Top im Job: Der Kollege riecht oder benimmt sich peinlich? Ansprechen, sagt Coach Katrin Klemm
Da benimmt sich jemand peinlich, ist unpassend gekleidet oder riecht zu stark. Eine schwierige Situation für den Kollegen: Will er, dass der andere dieses Verhalten oder diesen Zustand "abstellt", muss er wohl oder übel ein Gespräch mit ihm führen.
"Viele trauen sich aber nicht, diese Themen anzufassen, sondern sie fangen an, die betreffende Person zu meiden", sagt Katrin Klemm, Business-Coach und Inhaberin der Firma "coaching mit k". Als Folge der nicht geführten heiklen Gespräche verschlechtert sich die Atmosphäre. "Und auch die Qualität meiner Arbeit sinkt, wenn ich mich mit einem anderen Mitarbeiter nicht so gut abstimmen kann. Das hat im schlimmsten Fall irgendwann sogar finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen."
Klemm: "Wenn zum Beispiel ein Kollege immer wieder Rechtschreibfehler macht, ich mich aber nicht traue, ihn darauf hinzuweisen, dann landen unsere Angebote - so fehlerhaft, wie er sie schreibt - beim Kunden. Das ist auch für den Ruf der Firma nicht gut."
Wer den Kollegen nun auf Schreibfehler, ungehobeltes Auftreten oder Schweißgeruch aufmerksam machen will, dem rät Business-Coach Katrin Klemm, "hart in der Sache, freundlich in der Beziehung" zu sein. Statt "Weißt du eigentlich, dass du ganz schön stark riechst?", besser: "Ich will dich nicht gängeln, und ich arbeite auch gern mit dir. Dazu gehört für mich, dass wir ehrlich miteinander sind. Deshalb lass uns drüber reden, was du tun kannst, um auch nach 12 Uhr noch frisch zu sein."
Der Kollege müsse deutlich machen, dass er den anderen nicht als Mensch ablehnt, sondern nur diese bestimmte Eigenart nicht mehr hinnehmen will. "Wie ich es formuliere, hängt von der Beziehung ab, die ich zum anderen habe", sagt Klemm.
Auch ein "Ich möchte, dass wir uns künftig noch riechen können" (mit Augenzwinkern), sei möglich - wenn es denn zu den Beteiligten passt. "Manche haben sogar das Talent, so ein Thema mit Humor zu transportieren."
Vor einem heiklen Gespräch sollte sich jeder von Interpretationen frei machen. Angesichts eines sehr kurzen Rocks sei die Aussage, "Na, du willst Herrn Müller wohl heißmachen", die absolut falsche. Besser ist, die Kollegin sachlich darauf hinzuweisen, dass trotz ihrer fachlichen Expertise der Geschäftskunde von ihrer Kleidung irritiert sein könnte. Klemm: "Überlegen Sie sich vorher, was Sie erreichen wollen." In diesem Fall wahrscheinlich: ein gemeinsames seriöses Auftreten, einen zufriedenen Kunden und einen guten Geschäftsabschluss. Zum auffallend kurzen Rock zu schweigen wäre also ebenso unnütz, wie die Kollegin mit einem Spruch zu provozieren.
Nicht selten geht der andere sogar zum Gegenangriff über. "Dann weiß ich, ich habe seine Emotionen getroffen", sagt Katrin Klemm. Also heißt es, einmal tief durchatmen und nicht zurückbeißen. "Stellen Sie klar, dass es nicht Ihre Absicht war, den anderen zu verletzen." Etwa so: "Ich will doch nicht, dass du dich schlecht fühlst, aber Frau Schmidt hat neulich die Nase gerümpft, als du an ihr vorbeigegangen bist. Ich will nur, dass das nicht mehr passiert."
Sich aufs Ziel zu konzentrieren, hilft immer. Zum Beispiel auch im Meeting, wenn der Kollege wieder einmal zu viel redet. Statt "Quatsch doch nicht immer dazwischen", sagt man: "Beschränken wir uns mal auf das eigentliche Thema, wir wollen dem Kunden doch kurzfristig ein Ergebnis liefern." Der erste Schritt sei immer, ein Thema auf der Faktenebene zu klären, sagt Katrin Klemm. "Gelingt das nicht, läuft auf der Beziehungsebene etwas falsch. Dann muss man zunächst darüber reden."