Wenn Chefs gut kommunizieren können, motivieren sie ihre Mitarbeiter. Wenn nicht, führt das zu Frustration und Dienst nach Vorschrift.
Da arbeitet der Mitarbeiter nun monatelang vor sich hin - engagiert, zielstrebig. Und was sagt der Vorgesetzte dazu? Nichts! Das hat Folgen: Der Mitarbeiter denkt, seine Arbeit wird nicht anerkannt. Das nächste Projekt wird er mit weniger Elan angehen. Der Chef - eigentlich sehr zufrieden mit dem Mitarbeiter - hat es geschafft, ihm die Motivation auszutreiben.
"Das ist ein ganz klassisches Missverständnis", sagt Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun. "Der Chef denkt, wenn er nichts zu der Arbeitsleistung sagt, heißt das doch, dass alles in Ordnung sei." Aber das ist ein Fehlschluss, erklärt der Hamburger Psychologe. "Was der Mitarbeiter unbedingt braucht, ist eine Resonanz, die erkennen lässt, dass der Chef sich mit der Leistung auseinandergesetzt hat."
Zur guten Kommunikation gehört, eine "Antenne" für den anderen zu haben
Ob mit Worten oder ohne: Kommunikation ist ein Minenfeld. "Man muss gucken, was der andere braucht - und ihn dann dort abholen", sagt Tom Nierth, Berliner Coach mit dem Schwerpunkt Persönlichkeitsentwicklung. Zur guten Kommunikation gehört für ihn Empathie: "Man muss eine Antenne für den anderen haben und sich auf Augenhöhe mit ihm bewegen."
"Ein guter Dialog gelingt, wenn man seinen eigenen Standpunkt klar vertreten kann", sagt Schulz von Thun, "und gleichzeitig für den Standpunkt und die Argumente des anderen aufgeschlossen ist." Zwei Fähigkeiten, die nicht viele Menschen in sich vereinigen, meint der Kommunikationsexperte.
Gerade für Führungskräfte ist gutes Kommunizieren jedoch eine wichtige Fähigkeit. Oder sollte es zumindest sein. Tom Nierth: "Ich bin oft schockiert, wie wenig gerade dem Mittelstand bewusst ist, dass Kommunikationsstärke eine Kompetenz ist, die man erwerben kann." Da heiße es oft einfach: Der kann Deutsch und Englisch - also los!
Von oben nach unten zu kommunizieren kommt bei Mitarbeitern nicht an
Typische Fehler in der Kommunikation zwischen Chefs und Mitarbeitern gibt es so einige. "Oft wird sich keine Zeit genommen", hat Bettina Schreyögg, Coach und Diplom-Psychologin aus Hamburg, festgestellt. "Damit meine ich sowohl die Gespräche zwischen Tür und Angel als auch den Appell, den die Führungskraft einfach so ins Büro ruft - ohne vorher vielleicht mal zu fragen, wie das Wochenende des Mitarbeiters war." Von oben nach unten zu kommunizieren, statt partnerschaftlich komme ebenfalls bei den meisten Mitarbeitern nicht gut an, sagt Schreyögg. "Und ein großer Fehler ist es auch, unprofessionell Feedback zu geben: etwa wenn die Führungskraft nur das schlechte Projekt kritisiert, statt eine ausführliche Fehleranalyse zu betreiben. In einem professionellen Feedback kommen überdies Lob und Kritik gleichermaßen vor."
Den Mitarbeiter in seiner Rede zu unterbrechen, Killerphrasen - "Das geht so nicht!" - einzusetzen, den anderen abzukanzeln - "Sie haben doch studiert, oder?" - nennt Tom Nierth als weitere kommunikative Entgleisungen. "Und auch Schweigen kann herablassend sein", sagt der Coach. Etwa wenn auf eine Aussage des Mitarbeiters nichts weiter als ein einfaches "Aha" folge.
"Das alles nimmt einem die Lust am Arbeiten", sagt Coach Tom Nierth. Wie es anders geht, hat er als Student im Praktikum selbst erlebt. Die Geschäftsführerin akzeptierte ihn als Impulsgeber und forderte den jungen Kollegen auf Zeit sogar als Sparringspartner heraus: "Damals habe ich mir die Nächte um die Ohren geschlagen, um gute Arbeit abzuliefern", erinnert sich der Kommunikationstrainer.
Doch während positive Gefühle die Kommunikation beflügeln, können negative sie so richtig stören: "Spontane Enttäuschung oder Wut - so etwas sollten beide Seiten kontrollieren", rät Psychologin Schreyögg. "Es macht immer ein bisschen angreifbar, wenn man seine Emotionen ungefiltert zeigt." Etwas anderes sei es aber, seinen Gefühlen verbal Ausdruck zu verleihen. "Das ist o. k.", sagt Bettina Schreyögg. "Ich darf überlegt formulieren, dass ich aufgeregt oder irritiert bin."
Mitarbeiter sollten unklare Aufträge des Chefs noch mal klar zusammenfassen
Kann der Mitarbeiter eigentlich auch selbst etwas tun, wenn sein Vorgesetzter schlecht kommuniziert, zum Beispiel unklare Ansagen macht? "Nur im Rahmen seiner Möglichkeiten", sagt Psychologin Bettina Schreyögg. "Man wird die Führungskraft nicht dazu bringen, sich zu ändern." Sie empfiehlt, unklare Aufträge noch mal zusammenzufassen. "Aber leiten Sie das nicht ein mit 'Ich habe noch nicht verstanden ...', sondern mit: 'Darf ich noch mal zusammenfassen ...'."
Friedemann Schulz von Thun findet es gut, wenn Mitarbeiter den Mut haben, deutlich zu sagen, was mit ihnen los ist. Zum Beispiel als Reaktion auf ein misslungenes Feedback: "Ich fühle mich jetzt als Schuldiger, aber die Gründe a, b und c haben dazu geführt, dass der Auftrag nicht rechtzeitig erfüllt werden konnte. Sehen Sie das auch so oder bleibt etwas an mir hängen?" So käme man auf eine Metaebene und würde sich nicht in Anschuldigungen und Beleidigtsein verstricken.
Und nicht zuletzt: Als Gesprächspartner nimmt man besser nicht alles zu persönlich. "Manche Reaktionen haben nichts mit dem Gegenüber zu tun", sagt Coach Tom Nierth. "Dann ist derjenige vielleicht nur mit dem linken Bein aufgestanden, oder er hat heute schon etwas Unangenehmes erlebt." Auch das kann man auf die Metaebene heben. Nierth: "Wenn man merkt, dass jemand empfindlich reagiert - egal ob es der Mitarbeiter oder der Chef ist - dann ist es gut, das einfach mal anzusprechen. Man redet kurz darüber - und oft ist das Kommunikationsproblem dadurch auch schon behoben."