Hagen. Wende im Prozess um zweifach versuchten Mord und Totschlag. Der Gutachter korrigiert sich. Das Gericht handelt daraufhin sofort.
Prozessauftakt vor dem Schwurgericht in Hagen gegen den 35-Jährigen, der Anfang Juni 13 Schüsse abgegeben und vier Menschen schwer verletzt haben soll. Der Landgerichtssaal 201 war voll besetzt. Vor allem türkische Familienangehörige verfolgten die Verhandlung. Um 16.37 Uhr kam es dann zu einer Überraschung.
Der Angeklagte hat am ersten Verhandlungstag geschwiegen. Die Anklage lautet auf versuchten Mord (in zwei Fällen), versuchten Totschlag, schwere und gefährliche Körperverletzung. Am Morgen des 1. Juni soll er versucht haben, seine Ehefrau zu töten. In der gemeinsamen Wohnung in der Innenstadt habe er zwei Schüsse aus seiner Pistole auf sie abgegeben, berichtete die Geschädigte (33) als Zeugin. Eine Kugel traf die Frau ins linke Auge, wo sie erblindete. Er hätte sie zuvor im Streit beschuldigt, untreu zu sein. Die Frau wies das weit von sich: Sie sei rund um die Uhr zu Hause gewesen, um die vier Kinder und den Haushalt zu versorgen. In ihrer Aussage betonte die Frau, wie sehr sie ihren Mann geliebt habe. Es klang, als sei das auch heute noch so.
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Zum Friseursalon gefahren
Nach der Tat soll der Angeklagte zu einem Friseursalon nach Eilpe gefahren sein. Dort habe er den vermeintlichen Nebenbuhler vermutet. Mit seiner Waffe schoss er fünfmal: Die Pistolenkugeln trafen zwei Männer, die dort arbeiteten, sowie eine unbeteiligte Kundin. Die drei lebensgefährlich Verletzten wurden von Notärzten versorgt. Aufgrund eines vorläufigen Gutachtens war der Angeklagte bislang in einer psychiatrischen Klinik untergebracht: Er hätte die Tat im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen. Doch daran will der Sachverständige Dr. Brian Blackwell inzwischen nicht weiter festhalten. Das Schwurgericht reagierte am späten Nachmittag umgehend darauf: Der Angeklagte kam nicht zurück ins Krankenhaus, sondern wurde in Untersuchungshaft abgeführt.