Die Leserfrage: Ich bin wegen eines Beinbruchs noch krankgeschrieben, möchte aber trotzdem arbeiten gehen. Ich soll zwar nicht stehen, könnte aber die Kollegen im Büro unterstützen. Darf ich das rechtlich gesehen?
Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Grundsätzlich beinhaltet die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes kein Arbeitsverbot. Vielmehr bescheinigt der Arzt nur die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit, ohne dass dieser Zeitraum auch tatsächlich voll ausgeschöpft werden muss. Es ist durchaus möglich, dass ein Arbeitnehmer schneller als in der Arbeitsunfähigkeit prognostiziert wieder gesund ist. Fühlen Sie sich also trotz Ihres Beinbruchs wieder arbeitsfähig, können Sie Ihre Arbeit vorzeitig wieder aufnehmen. Wichtig ist dabei, dass Sie in Ihrem Betrieb wieder als anwesend „geführt“ werden.
Auf der anderen Seite ist ein Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht aber gehalten, für den Erhalt der Gesundheit seiner Mitarbeiter Sorge zu tragen. Deshalb sollte er jeweils prüfen, ob ein Mitarbeiter, der vorzeitig seine Arbeit aufnimmt, tatsächlich den Eindruck macht, wieder einsatzfähig zu sein. Hat er hieran den geringsten Zweifel, sollte er seinem Mitarbeiter untersagen, vorzeitig wieder zu arbeiten.
Gemäß Paragraf 7 Absatz 2 Sozialgesetzbuch VII behalten Sie bei einer vorzeitigen Arbeitsaufnahme grundsätzlich auch Ihren Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Dieser kann allenfalls dann gefährdet sein, wenn ein Arbeitsunfall nur deswegen eingetreten ist, weil der Arbeitnehmer aufgrund der durch die Krankheit reduzierten Konzentrations- und Leistungsfähigkeit nicht in der Lage war, die Arbeit wieder ordnungsgemäß aufzunehmen oder den Weg zur Arbeitsstätte sicher zurückzulegen.
In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass die Berufsgenossenschaft ihre Leistungspflicht bestreitet. Derartige Probleme lassen sich dadurch vermeiden, dass Sie sich von Ihrem Arzt eine neue verkürzte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen lassen, die einen Tag vor Ihrer tatsächlichen Arbeitsaufnahme endet.
Unsere Autorin Silke Grage ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in Hamburg. www.ra-grage.de