Die Leserfrage: Ich arbeite in einem kirchlichen Kindergarten und überlege, nun, aus der Kirche auszutreten. Was erwartet mich?
Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Kirchliche Kindergärten sind Tendenzbetriebe. Darunter versteht das Gesetz ein Unternehmen, das unmittelbar und überwiegend politischen, konfessionellen oder karitativen Zwecken oder der Berichterstattung und Meinungsäußerung dient.
Das Kündigungsschutzgesetz gilt auch in Tendenzbetrieben. Wer also eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung bekommt, kann sie vor dem Arbeitsgericht auf ihre Wirksamkeit überprüfen lassen. Anders als in einer gewöhnlichen Firma kann aber in einem Tendenzbetrieb eine personen- oder verhaltensbedingte ordentliche oder sogar außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer der Tendenz seines Arbeitgebers zuwiderhandelt.
Das ist der Fall, wenn er sich in einer Weise verhält, die mit der Weltanschauung des Arbeitgebers nicht vereinbar ist. Wer also einen kirchlichen Arbeitgeber wählt, muss sein Verhalten im Betrieb, aber auch seine private Lebensführung auf die Grundwerte der Kirche einstellen.
Nach dem Selbstverständnis der Kirche gehört es zum loyalen Verhalten eines bei ihr beschäftigten Arbeitnehmers, dass er Mitglied der Kirche bleibt. Der Kirchenaustritt verträgt sich aus der Sicht der Kirche nicht mit ihrer Glaubwürdigkeit und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Treten Sie also aus der Kirche aus, ist der Träger des Kindergartens berechtigt, Ihnen wegen einer schwerwiegenden Pflichtverletzung zu kündigen. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat (Urteil v. 2.7.08, Aktenzeichen: 7 Sa 250/08) eine solche Kündigung wegen Kirchenaustritts als rechtswirksam bestätigt.
Unser Autor Dr. Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. Im Internet unter www.rae-gleim.de