Leverkusen. Seit Sonntag ist die A1-Brücke Leverkusen soweit fertig, dass der Verkehr über sie fließt. Dann müssen andere Brücken erneuert werden.
Als das Problem erkannt wurde, war der Landesverkehrsminister noch ein Sozialdemokrat namens Michael Groschek - falls sich jemand erinnert. In Deutschland, sagte er im November 2012, gebe es „keine zweite, vergleichbar beschädigte Autobahnbrücke“ wie die der A1 bei Leverkusen. Nach elf Jahren und zwei Monaten ist das Problem nun gelöst. Wenigstens prinzipiell und an dieser einen Stelle: Denn Problembrücken stellen sich inzwischen vielerorts in den Weg.
Am Sonntagmittag des 4. Februar 2024 haben Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und weitere Politiker das erste Teilstück der neuen Rheinbrücke feierlich für den Verkehr freigegeben. Um die Fahrbahnen an den Neubau anzuschließen, war die Autobahn seit zwei Wochen zwischen den Kreuzen Leverkusen und Köln-Nord gesperrt. Die Freigabe erfolgt nach dem Festakt Zug um Zug; wenn Sie also ganz sicher sein wollen, dass Sie im gesamten Bereich freie (Auto)Bahn haben und dass jede Auf- und Ausfahrt nutzbar ist, dann warten Sie auf Montag, den 5.
Auf der neuen Leverkusener Brücke gibt es keine Gewichtsbeschränkung
Wichtig für Fahrer und Fahrerinnen: Der komplette Verkehr wird von dann an über die neue Brückenhälfte geführt, mit drei schmaleren Fahrspuren in Richtung Koblenz und mit (überwiegend) drei ebenfalls in Richtung Dortmund. Die Lkw-Waagen sind weg, Gewichtsbeschränkungen gibt es nicht mehr, auch nicht für Laster, aber freilich Überholverbote für große Fahrzeuge, und wegen der Enge gilt für alle Tempo 80.
Direkt südlich daneben steht die alte Hälfte, die mit gleichzeitiger Wirkung aus dem Verkehr genommen wird. Sie soll bis Frühjahr 2025 abgerissen sein, dann folgt der Neubau der zweiten neuen Hälfte bis Ende 2027. Dann erst ist der Engpass wirklich und komplett beseitigt. Nach 15 langen Jahren.
4000 Autobahnbrücken müssen neu gebaut oder komplett saniert werden
Freilich ist NRW schlauer geworden seit dem November 2012. Die A1-Rheinbrücke war keineswegs der erhoffte Einzelfall. In Nordrhein-Westfalen gibt es rund 5000 Autobahnbrücken und doppelt so viele überhaupt. Von 13.000 Autobahnbrücken in ganz Deutschland müssen in den nächsten zehn Jahren 4000 neu gebaut oder komplett saniert werden, sagt Landesverkehrsminister Oliver Krischer (Grüne).
Die A40-Rheinbrücke Neuenkamp in Duisburg war ebenso problematisch wie die bei Leverkusen, auch sie ist halb fertig und befahrbar, die Lkw-Waage abgebaut. Die Rahmedetalbrücke der A45 über Lüdenscheid ist gesprengt, der Ausweichverkehr führt täglich zu Verkehrschaos in und um die Stadt. Der Zustand soll Ende der 20er-Jahre enden. Auch die marode Haarbachtalbrücke der A544 bei Aachen wird nochmal gebaut, das soll etwa zwei Jahre dauern; die alte ist gerade in dieser Woche gesprengt worden.
„Deshalb sind alle Brücken gleichzeitig marode“
Eine Lkw-Wiegeanlage sortiert auch auf der A43 in Herne die zu schweren Laster vor der Emschertalbrücke aus, sie ist ebenfalls in Arbeit. Unklar ist noch, wie es weitergeht mit der A42-Brücke zwischen Essen und Bottrop. Klar ist hingegen: Von den Autobahnbrücken über den Rhein in NRW werden auch die Fleher Brücke (A46, Düsseldorf) und die Friedrich-Ebert-Brücke (A565, Bonn) im nächsten Jahrzehnt neu gebaut werden müssen. Für die Krefeld-Uerdinger-Brücke zwischen Duisburg und Uerdingen wurde soeben eine Gewichtsbeschränkung auf 30 Tonnen eingeführt für Lkw, die die überqueren wollen. Der Neubau dieser Brücke soll ebenfalls 2030 beginnen.
Und auch die berühmte „Brücke der Solidarität“ in Duisburg hat absehbar ihr Lebensende erreicht. All die Brücken: Warum ballt sich das so in diesen Jahren? Matthias Vollstedt von der Bezirksregierung Düsseldorf sagt: „Nach dem Krieg mussten alle Brücken wieder neu gebaut werden - und das eben zur selben Zeit. Deshalb sind alle Brücken gleichzeitig marode.“ Auch hatte bei ihrem Bau niemand den heutigen Verkehr und die vielen und sehr schweren Lkw voraussehen können. Dadurch gehen sie nun in die Knie.