Die US-Notenbank legt nach der schwersten Finanzkrise seit Jahrzehnten überraschend früh den Rückwärtsgang ein.

Washington. Die Federal Reserve erhöhte am Donnerstag den Zinssatz für Übernachtkredite von 0,5 auf 0,75 Prozent und verteuerte damit Notkredite für Banken. Zentralbank-Chef Ben Bernanke hatte den Schritt zwar kürzlich angekündigt, der frühe Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung seit Ausbruch der Krise im Jahr 2007 war aber unerwartet. An ihrem eigentlichen Leitzins rüttelte die Fed nicht. Sie strebe nur eine Normalisierung ihrer Konditionen für die Liquiditätsversorgung des Finanzsystems an und noch keine geldpolitische Wende, beteuerte sie.

Am Devisenmarkt sorgten Spekulationen auf weitere Zinserhöhungen dennoch für eine kräftige Aufwertung des Dollars und brachten umgekehrt den Euro unter Druck. Die Börsen in Tokio reagierten mit heftigen Abschlägen, in Europa hielten sich die Verluste in Grenzen. Da die Fed sich erst nach dem US-Handelsschluss zu Wort gemeldet hatte, rechneten Analysten dort am Freitag mit erheblichen Kursverlusten. Nachbörslich gingen die Aktienfutures auf Tauchstation. Am Rentenmarkt gaben die Kurse der Staatsanleihen ebenfalls nach.

Analysten sprachen von einem Aufbruchsignal der Fed, das den Finanzmärkten und der Öffentlichkeit eine neue Phase in der Bewältigung der Krise anzeigen solle. „Der Zyklus der Notversorgung begann mit einer Senkung des Diskontsatzes, als es vor allem darum ging, den Banken Liquidität so viel und so billig wie möglich zur Verfügung zu stellen,“ sagte Robert Rennie, Anlagestratege bei Westpac in Sydney. „Insofern bedeutet die jetzige Anhebung der Diskontrate, dass die lange Reise zur Normalität begonnen hat.“

Experten der Commerzbank betonten den symbolischen Wert der Aktion: Trotz gegenteiliger Beteuerungen ermögliche dieser Schritt es der Notenbank natürlich, in Zukunft auch das Zinsniveau zu normalisieren. „Dabei ist nicht mehr entscheidend, ob die erste Anhebung der Fed Funds Rate im August, September oder November erfolgt. Momentan ist entscheidend, dass der Eindruck überwiegt, die Fed sei die einzige unter den großen Zentralbanken, die überhaupt in absehbarer Zeit die Zinsen erhöhen kann.“

Die Fed hatte wie andere Notenbanken auch in der Krise ihre Zinsen massiv gesenkt und zusätzlich Unmengen an Wertpapieren angekauft, um die Bankenbilanzen zu entlasten und die Wirtschaft zu unterstützen. Der Zielsatz für Tagesgeld (Fed Funds Rate) steht aktuell bei 0 bis 0,25 Prozent und damit so niedrig wie noch nie. Durch die Erhöhung des Diskontsatzes nimmt der Abstand zwischen dem Leitzins und dem Zins für Übernachtkredite zu.

Die Fed erklärte, sie werde im Laufe der Zeit entscheiden, ob der Abstand noch stärker ausgeweitet werden müsse. Vor Ausbruch der Finanzkrise hatte der Diskontsatz üblicherweise einen vollen Prozentpunkt über der Federal Funds Rate gelegen.

Fed-Chef Ben Bernanke hatte vergangene Woche erklärt, die Notenbank werde den Diskontsatz möglicherweise bald anheben. Er muss am kommenden Mittwoch bei einer Anhörung im US-Kongress Rede und Antwort stehen. Dabei dürften ihm mit Sicherheit auch Fragen gestellt werden, wie er den weiteren Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik nun gestalten will. Am Donnerstag bekräftigte er die derzeit gängige Formulierung der Fed, der Leitzins werde noch „für eine längere Zeit niedrig bleiben“.

Die Fed muss nach ihren Liquiditätsspritzen und dem Ankauf von Wertpapieren im Gesamtwert von mehr als einer Billion Dollar ihre Bilanz langsam wieder bereinigen, wenn sie nicht auf mittlere Sicht einen Inflationsschub riskieren will. Ende März enden deshalb mehrere in der Finanzkrise aufgelegte Ankaufprogramme, darunter der 1,25 Billionen Dollar schwere Plan für immobilienbesicherte Anleihen. Diese spielten 2007 beim Übergreifen der Krise vom US-Immobilienmarkt auf weitere Teile des Finanzsystems eine zentrale Rolle.

Die Fed kündigte am Donnerstag zudem an, die maximale Laufzeit von Diskontkrediten – an Banken vergebene kurzfristige Kredite – wieder auf die vor der Krise übliche Frist über Nacht zu verkürzen. Die Regelung soll ab dem 18. März gelten, im Moment gilt eine Laufzeit von bis zu 28 Tagen. Auch soll der Mindestbietungssatz für die sogenannte Term Auction Facility, ein weiteres Programm zur Versorgung der Märkte mit Liquidität, auf 0,5 Prozent von 0,25 Prozent angehoben werden. Diese zusätzlichen Änderungen sollen die Institute ermuntern, bei kurzfristigen Krediten wieder mehr auf die privaten Finanzierungsmärkte zurückzugreifen.