Lennestadt. Beim Elspe-Festival verschwindet ein riesiges Fort in der Versenkung. Wie ist das möglich? Harald Heufer verrät sein Betriebsgeheimnis.
Wenn dieser Mann träumt, spucken Vulkane Feuer, Berge werden versetzt und Gebäude verschwinden in der Versenkung. Harald Heufer belässt es aber nicht beim Träumen. Er ist der Zauberer von Elspe, der technische Leiter, der jene Effekte möglich macht, die das Publikum als Erinnerung für immer mit nach Hause nimmt. Über 60 Darsteller und 40 Pferde auf der Bühne verlassen sich darauf, dass seine Bühnenbilder funktionieren. In der Inszenierung „Das Halbblut“ steht derzeit sein Meisterstück im Mittelpunkt des Elspe-Festivals. Ein waschechtes US-Fort mit Palisaden, Kaserne und Wachturm, das am Ende in einer gigantischen Explosion in die Luft fliegt und gleichzeitig im Erdboden versinkt. Wie kriegt man so etwas hin?
Harald Heufer ist selbst zufrieden mit dem Bühnenbild der aktuellen Spielzeit. „Das Fort ist der aufwendigste Effekt von allen Inszenierungen, die wir je in Elspe gemacht haben.“ Und das sind viele, denn Heufer ist seit 33 Jahren dabei und verantwortet seit 1999 die Technik. Heufer kommt aus dem Ruhrgebiet, aus Duisburg, er hat Schwimmbäder gebaut, Wasserrutschbahnen, dann lernte er im Sauerland seine Frau kennen und verfiel der Liebe und dem Wilden Westen. Seit 25 Jahren wohnt Heufer in Lennestadt, er ist jetzt 73 und denkt noch lange nicht ans Aufhören. „Wenn ich nicht so einen Spaß an meiner Aufgabe hätte, würde ich als Rentner in der Ecke sitzen.“
Viele Fans des berühmten Häuptlings Winnetou staunen zwar über die Explosionen und Knalleffekte auf der Bühne, aber sie sehen nicht die Theaterkunst dahinter. Und so soll es auch sein. Für das Publikum die Magie, für das Team die Schrauben und die Stifte. Will Heufer im Interview das Fort entzaubern? Aber sicher. Das macht er bei den Bühnenführungen nach den Vorstellungen ja auch. „Das Gebäude und die Palisaden bestehen nicht aus Holz, sondern aus Polyester, einem flammenhemmenden Material, das viel leichter ist als Holz.“ Die riesige Anlage wird über Laufschienen bewegt, aber nicht von rechts nach links, sondern von oben nach unten, in ein vier Meter tiefes unterirdisches Becken. „Das ganze Fort steht auf hydraulischen Bolzen, die werden eingefahren, dann fällt das Gebäude im freien Fall runter.“ Gleichzeitig zündet die Pyrotechnik ihren Sprengstoff. Während das Fort explodiert, verschwindet es.
Für das Publikum sieht die Szene folgendermaßen aus: Das Halbblut Senanda schwört schreckliche Rache, weil die weißen Soldaten Frauen und Kinder seines Stammes getötet haben und verursacht eine Tragödie. Brennend reitet er in das Fort und setzt die Anlage in Flammen. Die Besucher hören noch einen letzten verzweifelten Ruf seiner Mutter, dann zünden die Explosionen, und das Gebäude verschwindet mit Turm und Flagge in der Versenkung. Nur einige angekohlte Palisaden bleiben auf der Bühne stehen. Es dauert übrigens 15 Minuten, um das Fort wieder aufzubauen. Für die nächste Vorstellung.
„Als wir alles fertig hatten, war ich selbst begeistert.“
„Wir haben schon vor einem Jahr angefangen, das zu bauen, sonst hätten wir es zeitlich gar nicht hingekriegt“, erläutert Heufer das komplexe Konstrukt. Ein Unternehmen in Meschede fertigte im Winter die Einzelteile der Anlage. „Ich lege immer Wert darauf, dass die Bühne von heimischen Unternehmen gebaut wird.“ Für den Effekt sind Timing und gute Nerven Voraussetzung. Mit vier Mitarbeitern steuert Heufer den Einsturz des Forts, immer im Sichtkontakt mit den Kollegen vom Gewerk der Pyrotechnik. „Als wir alles fertig hatten, war ich selbst begeistert.“
Harald Heufer ist als technischer Leiter aber nicht nur für die spektakulären Effekte zuständig, sondern als Betriebsleiter für alle Abläufe verantwortlich, vom Parkplatz bis zum Mülleimer. In Elspe greift auf und hinter der Bühne alles Hand in Hand. Nach der Vorstellung sammeln die Kunstreiter zum Beispiel auf dem Festivalgelände den Abfall ein. Heufers ganzer Stolz ist die neue Lichtanlage, die bei den Abendvorstellungen zum Einsatz kommt. „Die wurde für Kreuzfahrtschiffe entwickelt. Es ist toll, was die alles kann. Wir sind die einzige Freilichtbühne in Europa, die diese Scheinwerfer einsetzt.“ Und natürlich hat der technische Leiter weitere Wünsche. „Ich will von diesen Bänken im Zuschauerraum weg. Ich möchte eine Stadionbestuhlung installieren. Das planen wir für die nächsten Jahre.“
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Angefangen hat Heufer übrigens als Darsteller in Elspe, damals, als er noch im Schwimmbadbau tätig war. Der Duisburger war in vielen Inszenierungen der Bösewicht, ritt wie der Teufel über das Gelände und behielt das Schauspielen auch bei, als er schon die Technik unter sich hatte. Seine Tochter Sarah steht ebenfalls auf der Bühne, seine Enkel spielen an diesem besonderen Ort in ihren Sommerferien. Eines Tages war es dann an der Zeit, vom Pferd auf den Kutschbock umzusteigen, und jetzt ist Heufer nur noch hinter den Kulissen aktiv. „Es ist die erste Spielzeit, in der ich nicht als Darsteller mitwirke. Ich bin jetzt 73. Man muss vernünftig sein.“
Also fährt Heufer bei jeder Vorstellung sein Fort in die Tiefe und freut sich über die technische Herausforderung. Allerdings: „Eine Inszenierung war noch komplizierter. Das war der Vulkan im ,Tal des Todes‘. Jochen Bludau, der verstorbene frühere Festspielleiter, kam zu mir und sagte: Ich brauche Lava. Da habe ich mir Gedanken gemacht. Wie kriege ich Lava von oben nach unten. Und dann sagte Jochen noch: Ich möchte gerne, dass drei Leute an der Lava verbrennen.“ Harald Heufer löste die Aufgabe schließlich mit 6000 Litern eingedicktem und rot gefärbtem Wasser, das von einer Quirlmaschine flüssig gehalten wurde.
Meisterstück beim Elspe-Festival
„Im Tal des Todes“ steht im Jahr 2025 erneut auf dem Spielplan. Ob Harald Heufer dann wieder einen Vulkanausbruch bauen darf oder Hängebrücken sekundengenau zerreißen lässt oder Schiffe versenkt, das verrät der Zauberer von Elspe noch nicht. Das Fort ist sein Meisterstück, aber er hätte nichts dagegen, noch spektakulärere Meisterstücke auszutüfteln. Denn im sauerländischen Wilden Westen sind Vollprofis am Werk. Harald Heufer drückt es nüchterner aus. „Im Laufe der Zeit, steigen die Ansprüche an die Technik.“
Das Stück „Das Halbblut“ nach Karl May ist mit den Vorprogrammen noch bis zum 8. September auf der Naturbühne in Elspe zu sehen. www.elspe.de