Bottrop. Trainer, Schiri, Kümmerer: Jürgen Döblitz hat 40 Jahre lang alles für den SSV 1951 Bottrop getan. Warum er als Postbote Spiele pfiff und wie er mit Wattenscheid 09 verhandelte.

  • Jürgen Döblitz war 40 Jahre lang das „Mädchen für alles“ beim alten SSV 1951 Bottrop. Der aufgelöste Verein, der jetzt wiederkehrt, war sein Leben.
  • Er trainierte erfolgreich Jugendmannschaften, fuhr mit ihnen durch Europa und konnte, dank seiner guten Kontakte in der Stadt, alles besorgen. Dafür bewunderte ihn die Konkurrenz.
  • An eine Anekdote erinnert er sich besonders gerne zurück: Als er, ohne jegliche Vorerfahrung, mit Wattenscheid-09-Mäzen Klaus Steilmann über die Ablösesumme für einen Spieler verhandelte.

40 Jahre war Jürgen Döblitz Mitglied beim SSV 1951 Bottrop. Genau genommen war er sogar viel mehr als ein Mitglied. Jugendwart, Jugendtrainer und Trainer der ersten Mannschaft. Döblitz hat sich für seinen Verein, der in seinen besten Jahren in der Kreisliga A spielte, engagiert wo er nur konnte. Er hat Kinder zu Spielen gefahren, Sponsoren rangeschafft, war mit seinen Mannschaften auf Turnieren in Belgien, Frankreich oder den Niederlanden.

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Erst die Gesundheit bremste den heute 61-Jährigen in seinem Engagement aus, die letzten zwei Jahre des SSV 51 Bottrop erlebte er nur noch aus der Distanz. Der Verein löste sich auf, kehrt nun unter neuer Führung zurück. „Das finde ich gut“, sagt Döblitz.

SSV 51 Bottrop rutscht über Frankreichs Kunstrasenplätze

1978 tritt Jürgen Döblitz dem Verein bei, 1979 übernimmt er um ersten Mal eine Jugendmannschaft – und feiert schon zwei Jahre später die erste E-Jugendmeisterschaft. „Wir hatten in unserer Blütezeit 150 Jugendliche im Verein. Und alle drei, vier Jahre ist eine Mannschaft Meister in der Bestengruppe geworden“, erinnert sich Döblitz an die Erfolge der Jugend zurück.

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Der Erfolg auf dem Platz war das eine, viel mehr Wert legte er aber auf das Miteinander abseits der roten Asche. „Wir sind zu Turnieren in die Niederlande, nach Belgien oder nach Frankreich gefahren. Wir waren da nie die Besten, aber immer die Lustigsten“, schwelgt Döblitz in Erinnerungen. Eine ist besonders hängengeblieben. „In Frankreich gab es vor 30 Jahren schon Kunstrasenplätze. Wir sind da mit unseren Ascheschuhen angekommen und über den Platz gerutscht wie bei Holiday on Ice.“ Noch heute würden ihn Spieler von damals auf die Fahrten ansprechen.

Wie Jürgen Döblitz zwei Wechsel zum VfB Bottrop stoppte

Döblitz war wie eine Vaterfigur für viele Spieler, hielt die Mannschaften zusammen. „Als bei einem Training meine zwei Stürmer nicht da waren, und ich gehört habe, dass sie auf dem Spielplatz mit Rudi Schneeberg vom VfB Bottrop verhandelt haben, bin ich sofort ins Auto gestiegen und dahin gefahren“, erzählt Döblitz von der schon damals großen Konkurrenz unter den Vereinen. Dann habe er den Jungs gesagt, dass sie „beim VfB 500 Mark bekommen, dafür aber zwei von 20, 25 Spielern sind. Ich habe sie gefragt, ob sie jede Woche spielen wollen.“ Am Ende sind sie beim SSV geblieben.

Gründungsveranstaltung des SSV 51 Bottrop

In der St. Antonius Kirche in der Welheimer Mark fand am 25. Januar, um 18.30 Uhr, die Gründungsveranstaltung des neuen SSV 51 Bottrop statt. Jürgen Döblitz wird da sein, schließt ein Vorstandsamt aber aus.

„Für den Stadtteil ist der Verein als Anlaufpunkt wichtig“, sagt Döblitz, der hofft, dass das Vereinsheim wieder instand gesetzt wird. Auch, wenn es sich um „ein Mammutprojekt handelt“.

So wie so viele, die der Welheimer Mark treu geblieben sind. „Hier haben alle zusammengehalten. Es gab den Verein und eine Wirtschaft“, sagt Döblitz. Gemeinsam habe man damals die Kellerräume des Vereinsheims gebaut. „Wir waren der erste Klub in Bottrop, der einen Keller hatte.“ Und gemeinsam ist man auch mit Fahrrädern zu Auswärtsspielen nach Oberhausen gefahren. So war das damals. In den 1980er und -90er Jahren.

Mit Wattenscheid-Mäzen Klaus Steilmann am Verhandlungstisch

Wenn Spieler gegangen sind, dann oft zu den großen Vereinen in der Nachbarschaft. Und so kam es, dass Jürgen Döblitz mit dem legendären Mäzen Klaus Steilmann von der SG Wattenscheid 09 über einen seiner Jungs verhandelte. „Er hat mich angerufen und gefragt, wie viel wir haben wollen“, erinnert sich Döblitz. „Ich hatte ja gar keine Ahnung davon und habe 1000 Mark gesagt. Da sagt Steilmann zu mir, ´Wat, mehr nich? Die anderen Vereine aus dem Kreis wollen immer 3000 bis 4000 Mark haben´. Ich bin dann nach Wattenscheid gefahren und er hat mir 2000 Mark gegeben“, sagt Döblitz.

SSV 51 Bottrop
Jürgen Döblitz hat sich 40 Jahre lang für den SSV 51 Bottrop engagiert. Der Verein ist nun zurück – Döblitz freut sich darüber. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Ganz groß rausgekommen ist keiner seiner Jungs. Mike Schweitzer, der es immerhin bis zum FC Schalke 04 geschafft hat, wurde von einer Verletzung gestoppt. Einer der derzeit bekanntesten Ex-51er ist Samet Kanoglu, der in der Saison 2013/14 Co-Trainer unter Döblitz bei den C-Junioren war. Gemeinsam gewannen sie die Meisterschaft. „Die Jungs haben mir Bier, Sekt und Wein über den Kopf geschüttet. Ich habe geklebt wie nie zuvor“, schwärmt Döblitz.

Sponsoring von Fielmann und Schiedsrichter in Postuniform

Für den Verein war er viel mehr als ein Trainer. Durch seinen Job als Postbote war er in der Stadt bekannt, gewann viele Sponsoren. „Meine Frau hat immer gesagt, ich soll auch mal für uns betteln, nicht nur für den Verein. Aber für uns hätte ja keiner was gegeben“, lacht der Fan des FC Bayern München. So kam es auch, dass er mit Familie Fielmann persönlich über Trainingsanzüge verhandelte. „Wir haben direkt zwei Garnituren bekommen und danach jedes Jahr eine weitere“, sagt Döblitz und erinnert sich: „Die von Rhenania haben immer gesagt ‘Jürgen, wie schaffst du das? Du kommst jede Woche mit einer neuen Garnitur.‘“

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Döblitz‘ Job als Postbote öffnete ihm nicht nur so manchen Tür bei Sponsoren, sondern sorgte mitunter auch für kuriose Situationen auf dem Platz. „Ich bin oft direkt vom Dienst mit den Jungs zum Spiel gefahren. Und wenn dann kein Schiedsrichter da war, dann habe ich gepfiffen.“ Ein Postbote, der nicht nur Briefe, sondern auch Gelbe- und Rote Karten verteilte.

Und der größte sportliche Erfolg? Gegen Dinslaken 09 stand er mit einem Jugendteam im Kreispokalfinale. Das Spiel ging 2:3 verloren. Aber das schönste Tor des Tages, das machten die 51er. „Ein Spieler von mir hat bei einem Einwurf einen sehr langen Anlauf genommen, ist los gelaufen, hat einen Überschlag gemacht und den Ball bis in den Strafraum geworfen. Da wurde er ins Tor geköpft. Sowas hatte ich bis dahin noch nie gesehen“, beschreibt Döblitz und wird emotional: „Jetzt fange ich schon wieder an zu schwärmen. Da kann ich heute Nacht nicht schlafen.“

Neuer SSV 51 Bottrop soll Anlaufstelle in der Welheimer Mark werden

All das ist Vergangenheit, sein alter SSV 51 ist Geschichte. „Das waren 40 Jahre positiver Stress. Ich wollte immer eine Vorbildfunktion einnehmen, habe nie das Sch-Wort benutzt. Der Verein war meine Lebensaufgabe. Das war gut. Jetzt stehen meine Familie und der Garten im Vordergrund“, schließt Döblitz ein Ehrenamt im neugegründeten Verein aus. Eigentlich. Denn ein bisschen kribbelt es dann doch: „Falls ein Vereinswirt gesucht wird, bin ich nicht abgeneigt.“

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