Essen. Wir haben den sagenhaften Weg bezwungen, der über Teile des Neanderlandsteigs und des Kettwiger Panoramasteigs führt. Ein Erlebnis!

Rechts oder links? Noch ein paar Kilometer bis zum Aussichtspunkt, da verlässt uns der Geist des Wanderführers. Seit drei Stunden laufen wir im Essener Süden über diese wunderbar wilde Mischung aus Panoramasteig und Neanderlandsteig, jetzt stehen wir vor einer unerwarteten Gabelung. Fast wie im richtigen Leben. Um es kurz zu machen: Wir haben die falsche Richtung gewählt. Unbeabsichtigter Besuch auf einem Bauernhof, wo Kühe und Hühner staunten.

Märchenhaft Wandern

Die Wanderungen auf dieser Seite stammen aus dem Buch „Märchenhaft Wandern. Unterwegs zu sagenhaften Orten im Ruhrgebiet“ von Nikola Hollmann und Andrea Slavik (Klartext-Verlag, 160 Seiten, 18,95 Euro)

Der Wanderführer ist erschienen in der Reihe „Schönes NRW“ und beschreibt zwölf Touren zwischen Wesel und Unna, verbunden mit Sagen und Legenden der Region

Wer auf Wanderwegen die Region erkundet, kennt das. Ob Unsauberkeiten in der Beschreibung oder die eigene Unaufmerksamkeit, plötzlich weiß man nicht mehr, wie es weitergeht. Umwege gehören eben dazu, glücklich der, der sich noch nie verirrt hat. Uns ist es passiert, auf der Tour „Märchenhafte Landschaft im Essener Süden“, die dennoch genau richtig ist für einen aktiven Ferientag. Trittsicher sollten die Mitläufer und Mitläuferinnen allerdings sein. Geschätzte 70 Prozent sind Waldboden, unbefestigte Wege. Wenn es geregnet hat, werden sie schnell zur Matsch- und Rutschpartie.

Wandern im Essener Süden: Ausgangspunkt ist der S-Bahnhof Kettwig-Stausee

Dafür macht die Tour einen Riesenspaß. Weil sie so schön ist! Sattgrün und verwunschen, abenteuerlich, aber nicht verwegen. Menschenleer, aber nicht einsam. Und vom Anspruch her genau richtig. Ein gemächliches Bergauf sorgt für stramme Waden, trotzdem gerät man nicht aus der Puste. Ständiger Begleiter: das Rauschen des Windes in den Bäumen, die sich wie ein Dach über die teils schmalen Pfade legen. Und die Vögel, die im Schatten der Äste alles geben. Hier herrscht es noch, das große Zwitschern. Ansonsten Stille. Die Großstadt weit weg.

Am Wegesrand: Haus Oefte in Essen-Kettwig. Heute das Domizil eines Golfclubs.
Am Wegesrand: Haus Oefte in Essen-Kettwig. Heute das Domizil eines Golfclubs. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Ausgangspunkt: der S-Bahnhof Kettwig-Stausee, was ideal wäre, wenn die S-Bahn denn führe. Tut sie aber nicht, seit Monaten. Aber es gibt einen Parkplatz. Und eine erste Hürde: Bis zum Einstieg muss man über eine gut befahrene Straße.

Dafür führt gleich der Beginn der Tour auf den Kettwiger Panoramasteig, schon der erste Hang bringt uns in den Wald, am Wegesrand ein Steinbruch, dann pittoreske Felsklippen, dazu der Blick über die Ruhr. Erstes Ziel: Haus Oefte, um das sich Legenden wie die von Kunigundes Rache ranken, die von ihrem Gemahl, Ritter Eberhard von Oefte, ermordet wurde. Sie erschien ihm daraufhin als Geist. Der Bösewicht bereute, verfiel in tiefe Traurigkeit. Bis zu seinem Tod lebte er als Eremit in einer Klause am Wald, um Buße zu tun.

Schloss Oefte in Essen-Kettwig wird heute von einem Golfclub genutzt

Das ist lang her, heute wird das Schloss von einem äußerst agilen Golfclub genutzt, die Räume sind nicht öffentlich zugänglich. Wir nähern uns über den Golfplatz, vorbei an einem idyllischen Bauernhof, in einem Holzhäuschen kann man Samen für eine Bienen-Blumenwiese, Eier und Kartoffeln mitnehmen, das Geld kommt in ein Kästchen. Auf Kartoffeln haben wir umständehalber verzichtet.

Wanderung im Essener Süden
Waldwege. Die Wanderung im Essener Süden führt über Teile des Kettwiger Panoramasteigs und des Neanderlandsteigs. © Petra Kuiper | Petra Kuiper

Durchs Tal geht es an üppigen Weizenfeldern vorbei, an denen van Gogh seine Freude gehabt hätte – über eine Brücke, am Bachlauf entlang. Herrlich! Sonnenstrahlen tanzen, die Welt riecht frisch, inzwischen haben wir unseren Rhythmus gefunden. Hinter Hof Nipshagen links, nach dem Reiterhof rechts, klappt doch. Unterwegs kann man nach Velbert und Heiligenhaus schauen. Dann wieder in den Wald, bis zu zwei Aussichtspunkten, von denen aus man auf Kettwig blickt, im Hintergrund die Mintarder Brücke. Hier treffen wir die ersten Menschen des Tages. Sie sitzen auf der Bank und sehen glücklich aus.  

Am Ende laufen wir über einen Teil des Neanderlandsteigs, danach führt eine steile Straße bergab. Noch ein Blick auf eine alte Mühle, aber die Zivilisation hat uns wieder. Wir stehen in Kettwig. Die Hosenbeine sind vom nassen Waldboden verdreckt, die Wangen rot, die Stimmung ist bestens durchgelüftet. Wir haben vier Stunden gebraucht, anderthalb mehr als angegeben. Auch das muss besser werden.

Start/Ziel: S-Bahnhof Kettwig-Stausee, Werdener Straße 77, 45219 Kettwig. Dauer: 2:30 Stunden, Länge zehn Kilometer, davon 204 Höhenmeter. Eine Einkehr unterwegs gibt es nicht, Proviant sollte eingepackt werden.

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Bochum-Stiepel: Marienwallfahrtsort und historischer Friedhof

Bochum-Stiepel ist ein sagenhafter Ort: Hier wurde eine Madonna in die Fluten geworfen, im nahen Kloster soll sie Zuflucht gefunden haben. Und dann ist da noch die Ruhrnixe, die um ihren Geliebten trauert.

Die Runde „Die Nixe und die Gottesmutter“ beginnt an der St. Marien-Wallfahrtskirche. Über den Kreuzweg führt der Weg durch den Wald, auf einem Wanderweg am Malakowturm vorbei. Durchs Weitmarer Holz geht es bis zur Sternwarte Bochum (wo sich übrigens schon in Urzeiten eine Kultstätte befunden haben soll!).

Die Dorfkirche Stiepel, idyllisch gelegen.
Die Dorfkirche Stiepel, idyllisch gelegen. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

An der Ruhr läuft man bis zur romanischen Dorfkirche Stiepel, erbaut vor über 1000 Jahren. Sehenswert auch der Friedhof, auf dem der älteste Grabstein von 1600 stammt. Durch Feld und Wald gelangt man wieder an den Ausgangspunkt, einschließlich Blick auf Burg Blankenstein.

Start/Ziel: Am Varenholt, 44797 Bochum-Stiepel. Dauer: 2:30 Stunden, Länge 13 Kilometer, davon 242 Höhenmeter. Wegbeschaffenheit: überwiegend Wald- und Feldwege. Anreise mit ÖPNV: Haltestelle Haarstraße. Gastronomie ist reichlich vorhanden: Klosterhof, Waldhaus, Forsthaus, Borgböhmers Waldesruh, Andrés alte Fähre.

Wandern in Dortmund zu den Ewalden von Aplerbeck

Die finstere Legende vom Weißen und vom Schwarzen Ewald begleitet diese Tour im Dortmunder Südosten, die von der Aplerbecker Mark bis zum Marktplatz von Aplerbeck führt. Die beiden Mönche wurden um das Jahr 700 herum auf einem Hof erstochen, ihr Fluch überdauerte Jahrhunderte: Es gab keine Erben oder sie starben früh. Es fiel kein Tau, kein Regen. Später sollen leidende und kranke Menschen hergekommen sein, um sich heilen zu lassen.

Startpunkt der Tour „Durch Kathedralen aus Buchen“ ist der Bezirksfriedhof Aplerbeck. Von dort aus geht es gleich in den Wald, wo ein großer Teil der Wanderung verläuft. Danach führt der Weg bis zum Mittelpunkt Nordrhein-Westfalens, den betrunkene Bochumer Geographiestudenten aufwendig bestimmt haben sollen. Heute ziert ihn eine Bronzeplatte.

Das Wasserschloss Haus Rodenberg in Dortmund-Aplerbeck.
Das Wasserschloss Haus Rodenberg in Dortmund-Aplerbeck. © WR/Franz Luthe | Franz Luthe

Unterwegs bietet sich ein Abstecher zur modernen Ewaldi-Kirche an. Die beiden Märtyrer-Mönche trifft man dann auf dem Aplerbecker Markt in Form einer Skulptur des Künstlers Kuno Lange – danach führt die Tour wieder zum Ausgangspunkt. Auf dem Weg liegt Haus Rodenberg, das ebenfalls einen Abstecher wert ist. Die von einem kleinen Skulpturenpark umgebene Wasserburg beherbergt ein Schlosscafé und ein Märchentheater.

Start/Ziel: Bezirksfriedhof Aplerbeck, Kortenstraße, 44287 Dortmund-Aplerbeck. Dauer: 2:45 Stunden, Länge 10,5 Kilometer, davon 184 Höhenmeter. Wegbeschaffenheit: Waldwege, Schotter, Asphalt. Anreise mit ÖPNV: Bushaltestelle Kortenstraße/Trauerhalle. Gastronomie: in Aplerbeck.

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