Von den täglichen Aufgaben eines Tierpflegers haben viele eine falsche Vorstellung
Es den Tieren so schön wie möglich zu machen in dem ihnen angebotenen Raum, gehört zu meinen Aufgaben“, sagt Laura Pinero, die im zweiten Lehrjahr bei Hagenbeck den Beruf des Tierpflegers Fachrichtung Zoo erlernt. „Das bedeutet, größtenteils mache ich hier sauber.“ Gerade hat sie im Vogelhaus die Käfige und Volieren gereinigt – zwei Stunden lang – und es ist erst 9 Uhr.
„Mich faszinieren fast alle Tiere – ein Bezug zu Vögeln fehlte mir bisher jedoch. Jetzt lerne ich, sie zu beobachten und erfahre viel Neues über sie“, sagt die 21-Jährige. Für ihren Traumberuf steht Laura, die aus Pinneberg kommt, früh auf. Ihr Wecker geht um 4 Uhr, um 5.20 Uhr fährt sie los. „Ich bin mit Tieren aufgewachsen und habe mich nach der elften Klasse am Gymnasium zu einem zweiwöchigen Praktikum im Tierpark Hagenbeck beworben.“ Ein guter Einstieg, denn eine andere Auszubildende gab ihr den Tipp, eine Einstiegsqualifizierung, die die Handelskammer anbietet, zu machen. „Damit konnte ich das Praktikum auf zehn Monate verlängern.“ Danach wurde ihr ein Ausbildungsplatz angeboten.
Tobias Taraba wusste bereits als Schüler: „Ich werde Zootierpfleger.“ Der Wolfsburger begann seine Laufbahn bei Hagenbeck, wurde nach der Ausbildung zunächst als Springer übernommen, kennt dadurch alle Tiere im Park und hat seit kurzem mit Tigern, Bären und Riesenottern ein eigenes Revier. „Ich komme nie in direkten Kontakt mit diesen Wildtieren“, stellt der 27-Jährige klar, während er für Tigerin Maruschka und Tiger Lailek die Gittertüren zum Außengehege entriegelt. „Viele Menschen haben von unserem Beruf eine falsche Vorstellung. Mit Streicheln hat das nichts zu tun.“ Und wie kam er zu seinem Traumjob? „Ich habe mich damals mit 16 Jahren bundesweit um eine Ausbildungsstelle beworben.“ Zuvor machte er mehrere Praktika in einem Münchner Tierheim und einer Zootierhandlung, „aber das war alles nichts für mich“. Unterstützung bekam Taraba nicht, im Gegenteil. „Meine Biologielehrerin sagte, mit meiner Drei in Biologie werde das wohl nichts mit einer Lehrstelle.“ Beim Arbeitsamt bekam er in der 9. Klasse den Rat, lieber einen anderen Beruf zu ergreifen. Nicht ohne Grund. „Es gibt auch heute noch viele arbeitslose Tierpfleger“, sagt Taraba.
Cheftierpfleger und Ausbildungsleiter Walter Wolters begann vor 34 Jahren als Lehrling bei Hagenbeck. „Zootierpfleger ist eine Mischung aus Handwerk und sozialem Beruf – die Tiere stehen immer an erster Stelle. Zugleich ist es eine körperlich anstrengende Arbeit, und zwar bei jedem Wetter.“ Mistkarren schieben, Anlagen instand halten – in einigen Revieren mache das Reinigen der Innen- und Außengehege drei Viertel der Arbeitszeit aus. Durch die vielen Zoo-TV-Sendungen wurde der Beruf zwar aufgewertet. Der Nachteil: Es gibt noch mehr Bewerber in Zoos und Tierparks. Die Anforderungen sind gestiegen. Tierpfleger müssen bei Schaufütterungen vor größeren Gruppen frei sprechen und häufige Besucherfragen immer wieder höflich beantworten. Ebenso gehört die Beschäftigung der Tiere zum Job. „Unsere Pfleger denken sich immer wieder Neues aus“, sagt Wolters.
Hagenbeck bildet für den eigenen Bedarf aus und beschäftigt derzeit 60 Tierpfleger, darunter sind zehn Azubis. „Wir mussten noch niemanden wegschicken, der bleiben wollte“, sagt Wolters. Jedoch sind pro Jahr nur drei Lehrstellen zu vergeben, und beim Cheftierpfleger landen dafür sehr viele Bewerbungen. Die Azubis durchlaufen alle 14 Abteilungen, darunter elf Außenreviere jeweils zwei bis drei Monate lang, und sie verbringen je einen Monat bei Gärtnern, im Handwerk und beim Tierarzt. Sie lernen, welche Pflanzen für welche Tierart fressbar und welche giftig sind, wie Käfige und Gehege sicher gebaut werden und weshalb für Untersuchungen der Kot frisch sein muss. Berührungsängste dürfen angehende Pfleger nicht haben. Insekten, Würmer und Küken werden regelmäßig angeliefert – jedoch keine lebenden Tiere verfüttert. Das fachgerechte Töten einer Futterratte gehört ebenfalls zur Ausbildung.
Zimperlich sollten Bewerber nicht sein. „Wir müssen entschlossen zupacken, wenn Tiere für Untersuchungen oder einen Transport eingefangen werden“, erklärt Laura. „Das geht nicht immer ohne Kratzer ab. Man darf auch nicht schüchtern sondern selbstsicher den Tieren gegenüber auftreten – vor allem in den Außengehegen der Trampeltiere, Wapitis und Hirsche, die beim Misten in der Anlage bleiben.“
Die Mühe der Pfleger tagaus tagein – auch an Feiertagen – wird durch einmalige Momente mit den Tieren belohnt. „Etwas ganz Besonderes sind Geburten oder wenn neue Tiere ankommen“, sagt Tobias Taraba. Wie Tigerkater Lailek. Als sich beide Tiger frühmorgens vor Öffnung des Tierparks zum ersten Mal in der Außenanlage gegenüberstanden, beobachtete Taraba sie mit angehaltenem Atem. Sein Tipp: „Prüft genau, ob der Beruf für euch richtig ist.“ Durch viele Praktika so früh wie möglich, rät der Verband der Zootierpfleger.
Hat ein Bewerber das Auswahlverfahren bei Hagenbeck mit Test, Diktat, Gespräch und Rundgang geschafft, kann er in einem zehntägigen Praktikum zeigen, ob er über das nötige Fingerspitzengefühl verfügt. „Ist ein Wildtier krank, zeigt es das nur selten. Manchmal suchen sich sogar die Tiere ihre Pfleger aus – gerade sensible Tiere wie Elefanten, Robben, Tiger oder Orang-Utans“, sagt Wolters. „Zudem dürfen Pfleger keine Angst haben, nur Respekt.“