Der Master-Abschluss verdrängt den Diplom-Ingenieur. Doch es mehren sich die Stimmen, die ihn retten wollen. Und sei es nur als akademischer Grad.
Dem Ingenieur ist nichts zu schwör. Das ist spätestens seit dem Technik-Tüftler Daniel Düsentrieb ein bekannter Reim. Was aber reimt sich auf "Master of Science"? So heißt der neue Abschluss für Ingenieure im Zeitalter der Bologna-Reform. Der gute alte Diplom-Ingenieur, seit jeher eher ein Qualitätssiegel als eine Berufsbezeichnung, ist vom Aussterben bedroht. Das löst nicht nur Begeisterung aus. Die Stimmen derer mehren sich, die ihn retten wollen – und sei es nur als akademischen Grad.
"Dipl.-Ing." ist eine weltweit anerkannte Marke
"Es gibt keine guten Gründe dafür, den Diplom-Ingenieur abzuschaffen", sagt Prof. Ernst Schmachtenberg. "Im Gegenteil, der Dipl.-Ing. ist eine weltweit anerkannte Marke", erläutert der Rektor der Technischen Universität Aachen. "Die Marke wollen wir erhalten, ohne gleich den Bachelor und Master wieder abzuschaffen." Während der Debatten um die Bologna-Reform klang häufig die Sorge durch, ein Bachelor werde auf dem Arbeitsmarkt als zweitrangig angesehen. Schmachtenberg teilt solche Sorgen nicht: "Man muss das noch abwarten, aber ich bin da optimistisch", sagt der Präsident des TU9, eines Zusammenschlusses wichtiger technischer Universitäten.
Die Bachelor-Master-Struktur soll bleiben
An der Bachelor-Master-Struktur sollte nicht gerüttelt werden, meint auch Matthias Jaroch, Sprecher des Hochschulverbandes, in dem rund 25.000 Wissenschaftler zusammengeschlossen sind. "Es geht uns um den Titel des Diplom-Ingenieurs. Es muss auch künftig eine Möglichkeit geben, ihn zu führen." Prof. Schmachtenberg sieht das genauso: "Die Kultusministerkonferenz hat verordnet, dass ein Masterstudium mit einem Master zu enden habe", sagt er. "Aber in Österreich zum Beispiel geht es beim Ingenieursstudium auch anders." Dort endet ein Masterstudium an der Technischen Universität Wien mit der Master-Urkunde, mit der ein Dipl.-Ing. verliehen wird. Im deutschen Text stehe dann Diplom-Ingenieur, im englischen Master of Science (M.Sc.). Eine aus Schmachtenbergs Sicht ideale Lösung.
Starke Verschulung beklagt
"Die Berufsgruppe der Ingenieure hat sich mit dem Dipl.-Ing. immer identifiziert", ergänzt Willi Fuchs, Präsident des Verbands der Ingenieure. Durch die Umstellung der Abschlüsse gehe das verloren. Andererseits glaubt auch Fuchs, dass die Veränderung dringend nötig sei. Schon um junge Leute zum Studium nach Deutschland zu locken, seien international übliche Abschlüsse hilfreich. An den Hochschulen läuft Fuchs zufolge aber noch nicht alles rund: "Es gibt eine stärkere Verschulung, der Workload ist erhöht worden, das Studium gestrafft", erklärt der VDI-Präsident.
Nachbesserungsbedarf sieht auch der Hochschullehrerverband, gerade in den Ingenieurswissenschaften: Dort sei die Abbruchquote besonders hoch, sagt Matthias Jaroch. Der Vorteil des neuen Systems ist laut Willi Fuchs aber, dass Studenten mit dem Bachelor aussteigen können, wenn sie bis dahin gut mitgehalten haben. Und gute Bachelor-Absolventen an der Fachhochschule haben nun die Chance, für den Master zur Uni zu wechseln.
Nicht zu früh, eine Nische suchen
Fuchs empfiehlt angehenden Ingenieuren, sich die Hochschulen gründlich anzugucken. "Was ich sehr kritisch sehe, sind sehr spezialisierte Bachelor-Studiengänge", sagt der VDI-Präsident. Denn wer zu früh in der Nische landet, vermasselt sich womöglich die Berufsperspektiven – egal, wie dann der Abschluss lautet. (dpa)