Es ist ein großer Schritt, neu in der Führungsverantwortung zu sein. Erfolg hat letztlich nur, wer dasTeam einbindet.
Petra Hesener-Tenhaken ist in ihrem Berufsleben zweimal neu als Führungskraft bei der Provinzial Versicherungsgruppe gestartet – mit Anfang Dreißig und nach ihrer Familienzeit. „Beides waren vollkommen unterschiedliche Erfahrungen“, sagt die 50 Jahre alte Diplom-Kauffrau. Sie hat dabei gelernt: Das eine Geheimnis, um als Führungskraft erfolgreich zu sein, gibt es nicht. Doch eins unterschätzen Anfänger in der Chef-Position häufig: Wie wichtig eine gute Kommunikation mit dem Team für den Erfolg ist.
Empathie, Kommunikationsfähigkeit und das Talent, Konflikte zu lösen – das braucht es neben der fachlichen Qualifikation, um erfolgreich als Führungskraft zu sein. „Hab ich!“ werden da manche über sich selbst sagen. Möglich, dennoch bedarf es guter Vorbereitung, meint Unternehmensberaterin Gabriele Hoffmeister-Schönfelder aus Hamburg. „Am besten erfahren junge Leute kontinuierliche Qualifizierung in einem Unternehmen, sowohl fachlich als auch zum Thema Führung.“ Denn eines ist klar: Wenn man als Führungskraft startet, ist man Chef vom ersten Tag an. Eine Schonfrist gibt es nicht.
Unsicherheiten, die der Job mit sich bringt, können im beruflichen Umfeld kaum besprochen werden: „Beim eigenen Chef muss man den Eindruck machen, dass man der Richtige für die Stelle ist, und bei den Mitarbeitern darf man sich auch keine Blöße geben“, erzählt Hoffmeister-Schönfelder. Hilfreich ist, wenn man im Unternehmen einen Mentor zur Seite gestellt bekommt oder sich bei externen Seminaren mit anderen darüber austauschen kann, wie es einem mit dem neuen Job geht. Schwierig ist es für eine neue Führungskraft vor allem, wenn sie aus einem Team aufgestiegen ist. „Die Dynamik ändert sich, man ist nicht mehr einer der Kollegen, sondern plötzlich der Chef“, erklärt Executive Coach Gudrun Happich. Bei der Boston Consulting Group (BCG) zum Beispiel werden junge Berater deshalb in Themen wie Konflikt- und Erwartungsmanagement, Delegieren, aktives Zuhören und konstruktives Feedback geschult, sagt Personalchef Christian Krammer. Aber sie müssen auch lernen, die eigenen Führungsstärken und -schwächen zu erkennen. Gibt es solche Seminare im Betrieb nicht, kann man sich selbst in diese Themen einlesen, rät Happich. In Bereichen, in denen man sehr große Lücken sieht, sollten Anfänger Schulungen einfordern. Doch die Schulung ist das Eine – die Umsetzung dessen, was man gelernt hat, das Andere. Schon deshalb ist ein Coach an der Seite einer neuen Führungskraft sinnvoll, auch für das Unternehmen. Denn im Job kommt es immer ein bisschen anders, als in den Seminaren besprochen.
„Jedes Team hat seine Spezialfälle“, erzählt Hesener-Tenhaken. „Das kann ein Mitarbeiter sein, der seine Arbeit nicht ordentlich macht, ein psychisch Labiler oder Suchtkranker“, erklärt Beraterin Hoffmeister-Schönfelder. Diese Probleme müssen angegangen werden, damit sie keine großen Dimensionen annehmen und die Probleme gleich gelöst werden.
Nun gibt es Chefs, die sich an dem Wort „Chef“ ergötzen und finden, dass nur ihre Meinung zählt. Natürlich ist eine Führungskraft diejenige, die eine Entscheidung fällt und für diese gerade steht. Dennoch: Ohne seine Mannschaft ist der beste Chef nichts – und das sollte er die Mitarbeiter vom ersten Tag an spüren lassen. Die Mitarbeiter haben das Fachwissen, sie kennen das Gefüge im Unternehmen, sagt Beraterin Happich. Wenn jemand kommt, der ihnen ihre Arbeit erklären will, reagierten die meisten Kollegen allergisch. Ein Minenfeld kann sich auch auftun, wo ein junger Mensch zum Chef eines Teams wird, in dem Mitarbeiter sitzen, die älter sind. „Hier kommt es darauf an, eine gute Mischung aus der Erfahrung des Teams und den neuen Ideen des Chefs hinzubekommen“, so Hoffmeister-Schönfelder.
Ein Teamleiter muss auch Teamplayer sein und für seine Mannschaft gute Arbeitsbedingungen schaffen – aber das geht nicht von heute auf morgen. Das erste Jahr im Führungsjob sei ein Ausnahmejahr, sagt Happich. Probleme entstehen für neue Führungskräfte, wenn nicht alle Entscheidungsträger und Mitarbeiter eingebunden werden. Darauf sollte geachtet werden.
Petra Hesener-Tenhaken hat niemals das Gefühl gehabt, sie könne nicht führen. „Aber das zweite Mal war ganz anders als das erste Mal. Die Entscheidung war sehr bewusst, und ich war von meiner Persönlichkeit an einer ganz anderer Stelle.“ Eines ist bei ihrer aktuellen Führungsposition einfacher: „Ich bin älter und habe damit schon eine gewisse natürliche Autorität.“