Hochfilzen/Köln. Deshalb standen Deutschlands Skijägerinnen uns Skijäger beim Saisonauftakt in Östersund plötzlich wieder so geballt an der Weltspitze.

Auf den Gesichtszügen von Benedikt Doll liegt ein entspanntes Lächeln, wenn er an die letzte Saisonvorbereitung denkt. „In diesem Jahr fiel es mir wieder relativ leicht, muss ich ehrlich sagen“, erwähnt der Oldie im Team der deutschen Biathleten im Gespräch mit dieser Zeitung. „Und das lag sicherlich auch daran, dass ich einige Sachen verändert habe, wo ich Lust und Motivation hatte, sie auszuprobieren.“ Bei Doll war es vor allem die Gewöhnung an eine neue Waffe, die ihn über den Sommer hinweg beschäftigte. Doch auch sonst gab es für den Schwarzwälder und die anderen Skijäger des DSV, die ihren unerwartet fulminanten Saisonstart in Östersund nun in Hochfilzen bestätigen wollen, einige Neuerungen.

So steht dem nach dem Rücktritt von Mark Kirchner zum Chef aufgestiegenen Slowenen Uros Velepec mit dem früheren Weltklasselangläufer Jens Filbrich ein neuer Assistent für die Bereiche Lauf und Athletik zur Seite. Velepec selbst führte bei der Arbeit mit dem Gewehr viele neue Trainingsformen ein, ließ viel im Wettbewerb gegeneinander schießen. Mit Livigno und dem Lavazè-Pass, jeweils auf 1800 Meter gelegen, und Herzogenaurach wurden zudem Lehrgangsorte ausgewählt, in denen selbst der erfahrene Doll zuvor noch kein Trainingslager absolviert hatte. Und zwischendurch testeten Deutschlands Skijäger auch erstmals in einem Windkanal.

Zehn Podestplatzierungen

„Ein sehr cooles Erlebnis“, erinnert sich Doll – aber noch viel cooler waren für Deutschlands Skijägerinnen und Skijäger dann die ersten Rennen der Saison: Beim Weltcup in Östersund standen am Ende zehn Podestplatzierungen auf dem Konto des DSV, so viele wie nie zuvor beim Start in den Winter. Und diese Erfolgsstory soll nun in Hochfilzen, wo es am Freitag mit den Sprints der Männer und Frauen losgeht, fortgeschrieben werden.

„Wir haben viel richtig gemacht, das ist gut fürs Selbstvertrauen“, verweist Dolls Teamkollege Roman Rees, in Östersund Sieger im Einzel, auf das Erfolgsrezeptur aus der Vorbereitung: Auf neuen Pfaden an zahlreichen Details geschraubt und so das große Ganze auf ein höheres Niveau gehoben zu haben. So dass sich neben Franziska Preuß, die sich nach ihrer abgebrochenen letzten Saison frisch gesammelt und den Weg zurück in die Weltspitze gefunden hat, mit Philipp Nawrath nun auch ein echter Spätzünder in Tirol zunächst das Trikot des Weltcupführenden überstreifen darf.

Schnelles Schießen mit ordentlicher Portion Wagemut

Dabei begann die Vorbereitung für den 30-jährigen Allgäuer eher schmerzhaft: Beim Fußballspielen brach er sich im Mai den Mittelfuß – ein Malheur, dass ihn aber nicht daran hinderte, ein halbes Jahr später mit seinem Triumph im Östersunder Sprint und Platz zwei in der Verfolgung Spitzenplatzierungen in den schwedischen Schnee zu zaubern.

„Es ist Wahnsinn. Man hat schon so viele Rennen hinter sich und dann passiert so was“, strahlte Nawrath nach seinem Premierensieg im Weltcup. Und Chefcoach Velepec genoss es, dass der gebürtige Füssener seine wichtigste Lehre des zurückliegenden Sommers – das schnelle Schießen mit einer ordentlichen Portion Wagemut – so eindrucksvoll beherzigt hatte. „Er hat“, lobte der 56-Jährige, „das Risiko-Schießen perfekt gemacht.“

Viel Geschick beim präparieren der Ski

Zusätzlichen Schwung verlieh den deutschen Biathletinnen und Biathleten auf der ersten Weltcupstation des Winters die gute Arbeit der eigenen Skitechniker. Nach dem Verbot der umweltschädlichen Fluorwachse erfordert die Präparation der Skier nun besonders viel Geschick. Doch ihr neu gewonnenes Selbstvertrauen zieht die Skijäger-Sparte des DSV nicht allein aus der Güte des Materials. „Laufökonomisch haben wir Fortschritte gemacht“, betont zum Beispiel der neue Lauftrainer Jens Filbrich und nennt das Gespann mit Chef Velepec und den beiden Frauen-Trainern Kristian Mehringer und Sverre Olsbu Röiseland „eine coole Truppe“.

Ausdrücklich mit eingeschlossen in die lässige Führungsriege ist dabei Sportdirektor Felix Bitterling (46). Der Berchtesgadener, seit April 2022 im Amt, beteuert angesichts der jüngsten Erfolge zwar, das deutsche Team sei „ohne jegliche Form von Arroganz“ nach Hochfilzen gereist. Ein wenig Eigenlob darf es nach dem glorreichen Auftakt in Skandinavien aber schon sein. „Ergebnislisten lügen nicht. Schon vor dem Start in den Winter hat keiner von uns gezweifelt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Bitterling – und betont: „Wir haben da ein Team zusammengeschustert, das einzigartig ist, in dem sich jeder dafür interessiert, was der andere macht. Das ist etwas Besonderes, und das wollen wir weiter ausbauen.“