Essen. Stand-up-Paddling sieht auf den ersten Blick harmlos aus. Der Wassersport kann allerdings durchaus gefährlich werden, warnen Fachleute.
- Stand-up-Paddling ist im Trend und gewinnt jedes Jahr neue Sportler.
- Wer will, kann schnell loslegen: Boards gibt es recht günstig zu kaufen und dann fehlt nur noch das Wasser.
- Experten sehen in dieser Sorglosigkeit ein Problem – viele Neulinge bringen sich in Gefahr.
Stand-up-Paddling boomt: Aufblasbare Boards werden bei Discountern und Sportgroßhändlern schon unter 200 Euro angeboten. Mancherorts können Boards auch ohne Einweisung, an einer automatischen Box, ausgeliehen werden. Für viele Freizeitsportler scheint es unproblematisch, einfach zum Stehpaddeln an einem beliebigen Ort ins Wasser zu steigen.
Für Fachleute ist diese Entwicklung jedoch alarmierend. Denn viele Menschen bringen sich dabei in große Gefahr, schaden der Umwelt oder missachten geltende Regeln auf Seen und Wasserwegen. Wir haben mit Experten der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV) gesprochen.
Trügerische Sicherheit beim Stand-up-Paddling
Gerade während der Pandemie hat das Stand-up-Paddling einen Boom erlebt. Und mit der gestiegenen Beliebtheit verbreitete sich ein Image, das für Jens Lüthge, Geschäftsführer des Kanu-Verbands NRW, problematisch ist: „Überall wird mit Stand-up-Paddling geworben und auf den meisten Bildern sieht man Menschen ohne Schwimmweste oder Helm.“
Nicht nur Werbung für das Freizeitangebot transportiere das Bild vom unbeschwerten Wasserspaß. Auch Krankenkassen oder andere Gesundheitseinrichtungen würden mit Bildern werben, die jegliche Sicherheitsstandards vermissen ließen. Bereits in der Vermittlung dieses Bildes steckt für den Verbandsgeschäftsführer ein Anfangsproblem: „Wir möchten niemanden an den Pranger stellen. Aber wir möchten die Aufmerksamkeit dafür wecken, ein sicherheitsbewusstes Bild vom Stand-up-Paddling zu vermitteln.“
Stand-up-Paddling: Wenn aus Spaß Lebensgefahr wird
Dass Leichtsinn und falsche Einschätzungen lebensgefährlich sind, zeigen die Erfahrungen der Einsatzkräfte der DLRG: „Im vergangenen Jahr kamen mindestens sieben Personen beim Stand-up-Paddling ums Leben, darunter sechs Männer zwischen 18 und 50 Jahren sowie eine 34-jährige Frau. In diesem Jahr verzeichneten wir seit Anfang Juni bereits drei Todesfälle, jeweils Männer“, sagt Martin Holzhause, Pressesprecher der DLRG.
Wünschenswert sei es, wenn Stand-up-Paddler mindestens das Schwimmabzeichen in Bronze nachweisen können. Leider retten die Kräfte der DLRG oft genug Paddler, die überhaupt nicht schwimmen können. So könne laut Martin Holzhause ein Sturz ins tiefe Wasser schnell einem Todesurteil gleich kommen.
Gefahren durch die Sonne beim Stand-up-Paddling
So schön ein Sonnentag auf dem SUP-Board auch ist: „Wer zu lange in der Hitze unterwegs ist, dem drohen Erschöpfung, Sonnenstich und Hitzschlag“, erklärt Holzhause. Wenn Paddler dann ins kühle Wasser stürzen, könne das katastrophal für den Körper werden: „Im schlimmsten Fall droht ein Herzstillstand. Oder es kommt infolge abfallenden Blutdrucks zur Ohnmacht, die unter Wasser direkt zum Ertrinken führen kann“, fügt der Mann von der DLRG hinzu.
Es komme aber auch häufig vor, dass Paddler infolge von Erschöpfung nicht mehr aufs Board kommen. Wenn die Sicherheitsleine (Leash) fehlt, kann das Brett abtreiben. Gerade ungeübte Schwimmer können dann Probleme haben, das sichere Ufer zu erreichen.
Stand-up-Paddling: Sicher unterwegs mit richtiger Ausrüstung
Der Sprecher der DLRG geht davon aus, dass vermutlich alle Todesopfer ihren Unfall mit einer Schwimmweste, einer sogenannte Prallschutzweste, überlebt hätten. Diese gibt auch Sicherheit, wenn man durch einen Sturz ins Wasser bewusstlos wird: „Die automatische Rettungsweste dreht Personen sogar in Rückenlage, womit die Atemwege frei sind und Ertrinken verhindert wird“, erläutert Holzhause.
Thomas Hanke-Hanel vom Deutschen-Kanu-Verband empfiehlt zusätzlich einen Helm: „Aus dem Stand ist das eine ziemliche Fallhöhe, wenn man mit dem Kopf aufschlägt. Oder wenn man auf einen Gegenstand im Wasser oder unter der Wasseroberfläche schlägt“, so Hanke-Hanel. Der Ressortleiter Stand-up-Paddling des DKV empfiehlt, immer auch an Dinge wie Sonnenschutz und genug Trinkwasser bei heißem Wetter zu denken.
Goldene Regeln fürs Stand-up-Paddling
Die Stand-up-Paddler des DKV-Hamburg haben bereits 2020 unter dem Titel „Die sieben goldenen SUP-Regeln“ ein Set an wichtigen Faustregeln herausgegeben. Ein Punkt war der Distanzregel während der Pandemie gewidmet. Die anderen sechs Punkte sprechen alle Bereiche an, die für Paddler, egal ob Neueinsteiger oder routinierter Könner, immer berücksichtigt werden sollten. Die ausführliche Erläuterung gibt es auf www.kanu.de.
- Lokale Regeln beachten: Vor jeder Fahrt erst einmal die lokalen Befahrungsregeln oder Befahrungsverbote abklären. Hilfreich sind hier die Gewässer-Infos des DKV.
- Wetter überprüfen: Wind und Gewitter sind keine Freunde des Paddlers. Vor der Fahrt die Wetterlage im Auge behalten und notfalls eben nicht losfahren.
- Richtige Bekleidung tragen: „Dress for water NOT for air!“ ist das Motto. Dazu gehört auch die Ausrüstung: Schwimmweste und Leash, aber auch Sonnenhut oder Sonnencreme.
- Respektiere die Natur: Pflanzen- und die Tierwelt sollten sich durch Paddler nicht gestört fühlen. Erst recht sollte ihr Lebensraum nicht durch das Befahren zerstört werden.
- Vermeide Müll: „Sauberes Wasser soll auch sauberes Wasser bleiben!“ heißt es beim DKV. Der Verband empfiehlt dazu noch einen sogenannten „MUSS-Beutel“ (Müll-und-Unrat-Sammel-Sack).
- Vorbild sein: Nicht nur die Regeln wahrnehmen und befolgen, auch weitergeben und aufklären.
Wer es etwas detaillierter mag: Die DLRG gibt in ihren allgemeinen Sicherheitstipps hilfreiche Tipps für das Verhalten an allen Gewässern - von der Badewanne bis zum offenen Meer.