblefilms mit lauter verdienten Recken des Genres war im Jahr 2010 noch frisch. Jetzt, in der dritten Fortsetzung, dominiert ähnliche Routine wie bei „Fast & Furious“. Es ist „Mission Impossible“-Entertainment ohne Sinn für Plausibilität, dafür mit viel Lust an Digitaltricks und kaltschnäuzigen Gewaltballereien.
Mit im Spiel sind neben Stallone wieder Jason Statham, Dolph Lundgren und der Rapper 50 Cent. Tony Jaa protzt als Bösewicht mit Kampfkunstkabinettstückchen und Megan Fox übernimmt erneut mit Behagen die Aufgabe, die Jungs im Publikum heiß laufen zu lassen.
Knochenbrechendes No-Brain-Entertainment für den Action-Sofortverzehr. Dass keiner den Russen-Freund Steven Seagal dabei haben wollte, ist eine Selbstschutzmaßnahme. Aber Cynthia Rothrock, Michael Dudikoff und Olivier Gruner hätten man gerne auch mal einladen dürfen.
„Weißt du noch“
Marianne und Günter sind zusammen alt geworden und jetzt Ende 70. Und haben sich nicht mehr viel zu sagen. Wenn sie sich unterhalten, geht es um Demenz, die sie sich wechselseitig unterstellen. Eines Tages bietet ihnen ein Freund zwei Wunderpillen an, die den geistigen Abbau aufhalten sollen und Erinnerungen zurückbringen. Und das bislang unerprobte Medikament erweist sich als äußerst wirkungsvoll.
In Rainer Kaufmanns neuem Film begeben sich Senta Berger („Oskars Kleid“) und Günther Maria Halmer („Enkel für Anfänger“) auf eine Reise zurück in die Vergangenheit, die sich als heilsam, aber auch als kompliziert erweist.
Selten sah man derart reduziertes Kino. Eine Wohnung, zwei Menschen, sonst nichts. Eigentlich wird nur geredet, ein Film wie ein Theaterstück – nur zweimal lässt Kaufmann Fremde ins intime Spiel. Konstantin Wecker ist kurz als Freund Heinz zu sehen. Und Yasin el Harrouk darf als netter Fernsehtechniker Hausbesuche machen.
Ansonsten gehört die Leinwand ihnen: der wie gewohnt wunderbar unprätentiösen Senta Berger und dem genial griesgrämigen Günther Maria Halmer, die sich nach besten Kräften angiften: Sie macht Yoga und pflegt Freundschaften, während er nur missmutig auf der Couch sitzt. Da wirkt die seltsame Drogenerfahrung wie eine Zeit des Erwachens. Nur leider hält die Wirkung nicht lang an.
Rainer Kaufmann („Und wer nimmt den Hund?“) präsentiert eine innige, tragikomische Geschichte mit alten Dias, wackeligen Super-8-Rückblenden und Charles Aznavours Chansons, die am Ende zum Glück noch die Kurve kriegt heraus aus der Larmoyanz. Unterm Strich ein sehenswertes Kammerspiel, auf das man sich aber einlassen muss, Gedanken an den Tod inklusive.
„Wild wie das Meer“
Chiara und ihr Mann Antoine betreiben einen kleinen Fischereibetrieb auf einer Insel vor der französischen Atlantikküste. Ihr neuer Azubi Maxence (Felix Lefebvre, der ein bisschen aussieht wie früher Pierre Cosso) kommt aus gutem Hause, ist gebildet und charmant. Er macht sich mit allen gut Freund – und Chiara schöne Augen.
Das weckt in der gebürtigen Belgierin mit italienischen Wurzeln lang verschüttetes sexuelles Begehren. Sie stürzt sich in die Affäre, was der Dorfgemeinschaft nicht verborgen bleibt.
Ein Skandalhauch a la „Teufel im Leib“ durchweht das Langfilmdebüt von Heloise Pelloquet, wenn nicht gerade halbdokumentarische Impressionen von Fischfang und -verarbeitung die Unerfülltheit einer sinnlichen Frau spiegeln sollen.
Die wird verkörpert von der Belgierin Cecile de France, die sich mit verletzlicher Wildheit in einige höchst delikate Liebesszenen wirft, letztlich aber auch nicht so ganz zu verstehen scheint, welchen feministischen Kniff die Regisseurin am Schluss in die Waagschale wirft, damit alle gut wegkommen. Aber das Spiel von Verführung und Verführbarkeit davor hatte einige verstörend intensive Momente.