Ingenieure, Betriebswirte und Informatiker haben beim Berufseinstieg nach wie vor die Nase vorn. Doch die positive Wirtschaftslage hilft auch den Absolventen anderer Fächer.

Die Mehrheit (81 Prozent) der Unternehmen in Deutschland will 2015 neue Mitarbeiter an Bord holen. Gerade die Mittelständler seien zurzeit besonders einstellungsfreudig, ergab eine Arbeitsmarktstudie der Personalberatung Robert Half. Davon profitieren natürlich auch – und sogar im Besonderen – die Hochschulabsolventen. „Wir merken, dass die Unternehmen sich aufgrund des demografischen Wandels verjüngen wollen, um langfristig ihren Personalbestand zu sichern“, sagt Mandy Käpnick, die die Hamburger Niederlassung des international tätigen Personaldienstleisters Academic Work leitet.

Ein großes Stück vom Kuchen geht an Absolventen, die einen wirtschaftsnützlichen Studiengang absolviert haben. Dazu gehören laut Käpnick diejenigen, die Ingenieurwesen, vor allem Maschinenbau, studiert haben, Controller, Marketingfachleute und Einkäufer. „Gerade in Hamburg sind auch viele Logistiker gefragt“, ergänzt die Personalexpertin. „Mit diesen Abschlüssen hat man aktuell sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.“

Annedore Bröker ist Beraterin im Team akademische Berufe bei der Hamburger Arbeitsagentur. Wer am Markt besonders gefragt ist, merkt sie vor allem daran, dass die anderen zu ihr kommen und Unterstützung suchen. „Am häufigsten sind das die Geisteswissenschaftler“, sagt Bröker. „Sie bleiben die Gruppe, die es besonders schwer hat.“ Den Grund dafür sieht sie darin, dass Soziologen und Kulturwissenschaftler mit keinem klaren Berufsbild von der Uni kommen. „Für den Berufseinstieg müssen sie sehr kreativ sein“, sagt die Beraterin.

Aber sie weist auf einen kleinen Hoffnungsschimmer hin: „Auch für Geisteswissenschaftler ist der Markt besser geworden. In wirtschaftlich guten Zeiten interessieren sich Unternehmen auch für diejenigen, die nicht BWL studiert haben“, sagt Annedore Bröker. Zudem sieht sie viele wachsende Bereiche, in denen es vor allem auf Soft Skills und Hochschulabschluss ankommt, das Fach aber relativ egal ist. „Als Social Media Manager zum Beispiel haben auch Skandinavisten in Wirtschaftsunternehmen eine Chance.“

Kaum Jobs im Kulturbereich

Vakanzen direkt in Kunst, Kultur oder Sozialem seien dagegen kaum vorhanden, sagt Andrea Gensel, Inhaberin der Personalberatung Job-Campus. Sie empfiehlt Abiturienten, die einen Studiengang in solchen Fächern anpeilen, sich vor der Entscheidung zu fragen, ob sie sich freiberufliches Arbeiten und ein Leben mit relativ wenig Geld auf Dauer vorstellen können.

Auch Gensel sieht die üblichen Verdächtigen bei der Stellensuche vorn: „Elektroingenieure werden händeringend gesucht, ebenso Wirtschaftsingenieure, Medizintechnik- und Vertriebsingenieure.“ Außerdem seien Juristen, Mediziner und Lehrer gefragt. Sie findet über den guten Hochschulabschluss hinaus aber ein anderes Kriterium enorm wichtig, soll die Jobsuche denn erfolgreich werden: die Eigeninitiative.

„Hier spiegelt sich die Einstellung der Absolventen, die uns als Arbeitgeber und Personalberater eine Menge zeigt“, sagt sie. „Wird sich eigeninitiativ geholt, was benötigt wird, oder abgewartet, was gebracht wird?“ Diese beiden Typen begegneten ihr in jeder Einstellungsrunde. „Der erste Typus wird, egal mit welchem Hochschulabschluss, deutlich höhere Chancen haben, eine adäquate Herausforderung zu finden.“

Und welche Abschlüsse wollen Arbeitgeber sehen? „Der Mittelstand schreibt dem Master eine weniger wichtige Rolle zu, als gemeinhin angenommen wird“, sagt Andrea Gensel. Allerdings bringe der Master Vorteile, sofern der Absolvent eine Führungsposition anstrebt: „Denn einen Bachelor-Absolventen einem Team mit Master-Abschluss überzuordnen wird selten für gut erachtet“, erklärt sie.

Master-Abschlussnote meist besser

Mandy Käpnick von Academic Work sieht den Master-Abschluss in vielen Fällen dagegen nur als ein „nice to have“. „Unsere Erfahrung ist, dass auch Arbeitgeber im Ingenieurwesen nicht unbedingt Masterabsolventen haben wollen.“ Argument fürs Masterstudium kann allerdings die Abschlussnote sein: „Der Master fällt in der Regel besser aus als der vorangegangene Bachelorabschluss“, sagt Käpnick. Gerät man an ein Unternehmen, das großen Wert auf beste Noten legt, kann das schon den Unterschied machen.

Beraterin Annedore Bröker wiederum schreibt Absolventen mit „nur“ einem Bachelor vor allem im Fach BWL gute Chancen zu. „In den Naturwissenschaften dagegen muss man seinen Master machen.“ Ein Bachelorabsolvent in der Chemie habe es am Arbeitsmarkt fast schwerer als ein Chemielaborant nach seiner dreieinhalbjährigen praxisnahen Berufsausbildung.

Auch für alle anderen Berufseinsteiger gilt: „Ohne praktische Erfahrung geht gar nichts mehr“, wie Mandy Käpnick sagt. Und die sollte man im echten Arbeitsleben gesammelt haben. „Virtuelle Firmen, mit denen man an einigen Hochschulen arbeitet, reichen nicht.“ Auch wenn ein Informatiker für sich allein tolle Arbeitsproben programmiert hat, gilt das Arbeitgebern nicht als relevante Praxis. „Sie wollen, dass die Erfahrungen wirklich im Unternehmensumfeld gesammelt werden“, sagt Käpnick. Darum finden Unternehmen oft auch Absolventen von Fachhochschulen besonders attraktiv: „Weil dort der Praxisanteil groß ist.“

Insgesamt hängt es aber vor allem vom einzelnen Fachbereich ab, ob Absolventen einer bestimmten Einrichtung für den Arbeitgeber interessant sind. „Das Image spielt eine große Rolle“, sagt Annedore Bröker. Und das bildet sich auch durch persönliche Erfahrung. „Oft haben die Hochschulen im Unternehmen einen guten Ruf, an denen der künftige Vorgesetzte selbst studiert hat“, gibt Mandy Käpnick ein Beispiel. „Oder wenn der Arbeitgeber bereits gute Erfahrungen mit Absolventen von dieser Hochschule gemacht hat.“

Bewerbung als Türöffner

Für den Berufseinsteiger heißt das: Da spielt immer auch der Zufall mit. Was Absolventen dagegen entscheidend beeinflussen können, sind ihre Bewerbungsunterlagen. Am schwersten fällt es den meisten, einen knackigen Einstiegssatz für ihr Anschreiben zu finden. „Ich habe mal unsere Recruiter danach gefragt“, erzählt Mandy Käpnick und hat zwei Beispiele parat, was bei den Kollegen gut angekommen war. „Als ich Ihr Stellenangebot für Junior-Controller sah, dachte ich mir, hier trifft Angebot auf Nachfrage.“ Oder auch: „Die Automobilindustrie ist mein Zuhause, Fahrzeuge sind meine Leidenschaft und meine internationale Erfahrung meine größte Stärke.“

Annedore Bröker empfiehlt fürs Anschreiben: „Mit Fakten aufwarten, seine fachlichen Highlights herausstellen.“ Sich trauen, ein bisschen anders zu sein. „Die Anschreiben kranken alle an Blutarmut“, sagt sie. „Hiermit bewerbe ich mich auf...“ und „Mit großem Interesse habe ich gelesen...“ sollten Bewerber sich verkneifen. „Aktiv formulieren“, sagt Bröker mit Nachdruck. Statt ein Praktikum „absolviert“ zu haben, schreibt man: „Ich habe am Projekt xy mitgearbeitet.“

Natürlich gebe es nie den einen perfekten Einstieg, sagt Bröker. „Aber die Bewerbung muss mit Begeisterung für genau diese Stelle erfüllt sein. Darauf kommt es an.“ Dann steigen die Chancen, dass man nicht nur eine der zahlreichen offerierten Stellen ergattert, sondern gleich direkt bei seinem Wunschunternehmen landet.