Ein Praktikum kann den Zugang zur Ausbildung ebnen und auch dabei helfen, die Abbrecherquoten zu drücken. Vier junge Menschen berichten.

Die versammelte Riege der größten Superhelden der Welt stand vereint am Tresen und Jonathan Schmidt stellte die Rechnung für die vergangenen Nächte aus. Da waren sie, die Männer von Rang und Namen: Superman, Spider-Man und Batman, der grüne Hulk war auch dabei, alle in voller Montur als sie ihre Koffer packten und sich auf den Weg zum Flughafen machten. Dass es sich vielleicht doch nicht um die Originale, sondern nur um spaßverliebte und vielleicht ein wenig vom Restalkohol geprägte englische Partytouristen handelt, wurde spätestens mit den freigelegten Hinterteilen sichtbar, die die Jungs gut gelaunt beim verlassen des Hotels präsentierten. Und dann soll bitteschön noch jemand sagen, ein Praktikum könne nicht aufregend sein.

Jonathan Schmidt kennt sie, die Paradiesvögel und Partygänger dieser Welt, die Abenteuersuchenden und die Alleinunterhalter. Von ihnen trennt Jonathan nur der Rezeptionstresen des Hotels. Jonathan war gerade 18 Jahre alt und hatte das Abitur in der Tasche, aber noch keinen Plan für die Zukunft. Er bewarb sich deshalb für unterschiedliche Praktika in einer Chemiefirma, bei einem Koch und bei den A&O-Hotels in Hamburg. Er bekam von der Hotelgruppe, die eine Mischung aus Hostel und Zwei-Sterne-Hotel und aufgrund der günstigen Preise besonders bei jungen Menschen beliebt ist, eine Zusage. Gleich zu Beginn seines Praktikums musste Jonathan einen Härtetest bestehen.

"Ich wurde in der ersten Woche in der Küche eingesetzt. Man wollte wohl meinen Willen testen", sagt Jonathan und lacht. Die Arbeitszeit in der Küche beginnt bereits um halb fünf. Doch Jonathan hielt durch und wurde in der zweiten Woche an der Rezeption eingesetzt. In der dritten Woche folgte das Angebot, im Hotel eine Ausbildung zu machen. Jonathan durchlief in seiner Lehre unterschiedliche Stationen, blieb aber der Rezeption treu. Seit einem Monat hat er die Ausbildung hinter sich und einen festen Job als Abteilungsleiter an der Rezeption. Front Office Manager heißt sein Job im Unternehmen. "Das Praktikum war für mich nicht nur eine Orientierungshilfe, sondern zugleich eine Art Schocktherapie", sagt Jonathan, der sich früher nicht als besonders kommunikativ erlebt hat. An der Rezeption wurde er während des Praktikums ins kalte Wasser geworfen. Der direkte Kontakt mit den Kunden hat ihn geprägt. "Ohne das Praktikum hätte ich diese Seite an mir niemals entdeckt. Geschweige denn sie zum Beruf gemacht."

+++Hotelübernachtungen in Hamburg sind gefragt wie nie+++

Sönke Fock, Chef der Agentur für Arbeit Hamburg , rät jungen Menschen zum gezielten Praktikum zum richtigen Zeitpunkt. "Während der Schulzeit ist es nicht nur sinnvoll und spannend, sondern unerlässlich, erste praktische Erfahrungen in einem Betrieb zu sammeln", sagt er. Praktika helfen somit auch, die Abbrecherquoten während der Ausbildung zu drücken. Dies sei ein wichtiger Aspekt für den Jugendlichen, aber auch für den Betrieb. "Die Jugendlichen wissen, worauf sie sich einlassen", sagt Fock. Von unbezahlten Beschäftigungsverhältnissen nach der Schulzeit rät er dringend ab. "Unser Ziel ist der nahtlose Übergang von der Schule in die Berufsausbildung. Zu diesem Zweck wurde in Hamburg auch die erste Jugendberufsagentur gegründet. Seit Anfang des Monats können sich Jugendliche über freie Stellen und Angebote in Hamburg informieren."

Auch Saranda Hyseni und Steven Landsdorf haben ihr Praktikum bei Peek & Cloppenburg zum Sprungbrett für den Job genutzt. "Mein Credo ist: Wer etwas mit Mode machen will, muss sie auch verkaufen können", sagt Steven. Darum war für ihn sein Ziel schnell klar. Er bewarb sich für ein Praktikum bei dem großen Modehaus, weil die Aufgaben hier so vielfältig sind: Einkauf, Verkauf, Beratung, Auslage. Er machte sich gut: Nach zwei Wochen bot man ihm bereits eine Ausbildungsstelle an. "In der ersten Woche habe ich meinen ersten Anzug verkauft", sagt der 21-Jährige selbstbewusst.

+++Mit dem Career Service zum Jobeinstieg+++

Auch Saranda machte schnell positive Erfahrungen. Während ihres zweiwöchigen Schülerpraktikums stand sie schon alleine auf der Fläche. Das bedeutet: Sie war Ansprechpartnerin für die Kunden, musste beraten, empfehlen und verkaufen. Besonders Spaß machte der 22-Jährigen, die aktuellen Waren auf dem Präsentiertisch auszulegen. "Das ist eine sehr kreative Aufgabe", schwärmt Saranda. "Es war eine tolle Erfahrung, die mir wiederum bestätigt hat, dass ich den Job wirklich gerne machen würde."

Saranda und Steven finden beide, dass gerade im Modebereich der Arbeitgeber passen muss. Die Modewelt ist bunt, aber mit dem klassischen und zeitlosen Stil von Peek & Cloppenburg können sie sich gut identifizieren. "Das ist wichtig, denn man sollte gerade im Einzelhandel hinter den Produkten stehen, mit denen man täglich arbeitet", findet Steven.

+++Erste Karriereschritte: Praktikum als Berufseinstieg+++

Ein Praktikum kann ein Einstieg sein, ein Türöffner. Und dass die Welt hinter dieser Tür sehr bunt, sehr laut und sehr international sein kann, ist nur eine der Erfahrungen, die Jennifer Doubek gemacht hat. Jennifer war noch Schülerin und jobbte in einer Eisdiele, als ihre Bekannte sie auf eine Werbeagentur aufmerksam machte. Die Welt der Slogans war Jennifer bis dahin noch fremd. Und dann stand plötzlich der Name im Raum: Jung von Matt . Die internationale Topagentur aus Hamburg war Jennifer damals noch kein Begriff. Und auch heute tut die mittlerweile 25-Jährige ihren Einstieg in die Medienbranche als ganz gewöhnlich ab. Sie machte zunächst in ihrem Heimatort Hamburg, dann in Berlin ein Praktikum bei der Agentur. Und blieb.

Zunächst absolvierte Jennifer eine Ausbildung als Kauffrau für Marketingkommunikation und lernte bei Jung von Matt die Abteilungen Film, Print-Produktion und Buchhaltung kennen. Doch weil die große Konstante im Leben von Jennifer Doubek der permanente Wandel ist, hielt es sie nicht lange in der Hansestadt. Nach der Ausbildung ging sie nach New York, um ein Redaktionspraktikum bei der Zeitschrift "InStyle" zu machen und außerdem in Manhattan den Traum vieler Mädchen zu leben.

Praktika waren für Jennifer immer Freifahrtscheine in die weite Welt und zugleich Orientierungspunkte im Berufsleben. "Ich wusste, dass ich immer wieder nach Hamburg zurückkommen werde. Aber solange ich jung bin, will ich noch so viel von der Welt sehen wie möglich", sagt die junge Frau. Und tatsächlich, Jennifer kam zurück, um in der Hansestadt zu studieren. Neben ihrem Studium der Wirtschaftspsychologie arbeitet sie wieder bei Jung von Matt - in der Talent-Management-Abteilung rekrutiert sie heute selber den Nachwuchs.

www.hamburg.de/jugendberufsagentur

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