Düsseldorf. .
84 jüdische Anwälte gab es 1933 in Düsseldorf. 1938 gab es keine mehr, denn damals wurde ihnen endgültig die Berufsausübung verboten. Das Schicksal der jüdischen Anwälte im Gerichtsbezirk Düsseldorf zeichnet die Ausstellung „Anwalt ohne Recht“ im Amts- und Landgericht nach.
Texte, Fotos und Dokumente erzählen die rigorose Ausgrenzung der jüdischen Anwälte in Düsseldorf und umliegenden Städten ab 1933. Einzelne Lebensläufe werden als Beispiele erzählt.
Erarbeitet hat die Ausstellung Historikerin Dr. Susanne Mauss für die Rechtsanwaltskammer. Die hat damit eine Wanderausstellung übernommen, die die Berliner Kammer 2000 entwickelte und die seither durch Deutschland und das Ausland tourt.
Kanzleien gestürmt
Die Ausgrenzung begann nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mit dem „Judenboykott“ am 1. April 1933, bei dem auch die Anwälte terrorisiert wurden. Kanzleien wurden gestürmt und verwüstet. Jüdische Anwälte mussten ihre Zulassung neu beantragen, viele bekamen sie nicht mehr. Wer als einstiger Frontkämpfer noch Mandate annehmen durfte, erlebte weitere Schikane: Juden durften nur noch Juden vertreten. Nicht-jüdische Anwälte durften nicht mit jüdischen Kollegen kooperieren – das sei nicht standesgemäß.
Hetztexte in der Zeitung und auf Plakaten machten zusätzlich Stimmung gegen „die Anwaltsmischpoke“. Ab 1938 durften wenige ehemalige jüdische Rechtsanwälte noch „Konsulente“, Rechtsberater für Juden sein. Sie wurden am Ende ebenfalls deportiert.
Die Ausstellung erwähnt auch, dass die Ausgrenzungspolitik den „arischen“ Kollegen Verdienstmöglichkeiten sicherte: Schon damals gab es eine Juristenschwemme. Sie verschweigt auch nicht, dass sich der Vorstand der Düsseldorfer Anwaltskammer 1933 im vorauseilenden Gehorsam selbst auflöste. Der neue Vorstand war dann von Parteimitgliedern dominiert.
84 jüdische Anwälte und Referendare hat Susanne Mauss in Düsseldorf gefunden. Ihre Namen sind auf einer Stellwand zusammengestellt. Den Sterbedaten ist zu entnehmen, wer ins sichere Ausland entkommen konnte, wer Selbstmord beging und wer in den Nazi-Lagern starb. Viele Schicksale sind unbekannt.
Die Beispiel-Biografien zeigen relativ gelungene Fluchten ins Ausland wie die von Vater und Sohn Oppenheimer, die in den USA ein Unternehmen aufbauten. Anders erging es Georg Lindemeyer: Er sandte zwar seine Kinder 1937 nach England. Doch er und seine Frau wurden 1941 nach Minsk deportiert und ermordet. Leo Lichtingfeld überlebte das Nazi-Regime ebenso wenig. Zwar durfte er „Konsulent“ sein. Doch 1941 wurde er ins Ghetto in Lodz gebracht und starb.
Es gab auch Anwälte, die nach Deutschland zurückkehrten. Prominentes Beispiel: Der spätere NRW-Justizminister Josef Neuberger. Er floh 1938, wurde in Palästina Anwalt und kam 1952 zurück.
Ein Jahr lang hat Susanne Mauss Detektiv- und Puzzlearbeit in der Mahn und Gedenkstätte und anderen Archiven betrieben und - wenn möglich - Kontakt zu Nachfahren aufgenommen. „Einige waren sehr berührt, dass sich jemand für das Schicksal ihres Vaters oder Großvaters interessiert“, berichtet sie.
Freiwillig ins KZ
Bewegt haben sie alle Biografien. Besonders erschüttert hat sie die Geschichte einer Kanzlei-Aushilfe – für die Ausstellung eine Nebenfigur: Die gelernte Kunsthistorikerin ging 1941 mit ihren Eltern ins KZ – auf eigenen Wunsch, wie sie in der Akte las. „Mit einem sieben Wochen alten Kind - das gibt einem schon zu denken“, so Mauss. Aber auch schöne Erlebnisse hatte sie: Einem Sohn konnte sie ein Foto seiner Eltern senden, das er nicht kannte: Die Abschiedsfeier der Eltern vor der Ausreise in die USA.
Die Historikerin hofft nun auf Sponsoren, damit aus der Ausstellung noch ein Buch werden kann.