Softwarekenntnisse fehlen, das Englisch ist eingerostet - dürfen Bewerber ihre Unterlagen beschönigen?
"Optimieren ja, beschönigen nein" - auf diese Formel bringt es Nina Zahm, Recruiterin beim Personaldienstleister Worksource, gefragt, wie stark Bewerber ihren Lebenslauf "aufhübschen" dürfen. "Je nach Stelle sind doch unterschiedliche Dinge relevant", sagt die Hamburgerin. Und gerade das, was in der ausgeschriebenen Position besonders gefragt ist, solle der Bewerber deutlich betonen. "Man verkauft ja ein Produkt - sich selbst."
Von echten Lügen im Lebenslauf rät Zahm dringend ab - zum Beispiel davon zu behaupten, man habe SAP-Grundkenntnisse, wenn man bislang nur einmal auf das Programm draufgeguckt habe. "Wenn es heißt 'Grundkenntnisse', geht der Leser davon aus, dass man mindestens einen Kursus gemacht hat", sagt Zahm. Wenn aber ein zumindest beschränktes Wissen über SAP für den Job wichtig ist? "Dann schreiben Sie von Ihren Erfahrungen mit 'verschiedenen Warenwirtschaftssystemen'", rät die Recruiterin. "Aber nur, wenn das wirklich wahr ist!"
"Alles, was man verspricht, muss man später leisten können", sagt Coach Martina Frisch aus Hamburg. "Wird man eingestellt und kann es dann nicht, ist man schon in der Probezeit wieder draußen." Sicher gebe es Lebensphasen, die Bewerber im Nachhinein lieber verschweigen würden - etwa das vertrödelte Jahr nach dem Schulabschluss. "Aber das muss man dann so darstellen, dass es vom einstellenden Unternehmen nicht schlecht bewertet wird", sagt Frisch. "Die wenigsten Menschen sind wirklich ein Jahr lang untätig gewesen."
Dann solle man sich fragen: Was habe ich in dieser Zeit gemacht, das für mein berufliches Fortkommen von Wert ist?, regt Frisch an. Reisen zum Beispiel fördert die interkulturelle Kompetenz, Jobben - und sei es nur als Servicekraft im Café - kann Teamfähigkeit, Diplomatie und Stressresistenz verbessern. "Versuchen Sie mal, sich in den anderen hineinzuversetzen. Wie wird das verstanden, was Sie in Ihrem Lebenslauf geschrieben haben?"
"Ein absolutes Nein", sagt die Berliner Personalberaterin Kerstin Kölling zum Schummeln. "Wenn es herauskommt, ist das ein Grund für die fristlose Kündigung. Und es ist relativ wahrscheinlich, dass man nicht damit durchkommt." Schnell enttarnt sei zum Beispiel der Versuch, etwas zu beschönigen, wenn es Belege gibt: Hat man ein Praktikum absolviert, existiert ein Zeugnis. Ist man schon ein Jahr arbeitslos, hilft es nichts, die vorangegangene Anstellung im Lebenslauf zu verlängern: Auch hier verrät das Arbeitszeugnis den Bewerber.
"Bei einer langen Berufstätigkeit von 20 Jahren oder mehr, braucht man allerdings nicht mehr unbedingt bei jedem Job den genauen Ein- und Ausstiegsmonat zu nennen", sagt Kölling. "Dann kann man durchaus schreiben: bis 2003 habe ich in diesem Unternehmen gearbeitet, ab 2004 war ich für jene Firma tätig."
Und was hält die Personalberaterin davon, eine relativ leicht zu erlernende Software unter "PC-Kenntnisse" anzugeben, die man tatsächlich aber noch gar nicht beherrscht? Wenn man es sich zutraut, das Programm wirklich so schnell zu lernen oder einen Freund hat, der es einem zügig beibringen kann, sieht sie darin kein Problem. Allerdings rät sie unbedingt davon ab, sich mit zu vielen bunten Federn zu schmücken: "Wenn der Eindruck aus dem Lebenslauf später nicht mit dem Bewerber übereinstimmt, kommt das beim Unternehmen auch nicht gut an." Authentisch sein sei das Wichtigste.
"In der Regel sind die meisten Bewerber ehrlich, was ihren Lebenslauf angeht", hat Recruiterin Nina Zahm festgestellt. "Nur viele können sich selbst schlecht einschätzen - sie über- oder unterschätzen sich." So werde zum Beispiel bei den Englischkenntnissen gern mal übertrieben. "Dann heißt es 'Englisch: fließend', obwohl man lediglich auf den Englisch-Leistungskurs verweisen kann und dazu noch in den letzten fünf Jahren nur per E-Mail auf Englisch kommuniziert hat." Zahm hat jedoch Verständnis dafür: "Jeder geht eben von seiner eigenen Messlatte aus und sieht das darum gar nicht als Lüge."