Die Zahl der privaten Hochschulen in Deutschland wächst und wächst. Vor einer Entscheidung empfehlen Experten, mit deren Studenten zu sprechen und auf staatliche Anerkennung zu achten.
In ganz Deutschland gibt es heute laut Hochschulkompass 113 private Hochschulen. Die meisten noch nicht einmal seit einem Jahrzehnt: Im Jahr 2000 lag ihre Zahl noch bei 47. Allein in Hamburg sind es inzwischen 14 Private, neun davon staatlich anerkannt. Viele setzen ihren Schwerpunkt bei den Wirtschaftsstudiengängen, doch darüber hinaus reicht das Fächerangebot von Psychologie und Gesundheitswissenschaften über Modedesign bis hin zu Rechtswissenschaft und Journalistik.
Oft haben sich private Hochschulen eine Nische gesucht, in der staatliche Hochschulen wenig aktiv sind. Dazu zähle zum Beispiel die Bucerius Law School in Hamburg, die ein neues Konzept für das Jurastudium entwickelt hat, sagt Frank Ziegele, Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE). Ein anderes Beispiel sei die Jacobs Universiy Bremen, die besonderen Wert auf die Interdisziplinarität ihrer Studienangebote legt.
Bei den privaten Hochschulen waren laut Statistischem Bundesamt im Studienjahr 2011/2012 mehr als 125.000 Studenten eingeschrieben. Das waren rund 40.000 mehr als drei Jahre davor. „Die Nachfrage ist größer als je zuvor“, sagt Piret Lees vom Verband der Privaten Hochschulen. Ursache dafür sind auch die doppelten Abiturjahrgänge, die an die Unis strömen.
Viele Berufe werden akademisiert
Gleichzeitig verlagere sich einiges am Bildungsmarkt, sagt Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. „Viele Berufe, die man früher in einer dualen Ausbildung lernte, werden akademisiert.“ Ein Beispiel ist der Ergotherapeut. Mussten angehende Fachkräfte vor Jahren mehrere Tausend Euro für die Ausbildung an einer Fachschule zahlen, geben sie das Geld heute für eine private Hochschule aus. Auch im Tourismusbereich gibt es mehr und mehr Angebote privater Hochschulen.
Außerdem haben viele Unternehmen ein Interesse an den privaten Hochschulen, erklärt Berit Heintz vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Sie kooperieren mit ihnen im Rahmen eines dualen Studiums. Durch die Ausbildung parallel zum Studium können die Firmen qualifizierte Fachkräfte früh an sich binden. „Denn wer erst eine duale Ausbildung macht und dann zum Studieren in eine andere Stadt geht, kommt nicht so leicht wieder“, sagt Heintz.
Ob für Abiturienten eine private oder eine staatliche Hochschule die richtige ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Studenten sollten sich zunächst über ihr Budget klar werden. Denn die Studiengebühren an den Privaten bewegen sich zwischen 3000 und 30.000 Euro pro Jahr. Dafür bekommen sie in der Regel eine Hochschulausbildung, die stark an der Praxis orientiert ist und weniger Forschung betreibt.
Firmen engagieren sich mit Stiftungsprofessur
Der Kontakt zu Unternehmen ist oft eng, Studenten können potenzielle Arbeitgeber schon während des Studiums kennen lernen. Teilweise engagieren sich Unternehmen auch im Rahmen einer Stiftungsprofessur oder schicken Experten aus ihrem Haus als Gastdozenten an die Hochschule. Außerdem sind bei den Privaten die Lerngruppen in der Regel kleiner, Tutorien gibt es nach Bedarf, und Wartelisten für Vorlesungen kennen die Studenten nicht. Darüber hinaus gilt die Betreuung durch die Professoren als intensiver und persönlicher.
Der Nachteil: An einer privaten Hochschule kann man nicht „alles“ studieren, wie eben an staatlichen Universitäten. Ungewöhnliche Fächer werden nicht angeboten, weil die Nachfrage zu gering ist. Und durch die straffe Studienorganisation mag mancher Freigeist die Privaten als zu verschult empfinden.
Frank Ziegele vom CHE empfiehlt, vor der Entscheidung für ein Institut Hochschulrankings zu studieren. Daraus könnten sich Anhaltspunkte ergeben, ob sich die Investition lohnt. Danach solle man zur Uni fahren „und sich mit den Leuten unterhalten, die schon seit ein paar Jahren studieren“. Daraus ergebe sich meist ein realistisches Bild vom Studienalltag.
Bei der Auswahl kritisch bleiben
Ein kritischer Blick ist wichtig, denn laut einer Veröffentlichung des Wissenschaftsrats aus dem Jahr 2012 lässt sich in den Urteilen der Studenten eine große Bandbreite zwischen sehr positiven und relativ schlechten Bewertungen feststellen.
„Man sollte darauf achten, dass die Hochschule staatlich anerkannt ist“, empfiehlt Susanne Schilden von der Hochschulrektorenkonferenz. So sei gewährleistet, dass sowohl die Bildungseinrichtung als auch der Abschluss eine gewisse Qualität haben.
CHE-Chef Frank Ziegele rät, sich bei den Hochschulen nach Studien zu erkundigen, die die Situation der Studenten nach dem Abschluss untersucht haben. So könnten Bewerber herausbekommen, wie rasch die Absolventen ihren Platz in einem Unternehmen finden und welche Positionen sie dort innehaben.