Ruhrgebiet/Köln. Immer wieder werden Igel im Garten durch Mähroboter verletzt. Jetzt plant die erste Stadt ein Nachtfahrverbot für die Mäher.
Die Gefahr kommt mit der Dämmerung. Jede Nacht im Sommer werden Igel von Mährobotern verstümmelt oder getötet. Jetzt droht ein Nachtfahrverbot für die automatischen Mäher.
Wie viele Igel werden denn verletzt oder getötet?
Genaue Zahlen gibt es nicht. „Aber die Fälle häufen sich“, heißt beim Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW). Das stelle für viele Igelstationen eine enorme Belastung dar und binde wichtige Ressourcen, da verletzte Igel oft überdurchschnittlich viel Pflege und Behandlung erfordern. Oft aber sind alle Mühen vergeblich. Fast die Hälfte der gefundenen und gemeldeten Tiere (47%) überlebte die Verletzung gar nicht erst, sondern musste eingeschläfert werden oder starb während der Pflege. Und selbst die, die überleben, müssen oft lange leiden. Mindestens 60 Prozent der Igel mit Schnittverletzungen werden erst Tage - in einigen Fällen gar Wochen - nach dem Unfall gefunden.
Wie sind die Mähroboter unter Verdacht geraten?
Mehrere Hundert in Gärten verletzte Igel haben sie im Institut untersucht und dabei festgestellt, dass es keine Wochentage gibt, an denen die Tiere besonders selten oder besonders häufig Schnittverletzungen erleiden. „Dies ist ein Hinweis darauf, dass oft Mähroboter Ursache dieser Verletzungen sind, denn diese Geräte sind die einzigen, die legal auch sonntags benutzt werden dürfen“, sagt Dr. Anne Berger vom Leibniz-IZW, die die Sammlung der Fälle wissenschaftlich leitet.
Laufen die Igel denn nicht weg, wenn ein Mähroboter auf sie zufährt?
Leider machen sie genau das nicht, sagt Birgit Königs, Sprecherin des Naturschutzbundes (NABU) in NRW. „Igel rollen sich zusammen, wenn sie sich bedroht fühlen.“ Vor vielen natürlichen Feinden schützt sie das tatsächlich, „aber gegen einen Mähroboter können die Stacheln des Igels nichts ausrichten“, weiß Königs.
Aber müssen Mähroboter nicht automatisch stoppen, wenn sie auf ein Hindernis stoßen?
Eigentlich ja, tun sie anscheinend aber nicht. Jedenfalls hat die Stiftung Warentest erst im April 2024 bei ihrem Mährobotertest festgestellt, dass fast alle nicht einmal halten, wenn die Attrappe eines flach auf dem Rasen liegenden Kinderarms vor ihnen liegt.
Was kann man gegen das Problem machen?
Der BUND und andere Naturschutzorganisationen fordern schon lange Fahrverbote für die Mähroboter zu bestimmten Tageszeiten. Die Stadt Köln will genau das demnächst umsetzen.
Wie soll das aussehen?
Die Ratsgruppe „Klimafreunde & GUT“ hatte das Thema im April in den Umweltausschuss gebracht. Am 12. September soll nun über die Antwort der Verwaltung abgestimmt werden, in der es heißt: „Die Verwaltung beabsichtigt, ein Nachtfahrverbot für Mähroboter zum Schutz der Igel über eine Allgemeinverfügung auf Basis des Bundesnaturschutzgesetzes zu erlassen.“
Vorgesehen ist ein Fahrverbot, das sich an den Zeiten des Igels orientiert, der zu den nachtaktiven Tieren zählt und meist erst munter wird, wenn die Sonne untergeht. „Es ist geplant, die Verbotszeiten je nach Jahreszeit an den Sonnenuntergangs- bzw. Sonnenaufgangszeiten auszurichten“, heiß es bei der Kölner Stadtverwaltung. Konkret solle das Verbot „mit 30 Minuten vorher, beziehungsweise nachher, die Dämmerungszeiten einschließen“. Laut Stadtverwaltung würde damit „der Einsatz der Mähroboter nur eingeschränkt, nicht aber gänzlich verboten. Das stelle einen „zumutbaren Rahmen für die Bürgerinnen und Bürger“ dar.
Wie finden Umweltschützer das?
Erwartungsgemäß gut. „So ein Nachtfahrverbot wäre natürlich zu begrüßen“, sagt NABU-Sprecherin Königs. „Gärten waren bisher ein Rückzugsraum für die Tiere. Das hat sich seit dem Einsatz von Mährobotern geändert.“ Dabei gehe die Igelpopulation im Land ohnehin „schon in den Keller“. Und auch viele andere Kleintiere im Garten wie Lurche, Echsen und Insekten seien durch die Klingen der Roboter bedroht. „Es wäre deshalb schön, wenn andere Städte dem Kölner Plan folgen würden.“
Ist das eine berechtigte Hoffnung?
Kurzfristig wohl nicht. Auf Anfrage antworten etwa Essen, Bochum, Duisburg und Dortmund, dass es bei ihnen keine ähnlichen Pläne gibt. Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz sieht ebenfalls keine Notwendigkeit, das Kölner Modell landesweit zu übernehmen. Das Ministerium und die Landestierschutzbeauftragten würden bereits „regelmäßig zu dem sorgfältigen und sachgemäßen Einsatz von Mährobotern und dem Anlegen igelsicherer und wildtiergerechter Gärten“ sensibilisieren.
Immerhin: Zum Schutz der Igel rät auch das Ministerium: „Der Mähroboter sollte nach Möglichkeit um die Mittagszeit mähen.“ Und: „Tagsüber sollte bei der Nutzung von Rasentrimmern ebenfalls auf Igel geachtet werden, die häufig an Heckensäumen und Strauchrändern schlafen.“ Königs stimmt zu: „Auch so einen Roboter sollte man nie unbeaufsichtigt fahren lassen.“