Hamburg. Ermittler sichern “Black Box“. Polizei prüft fahrlässige Körperverletzung und Gefährdung des Schiffsverkehrs.
Jetzt wird die Blackbox untersucht: Experten der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg haben nach der Kollision des Mega-Containerschiffs „Ever Given“ mit einer Fähre der Hadag am Anleger Blankenese an Bord die Besatzung befragt und werden Daten sichern. Dazu gehören Radarbilder, der Funkverkehr, Wetterbilder, aber auch der Schiffsdatenschreiber, eine Art Blackbox. Dort sind in Audiodateien auch die Kommandos hinterlegt, die der Kapitän am Sonnabend zur Unfallzeit gegen 9.45 Uhr gegeben hat. Das sagte ein BSU-Sprecher dem Abendblatt.
Zudem hat die Wasserschutzpolizei eine Ermittlungsgruppe eingesetzt, die die Ursache für den Schiffsunfall feststellen soll. Gegen den 39 Jahre alten indischen Kapitän des Containerriesen ist ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und des gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr eingeleitet worden.
An dem 400 Meter langen Containerschiff der taiwanischen Reederei Evergreen „hing“ beim Unfall auch noch ein Schlepper. Er soll normalerweise dafür sorgen, dass das Schiff der Kategorie "Megamax Carrier" im Strom gehalten wird, also in der Fahrrinne der Elbe flussabwärts. Außerdem halfen Lotsen beim Manövrieren.
War die Ruderanlage intakt?
Dass der Frachter weiterfahren durfte, ist in so einem Fall üblich. "Das Schiff ist manövrierfähig", sagte ein Beamter. Einen Containerfrachter von dieser Größe kann man nicht einfach rückwärts wieder an seinen Liegeplatz bringen. Das würde die komplizierte Logistik an den Terminals durcheinanderbringen, so ein Beamter. Durch die Beamten an Bord sei sichergestellt, dass die Ermittlungen durchgeführt werden können. Hinweise auf einen Blackout, also den Ausfall der Ruderanlage, gibt es bislang nicht. „Das hätte man sehr schnell über den Schiffsdatenschreiber feststellen können“, so ein Beamter.
Zum Zeitpunkt des Unfalls hatten sich zwei Lotsen an Bord befunden. Sie sind nicht im Fokus der Ermittlungen, weil sie ausschließlich eine „beratende Tätigkeit“ beim Ablegemanöver und bei der Fahrt über die Elbe hatten, heißt es. Zudem wurde bekannt, dass ein Schlepper den Frachter zwar begleitete, aber keine Leinenverbindung gehabt habe.
Auch Ermittler vom starken Wind betroffen
Für die BSU war es ein vergleichsweise kleiner Unfall, weil das Seeschiff nur einen Kratzer abbekam. Gleichzeitig wurde die Fähre erheblich beschädigt, die Besatzungsmitglieder samt Kapitän leicht verletzt.
Die Ermittler von Polizei und BSU blieben zum Teil bis zum nächsten Stopp in Rotterdam an Bord. Wegen des starken Windes war das geplante Ausbooten vor Brunsbüttel zunächst nicht möglich.