Bayreuth. Spielen die Wagner-Festspiele zuviele Wagner-Opern? Und was macht Bass Georg Zeppenfeld aus Attendorn am Grünen Hügel? Der Überblick.

Ungewöhnlich ruhig geht es im Vorfeld der 112. Bayreuther Festspiele auf dem Grünen Hügel zu, bevor sich am 25. Juli der Vorhang zur Neuinszenierung von Richard Wagners elegisch-ekstatischem Liebesdrama „Tristan und Isolde“ heben wird.

Sorgten noch Anfang des Jahres Spekulationen um die Vertragsverlängerung von Katharina Wagner als Festspielleiterin und der spürbare Rückzug der „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth“ aus der Mitfinanzierung für Irritationen, sind wesentliche Fragen zur Zukunft der Festspiele nun geklärt. Katharina Wagner bleibt bis mindestens 2030 Leiterin, allerdings nicht mehr als Geschäftsführerin. „Die Gesamtgeschäftsführung wird der neuen Position eines General Managers übertragen, der die Festspiele organisatorisch und wirtschaftlich verantwortet“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Bundes- und der bayerischen Landesregierungen. Eine Reform, auf der Bundeskulturministerin Claudia Roth bestand, um zusammen mit dem Land Bayern die Subventionen von jeweils 29 auf 37 Prozent zu erhöhen. Womit die reduzierte Unterstützung der „Gesellschaft der Freunde“ von 29 auf 13 Prozent aufgefangen wird, zugleich aber auch der Einfluss der „Gesellschaft“ geschwächt und die Position von Bund und Land gestärkt werden soll. Statt bisher 3,4 Mill. Euro schießt die Fördergesellschaft damit eine Million Euro weniger zu.

Mehr zum Thema

Ob und in welchem Maß sich damit auch der Druck der Regierungen auf die künstlerische Ausrichtung der Festspiele erhöhen wird, für die Katharina Wagner verantwortlich ist, wird sich zeigen. Äußerungen von Claudia Roth, neben mehr Diversität „auch die Öffnung der Opernfestspiele für ein breiteres Publikum“ zu überdenken und, mehr noch, die „Mono-Kultur“ der Festspiele in Frage zu stellen und sie für andere Komponisten zu öffnen, zeugen nicht gerade von Zurückhaltung. Auch nicht von Respekt vor dem Alleinstellungsmerkmal des Festivals als „Richard-Wagner-Festspiele“. Und angesichts des schleppenden Kartenverkaufs für den derzeit laufenden, freundlich formuliert, unattraktiven „Ring des Nibelungen“ stellt Bayerns Kunstminister Markus Blume die Frage: „Bin ich wirklich noch am Puls der Zeit, mache ich wirklich genug, um auch die nächste Generation noch so zu begeistern?“ Womit er gewiss nicht nur die von Katharina Wagner mit Herzblut und sehr erfolgreich betriebenen Kinderopern im Festspielpark meinen dürfte.

Hinter dem Vorhang

Wieweit diese Forderungen im Sinne von Richard Wagners experimentierfreudigen und nicht immer bequemen Intentionen („Kinder, schafft Neues!“) gestellt werden oder eher populistischen Kalkülen entspringen, bleibt unklar. Wichtiger noch ist der Umgang Katharina Wagners mit dem wachsenden Druck von den politischen Seitenlinien. Konflikte, die überwiegend hinter dem Vorhang ausgetragen werden und von denen das Publikum in diesem Jahr (noch) nichts merkt. Zumal innerfamiliäre Fehden wie in alten Zeiten und dramatische Besetzungsprobleme wie noch im letzten Jahr heuer für keine sensationellen Schlagzeilen sorgen. Und selbst erste Sparmaßnahmen wie die Reduzierung der Stammbesetzung des Festspielchors von 134 Mitwirkenden auf 80 dürften sich nur marginal auswirken, wird das Ensemble doch in den großen Choropern, in diesem Jahr also dem „Tannhäuser“, „Parsifal“ und dem „Holländer“, mit Zusatzkräften auf die gewohnte Stärke gebracht.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf dem Grünen Hügel. Sie fordert, dass bei den Richard-Wagner-Festspielen künftig auch Opern anderer Komponisten gespielt werden.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf dem Grünen Hügel. Sie fordert, dass bei den Richard-Wagner-Festspielen künftig auch Opern anderer Komponisten gespielt werden. © DPA Images | Daniel Löb

Diese drei auf jeden Fall diskussionswürdigen Produktionen gehören auch zu den Zugpferden dieser Saison, während der misslungene „Ring“ auch in den kommenden beiden Jahren noch mit jeweils drei zyklischen Aufführungen und zwölf Abenden ein Drittel des Spielplans blockieren und den Kartenverkauf bremsen wird. Dennoch erreichten die Festspiele im letzten Jahr noch eine Platzausnutzung von 97 Prozent.

Interesse verdient der „Ring“ in diesem Jahr durch die Besetzung der beiden Siegfried-Partien mit Klaus Florian Vogt, der allerdings bereits in der weniger dramatischen Rolle des Siegmund mit seiner lyrisch gefärbten Stimme an seine Grenzen geriet. Wie auch als Tannhäuser, den er in diesem Jahr noch zusätzlich singen wird.

Auf ebenso großes Interesse beim „Ring“ dürfte das Bayreuth-Debüt der Dirigentin Simone Young nach den eher durchschnittlichen Leistungen von Cornelius Meister und Pietari Inkinen stoßen. Als erste Frau am „Ring“-Pult gehört sie zum dirigierenden Damen-Trio auf dem Grünen Hügel. Und zwar neben Nathalie Stutzmann im „Tannhäuser“ und Oksana Lyniv im „Holländer“, die sich beide in den letzten Jahren vorzüglich bewährt haben. Damit leiten die Damen sechs der acht Werke dieser Saison.

Andreas Schager (Parsifal, l) und Georg Zeppenfeld (Gurnemanz) in einer Szene des Parsifal im Jahr 2023 bei den Bayreuther Festspielen.
Andreas Schager (Parsifal, l) und Georg Zeppenfeld (Gurnemanz) in einer Szene des Parsifal im Jahr 2023 bei den Bayreuther Festspielen. © dpa | Enrico Nawrath

Neben Klaus Florian Vogt stemmt Andreas Schager die größten Tenor-Partien. Und zwar als Parsifal und in der Titelrolle der neuen „Tristan“-Produktion, die die als Übergang gedachte, erst zwei Mal gelaufene, dabei sehr schöne Inszenierung von Roland Schwab ablöst. Regie führt diesmal der bisher vor allem im Schauspiel hervorgetretene Isländer Thorleifur Örn Arnarsson, der im letzten Jahr in Hannover mit einer düsteren Inszenierung des „Parsifal“ für Diskussionen sorgte. Musikalisch darf man auf das Rollendebüt von Camilla Nylund als Isolde und das Dirigat des ehemaligen Chefs des WDR Sinfonieorchesters Semyon Bychkov gespannt sein.

Georg Zeppenfeld in drei Rollen auf der Bühne

Auch wenn die Diskussionen um Finanzierung und Sparmaßnahmen ein Dauerthema sind und bleiben werden, und das nicht nur in Bayreuth, sind sich die wichtigsten Geldgeber, der Bund und das Land Bayern der immer noch starken Außenwirkung der Festspiele bewusst und werden sie nicht fallen lassen. So hat man auch geräuschlos die auf 170 Mill. Euro angesetzte Renovierung des Festspielhauses bewilligt. Ein gutes Zeichen zwei Jahre vor der Jubiläumssaison 2026, dem 200. Jahrestag der Eröffnung der Festspiele. Im nächsten Jahr steht allerdings noch eine Neuinszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ an, die im Zeichen von Georg Zeppenfeld in der Rolle des Hans Sachs stehen wird, der damit seine langjährige und äußerst engagierte Mitwirkung bei den Festspielen krönen wird. In diesem Jahr steht er als Gurnemanz („Parsifal“), Hunding („Die Walküre“) und Daland („Der Fliegende Holländer“) auf der Bühne.

Infos und Karten: www.bayreuther-festspiele.de