Die Deutsche Bank will sich über neun Milliarden Euro frisches Geld am Kapitalmarkt besorgen, um die Postbank übernehmen zu können.

Frankfurt. Die Deutsche Bank übernimmt die Postbank schneller als erwartet und will nun auch im Privatkundengeschäft in die europäische Spitzenliga. Der Deal kommt Vorstandschef Josef Ackermann aber teuer zu stehen: Deutschlands größtes Geldhaus muss 6,3 Milliarden Euro hinblättern und zusätzlich fast acht Milliarden frisches Kapital in die Postbank stecken, um diese für die schärferen Vorgaben der Regulierer zu rüsten. Dazu nimmt die Deutsche Bank die größte Kapitalerhöhung ihrer Geschichte in Angriff, wie in Medienberichten der vergangenen Tage angekündigt worden war. Rund zehn Milliarden Euro will sie einsammeln und sich damit nebenbei auch selbst ein Polster für die härteren Kapitalvorschriften zulegen, die am Wochenende von den Finanzaufsehern beschlossen wurden.

„Im Investmentbanking ist die Deutsche Bank bereits Weltspitze, im Privatkundengeschäft sind wir dabei, in die europäische Champions League aufzurücken“, sagte Ackermann am Montag bei der Präsentation der Übernahmepläne. Zusammen kommen die Häuser in Deutschland auf 24 Millionen Privatkunden, fast 2000 Filialen und gut 90.000 Beschäftigte. Mehr Kunden haben hierzulande nur Sparkassen und Volksbanken, die diesen Markt dominieren. Die Postbank gilt aber mit einer Kernkapitalquote von 7,3 Prozent als relativ schwach auf der Brust. Die Deutsche Bank peilt nach der Übernahme für den Gesamtkonzern 11,6 Prozent an, womit sie auch die neuen Vorgaben erfüllen könnte.

Mit der Postbank will Ackermann im Privatkundengeschäft auf mittlere Sicht über drei Milliarden Euro vor Steuern verdienen. Bislang peilt er für 2011 in der Sparte – ohne den Zukauf – nur die Hälfte an. Insgesamt rechnet der Schweizer im nächsten Jahr mit einem Gewinn von zehn Milliarden Euro, den Löwenanteil soll das Investmentbanking beisteuern. Ratingagenturen sehen die Abhängigkeit der Deutschen Bank von dem stark schwankenden Kapitalmarktgeschäft sehr kritisch. „Mit der Postbank steht der größere Deutsche-Bank-Konzern künftig auf zwei starken Säulen und verfügt über einen besser ausgewogenen Ergebnismix und insgesamt stabilere Erträge“, betonte der Vorstandschef.

Die Deutsche Bank hält seit längerem knapp 30 Prozent an der Postbank, weitere 40 Prozent liegen noch bei der Deutschen Post – diesen Anteil bekommt die Deutsche 2012 beziehungsweise 2013 über eine Pflicht-Umtauschanleihe und Optionen. Nun machen die Frankfurter Tempo und bieten den restlichen Aktionären des größten deutschen Privatkundeninstituts schon heute 24 bis 25 Euro je Aktie. Der genaue Preis auf Basis des Durchschnittskurses der vergangenen drei Monate wird in den nächsten Tagen festgelegt. Am Montag gaben die Postbank-Aktien 7,5 Prozent auf 25 Euro nach. Die Titel der Deutschen zogen – vor allem wegen der Erleichterung über nicht ganz so hart ausgefallene Kapitalregeln Basel III - um mehr als ein Prozent auf gut 48 Euro an.

Da das Angebot nur dem gesetzlich vorgeschriebenen Minimum entspricht, erwarten Analysten keine Begeisterungsstürme der Postbank-Eigner. „Es ist unwahrscheinlich, dass die Minderheitsaktionäre Aktien unter diesen Bedingungen anbieten werden“, sagte Heino Ruland, Finanzexperte von Ruland Research. Ackermann kündigte an, die Postbank in jedem Fall noch in diesem Jahr voll in die Bilanz nehmen zu wollen. Das setzt einen Anteil von mindestens 50 Prozent voraus. Da er eine Nachbesserung des Angebots ausschloss, dürfte die Bank wohl Aktien am Markt zukaufen, wenn nicht ausreichend viele Anteilseigner die Offerte annehmen. Die Frist zur Annahme beginnt laut Deutscher Bank nach Abschluss der Kapitalerhöhung Anfang Oktober, Ergebnisse stehen im November fest.

Den Einstieg bei der Postbank hatte Ackermann noch kurz vor dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 mit der Post eingefädelt, anschließend wurde der Preis wegen der verschärften Finanzkrise neu verhandelt. Die Post bekommt rund fünf Milliarden Euro. „Heute wäre die Postbank sicher billiger“, räumte Ackermann ein. Doch durch das Vorziehen der Komplettübernahme spare die Bank wiederum 1,7 Milliarden Euro. Denn ab nächstem Jahr hätte das Institut allen Postbank-Aktionären den mit der Post vereinbarten Wandelpreis von 45 Euro zahlen müssen. Allerdings muss die Deutsche Bank ihren Postbank-Anteil in den Büchern nun neu bewerten, was zu einer Abschreibung von 2,4 Milliarden Euro im dritten Quartal führt.

Derzeit hält die Deutsche Bank knapp 30 Prozent an dem Bonner Institut. Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen nach Angaben der Deutschen Bank AG am Sonntag, ein Übernahmeangebot für die Postbank vorzulegen. Je Postbank-Aktie dürfte sich ein Preis von 24 bis 25 Euro ergeben. Gleichzeitig fassten die Führungsgremien der größten deutschen Bank einen Grundsatzbeschluss über eine Kapitalerhöhung. Erwartet werde ein Bruttoemissionserlös von mindestens 9,8 Milliarden Euro.

Die Kapitalerhöhung diene zwar „in erster Linie der Finanzierung einer geplanten Konsolidierung der Postbank“, erklärte die Bank. Sie solle jedoch zugleich „auch die Kapitalbasis mit Blick auf regulatorische Änderungen und künftiges Wachstum stärken“. Es ist geplant, das Grundkapital der Deutschen Bank AG von 1589,4 Millionen Euro um 790,1 Millionen Euro auf 2379,5 Mio Euro zu erhöhen. Die Kapitalerhöhung entspreche 49,7 Prozent des bisherigen Grundkapitals.

Fest steht, dass Banken ihre Geschäfte künftig mit mehr Kapital unterlegen sollen. Das soll riskante Geschäfte eindämmen und die Kosten künftiger Krisen stärker auf die Schultern der Kreditinstitute verteilen. Am Sonntag einigten sich Chefs von Notenbanken und Aufsichtsbehörden über schärfere Regeln („Basel III“), gaben aber noch keine Einzelheiten bekannt.