Im kommenden Jahr wollen die Fahrensleute an Gründerzeiten vor 60 Jahren erinnern, mit einer Ausstellung, Treffen und Symposien.
Rostock. An ihre Fahrenszeit können sich die pensionierten Hochseefischer noch ganz genau erinnern. Eduard Otto beispielsweise war 13 Jahre Kapitän auf dem Fabrikschiff „Kurt Bartel“. „Das habe ich Ende 1978 in der Volkswerft in Stralsund selbst abgeholt“, erinnert sich der 69-Jährige. Silvester 1990 habe er es in China an den neuen Eigentümer übergeben, er sei von Bord gegangen, ohne sich umzudrehen. „Traurig“ sei es zum Schluss gewesen, als zur Wende die gesamte Flotte der Hochseefischerei zerschlagen wurde. Bis heute sind nur noch eine Handvoll Schiffe übrig geblieben. Im kommenden Jahr wollen die Fahrensleute deshalb an Gründerzeiten vor genau 60 Jahren erinnern, mit einer Ausstellung, Treffen und Symposien.
Mit im Vorbereitungskomitee sitzt Bernd Coijanovics. Auch er war Kapitän und engagiert sich heute im Freundeskreis Hochseefischerei. 1950 sei in Rostock der Grundstein für die später größte deutsche Hochseeflotte und einen eigenen Hafen gelegt worden. Fast 500 Schiffe mit zeitweilig bis zu 5000 Besatzungsmitgliedern seien unterwegs gewesen, erinnert sich der gebürtige Thüringer. Für DDR-Bürger sei Seemann ein Traumberuf gewesen. „Wer einmal an der Ostsee Urlaub gemacht hatte, wollte einfach nicht wieder weg vom Meer. Mir ging es genauso“, erzählt Coijanovics.
Ein großes Treffen Ehemaliger soll es zum 60. geben. Die Resonanz dürfte groß sein, denn schon im vergangenen Jahr kamen zu einem Treffen mehr als 2000 Fischerei-Mitarbeiter. Das solle aber mehr sein, als in alten Erinnerungen zu schwelgen, sagt Hermann Cziwerny. Der 63-Jährige war über Jahrzehnte auf zahlreichen Schiffen für die Fischverarbeitung direkt auf See verantwortlich. Seit 1991 betreibt er mit seiner Tochter Katrin in Rostock das international agierende Fischhandelsunternehmen Venfisk. Der Start erfolgte fast auf den Tag genau, als die DDR-Hochseefischerei aufhörte zu existieren.
„Leider haben wir kaum Exponate für eine Ausstellung über die Zeit retten können. Fast alles ist zwischenzeitlich verloren gegangen, auch aus unserem ehemaligen Traditionskabinett“, bedauert der Ex-Seemann. Jetzt hofft er auf möglichst viele Gäste im kommenden Jahr, die etwas zur Präsentation beisteuern können.
In Rostock selbst erinnert heute kaum noch etwas an die einst größte deutsche Fischfangflotte. Nach mehreren Eigentümerwechseln seit der Wende gehört die Mecklenburger Hochseefischerei als direkter Nachfolger des einstigen Fischkombinates zur holländischen Muttergesellschaft Parlevliet & Van der Plas. Von 500 Schiffen blieb weniger als ein halbes Dutzend übrig, von 5000 Seeleuten blieben 200. Den Einsatz der Flotte koordiniert Uwe Richter, auch er ist ein ehemaliger DDR-Hochseefischer. In seinem Büro im Fischverarbeitungszentrum „Euro-Baltic“ in Sassnitz-Mukran stehen noch viele der ehemaligen DDR-Fangschiffe, “allerdings nur als Modelle„, wie er sagt.
Nichtsdestotrotz hat Mecklenburg-Vorpommern immer noch die größte deutsche Hochseeflotte. Neben der Mecklenburger Hochseefischerei sind weitere Hochseefischerei-Unternehmen mit ihren Schiffen eingetragen. Modern und zukunftsträchtig ist diese Branche allemal. So wird ab kommendem Jahr weltweit zum ersten Mal ein Fischtrawler unter Segeln auf Fischfang gehen, sein Heimathafen ist Sassnitz. Dazu wird der Verarbeiter ROS-171 „Maartje Theadora“ auf den alternativen Antrieb mit einem Zugdrachen umgerüstet.
Die Ausstellung zur Hochseefischerei hat dadurch auch einen ganz aktuellen Aufhänger. Die Schau soll möglichst einen festen Platz in Rostock finden, wie die Organisatoren hoffen. Der beste Ort wäre das Traditionsschiff, sagt Bernd Coijanovics. Die Alternative, das Schifffahrtsmuseum in der Rostocker Innenstadt, ist seit Jahren geschlossen.