Bochum . Jazzer trifft Starpianisten - das Publikum des Klavier-Festivals war hingerissen von Fred Hersch und Igor Levit. In Bochum gab es Finger-Food...

Mangel an originellen Ideen kann man weder Igor Levit noch Fred Hersch absprechen. Zwei Publikumslieblinge des Klavier-Festivals Ruhr, die jetzt im ausverkauften Anneliese-Brost-Musikforum im Doppelpack antraten. Der zum Mediengiganten stilisierte Klassik-Star Levit und die Jazz-Größe Hersch saßen sich, dem Titel „Mirrors“ (Spiegel) entsprechend, an zwei Flügeln gegenüber.

Zum Duett oder zum Duell? Ganz genau wussten es die beiden bis zum Konzertbeginn und auch darüber hinaus selbst nicht so richtig. Ein gedrucktes Programm gab es nicht. Letztlich entstand ein anregender, von gegenseitigem Respekt getragener Dialog. Zusammen spielten sie nur die Zugabe, eine Improvisation über Bill Evans Jazz-Standard „Peace Piece“, bei dem Levit den Ton angab. Ansonsten gab Levit klassische Miniaturen vor, auf die Hersch mit fantasievollen Improvisationen antwortete.

Igor Levit und Fred Hersch beim Klavier-Festival Ruhr

Die Grundlage des anderthalbstündigen, pausenlosen Konzerts bildeten klassische Ohrwürmer im Häppchen-Format. Mit schlichten Stückchen aus Robert Schumanns „Kinderszenen“ und den „Waldszenen“ tastete man sich vorsichtig vor. Startend mit der „Träumerei“, wärmte sich Hersch mit gekonnten Paraphrasen über die Vorlagen allmählich auf. Jazzig klang das im Umfeld von Beethovens „Appassionata“ und Chopins Nocturnes meist nicht, eher in der Tradition von Arrangement-Techniken Liszts oder Godowskys.

Mit einigen Ragtimes gab Hersch seine Zurückhaltung auf und ließ aufblitzen, was er als brillanter Jazzer zu bieten hat. Was auch auf Levit zutrifft, der mit dem Programm weit hinter seinen Möglichkeiten zurückblieb. Dafür hatte Levit am Abend zuvor mit seinem „Tristan“-Projekt in Wuppertal reichlich Gelegenheit so wie sich Hersch noch am 6. Juli mit seinem Trio in Essen austoben kann. In Bochum blieb es bei appetitlichem Finger-Food mit Dessert-würdigen Leckereien, denen allerdings das Hauptgericht fehlte. Gleichwohl eine Abwechslung von eingefahrenen Konzertformaten, die das Publikum mit Standing Ovations goutierte.