Eine neue Welle der Empörung über Erfolgsprämien an Manager, deren Unternehmen 2008 riesige Verluste gemacht haben, breitet sich gerade in Europa und in den USA aus.
Es scheint, dass die Akteure der Finanzkrise aus ihrer negativen Erfahrung nichts gelernt haben. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo hat akribisch ermittelt, dass die neun großen US-Banken 2008 fast 100 Milliarden Dollar Verlust eingefahren haben, dafür 175 Milliarden Dollar vom Staat, also dem Steuerzahler, erhielten und zugleich 32 Milliarden Dollar Prämien an ihre Mitarbeiter ausgeschüttet haben. So hat zum Beispiel die von der Bank of America übernommene ehemalige Investmentbank Merrill Lynch trotz ihres enormen Verlustes von 27 Milliarden Dollar im Jahr 2008 fast eine Milliarde Dollar Prämien an etwa 700 Mitarbeiter bezahlt und die Citigroup, die vom Staat 45 Milliarden Dollar Hilfe bekam, schüttete ebenfalls eine Milliarde Dollar Prämien aus.
Auch in Deutschland sind die Boni bei den Banken wieder auf dem Vormarsch. Da die Bezeichnung Bonus aber inzwischen einen schlechten Ruf hat, heißen solche Zahlungen jetzt elegant verbrämt Stabilisierungszahlungen, leistungsbezogene Vergütungen oder Halteprämien. Es ist klar, dass diesen Zahlungen rechtswirksame Verträge zugrunde liegen, sie also juristisch in Ordnung sind, aber dennoch kommt darin ein erschreckendes Maß an Instinktlosigkeit zum Ausdruck.
Man muss leider feststellen, dass in den westlichen Staaten die Politik versagt hat und nicht in der Lage ist, die Prämienzahlungen an Banker einzudämmen. Zwar ist in Deutschland das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung vor Kurzem in Kraft getreten. Doch gilt es nur für Vorstände und läuft so weitgehend leer, da es die Boni für Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene nicht begrenzt. Ein Lichtblick sind die nun von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) veröffentlichten Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Sie sehen nun vor, dass die Vergütungssysteme keine "schädlichen Anreize" zur Eingehung unverhältnismäßig hoher Risikopositionen aufweisen dürfen und sich zukünftige negative Entwicklungen bei der Vergütung "widerspiegeln" müssen. Obwohl diese Vorschriften noch nicht hinreichend konkret sind, ist die Richtung in Ordnung.
In den USA hat das Repräsentantenhaus zwar seinen Willen bekundet, die Bonussysteme von den Aktionären bestimmen und von den staatlichen Regulierern genehmigen zu lassen, aber der Senat wird diese Vorlage ablehnen. Die britische Finanzaufsicht schreckt ebenfalls vor einer Regulierung der Boni zurück, um ihre Banken nicht zu benachteiligen. Damit sind die guten Vorschläge des G20-Gipfels zur Eindämmung der Boni nicht umgesetzt worden und drohen nun zu versanden.
Dieser falschen Entwicklung ist entschieden entgegenzutreten. Die G20-Länder müssen auf der Grundlage der Londoner Erklärung schnellstens international verbindliche Grundsätze für die Begrenzung von Bonuszahlungen beschließen, die mindestens folgende drei Punkte enthalten: Verantwortung von Aufsichtsrat und Hauptversammlung für das gesamte Vergütungssystem inklusive Boni, Verbot von Prämien, wenn das Unternehmen Verlust macht und Koppelung der Prämienzahlungen an die langfristige, mindestens dreijährige Unternehmensentwicklung. Damit könnten die Anreize zu kurzfristigen, aber hoch riskanten Geschäften beseitigt und einer Neuauflage der Finanzkrise ein Riegel vorgeschoben werden.
Professor Karl-Werner Hansmann ist Experte für Betriebswirtschaftslehre.