Experten verraten, warum gesunde Ernährung, Bewegung und Fitness für den Beruf sinnvoll sind. Am besten direkt nach der Arbeit oder in der Pause.

Zweimal pro Woche bringt Stefanie Carré nach Feierabend in der betriebseigenen Fitness-Lounge ihren Körper zu südamerikanischen Zumba-Rhythmen in Bewegung, zweimal geht es zum Muskelaufbau in den Kraftraum und zum Yoga. "Ich fühle mich fit und kann mir ein Leben ohne regelmäßigen Ausgleichssport nicht mehr vorstellen", sagt die 31-jährige IT-Mitarbeiterin der Otto Group. Dank der Kombination aus Herz-Kreislauf-Training und Kraftsport fühle sie sich insgesamt leistungsfähiger und ausgeglichener als vor Beginn ihrer Sport-Initiative vor mehr als einem Jahr - auch Rückenschmerzen oder Nackenverspannungen, so Carré, seien seit Langem "kein Thema mehr".

Auch Karsten von Rabenau, Bereichsleiter des Gesundheitsmanagements aktiv.net der Otto Group, sieht das Sportangebot als eine der zentralen Säulen der gesundheitlichen Prävention. "Unsere Gene sind seit der Steinzeit auf Bewegung programmiert. Eigentlich müssten wir mindestens 15 Kilometer pro Tag laufen, um gesund zu bleiben. Im Durchschnitt gehen wir heute allenfalls 750 bis 1000 Meter pro Tag."

Die Arbeitsplätze mit dem größten Gefahrenpotenzial sieht von Rabenau daher nicht im gewerblichen Bereich, sondern in den Büros am Schreibtisch. Die Kosten für den gesundheitlichen Raubbau tragen die Krankenkassen: Allein die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen schlagen mit über 36 Milliarden Euro pro Jahr zu Buche.

+++"Das macht glücklich, das macht schlank"+++

Als weiterer großer Risikofaktor für die Gesundheit gelten "Psychische Verhaltensstörungen", zu denen innere Unruhe, Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Erschöpfungszustände zählen, die sich im schlimmsten Fall zu einem "Burn-out" summieren. "Wachsender Wettbewerbsdruck zwischen den Unternehmen, beschleunigte Arbeitsabläufe und immer komplexere Kundenbedürfnisse steigern die Anforderungen an die Kompetenz und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Der so erzeugte Dauerstress schädigt die Gesundheit", sagt Gerhard Mahltig, Gesundheitsexperte der Techniker Krankenkasse (TK). Berater für Betriebliches Gesundheitsmanagement setzen auf ein mehrstufiges Präventionsmodell, das sich auch für den Hausgebrauch adaptieren lässt. Es besteht aus sportlichen Aktivitäten, ausgewogener Ernährung sowie Entspannungstechniken zur Burn-out-Prävention und Stressbewältigung.

"Klären Sie zuerst die Frage, auf welche Sportart Sie generell am meisten Lust haben", sagt Udo Wolf, Leiter der TK-Fitness-Lounge. Denn nur, wer Spaß hat, bleibt bei der Sache. Gleichzeitig müssen die körperlichen Voraussetzungen geklärt werden. Wer lange nicht aktiv war und über 35 Jahre alt ist, sollte seinen Gesundheitszustand von einem Arzt durchchecken lassen. Stefanie Carré hat mit Zumba ihren Traumsport gefunden. "Ich bin immer ziemlich fit gewesen und wollte eine tänzerische Sportart, die mich auspowert und gleichzeitig gute Laune auslöst."

Als ideale Sportarten für Neueinsteiger und Untrainierte gelten Wandern, Radfahren, Schwimmen oder Nordic Walking. "Gerade für Menschen mit einem geringen Fitnessgrad und Patienten mit chronischen Wirbelsäulenbeschwerden ist Nordic Walking die ideale Ausdauersportart", sagt Thomas Wessinghage, Ex-Europameister im 5000-Meter-Lauf. Auch das Pensum sollte erst allmählich gesteigert werden, rät Udo Wolf. "Nicht übertreiben und sich dabei überlasten. Zweimal pro Woche ist ideal." Der innere Schweinehund lässt sich mit einem Sportpartner und verbindlichen Terminen überwinden.

Wie der Sport fördert auch die richtige Ernährung das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit, was zahlreiche Untersuchungen von Neurowissenschaftlern bestätigen. Gesunde Lebensmittel und mehrere kleine, dafür regelmäßige Mahlzeiten empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). So gilt nach wie vor ein ausgewogenes Frühstück als idealer Einstieg in den Tag. Getreideprodukte wie Brot, Brötchen oder Müsli in Kombination mit Obst und Milchprodukten sorgen für Konzentrationsfähigkeit und gute Laune, sagt Silke Bornhöft, Ökotrophologin bei der Hamburgischen Gesellschaft für Gesundheitsförderung (HAG). Sie rät dringend davon ab, das Frühstück auszulassen. "Dadurch steigt das Risiko für Übergewicht, weil im weiteren Tagesverlauf das Hungergefühl mit energiereicheren Lebensmitteln gestillt wird."

+++Mehr Balance!+++

Vor allem ein gleichmäßig hoher Glucose- bzw. Blutzuckerspiegel garantiert die Leistungsfähigkeit des Gehirns. Um ihn stabil zu halten, rät Bornhöft, drei kleine Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst über den Tag verteilt zu essen. "Empfehlenswert ist es, das Obst schon zu Hause in kleine, mundgerechte Stücke zu schneiden und in einer Plastikdose mit an den Arbeitsplatz zu nehmen."

Wer keine warme Mittagsmahlzeit zu sich nehmen kann, sollte auf ein klassisches Butterbrot ausweichen, ergänzt von Salat, Joghurt und Obst. Die warme Mahlzeit könne problemlos auf den Abend verschoben werden. Wichtig ist vor allem regelmäßiges Trinken. Mindestens 1,5 Liter an verschiedenen Getränken brauchen Körper und Gehirn, um über den Arbeitstag leistungsfähig zu bleiben. Auch vier Tassen Kaffee oder schwarzer Tee seien erlaubt und in der Flüssigkeitsbilanz enthalten.

Für den Stressabbau bieten die meisten Krankenkassen ihren Versicherten ein umfangreiches Beratungs- und Kursangebot. Dazu zählen Yoga, Autogenes Training, Tai-Chi oder Burn-out-Prävention. Stefanie Carré nutzt einmal pro Woche die Mittagspause für den halbstündigen Kurs zur Muskelentspannung. "Dann habe ich für den Rest des Tages neue Energie gesammelt."

Auch ein Coaching kann helfen, einem Burn-out entgegenzuwirken, indem man lernt, die eigene Einstellung zum Beruf kritisch zu hinterfragen, die Ursache von mentalem und emotionalem Druck aufzudecken und sich davon zu befreien. Die Buchautorin und Stressbewältigungs-Expertin Gabriela Friedrich erklärt: "Wenn Perfektionisten aufhören, ihren persönlichen Wert an die Qualität ihrer Arbeit zu koppeln, nehmen sie sich viel Druck von der Seele." Wichtig sei auch die Bereitschaft, von unrealistischen Erwartungen an die eigene Karriere abzulassen und sich im Privatleben neue, sinnvolle Aufgaben zu suchen.