Athen. Wind gesucht, Proteststürme geerntet: Griechenland will vor Kreta in Küsten-Sichtnähe Windparks errichten. Es gibt eine Empörungswelle.
Segler wissen es: Kaum irgendwo in Griechenland wehen die Winde so stetig und stark wie in den Gewässern um die Insel Kreta. Davon sollen in Zukunft auch die Stromverbraucher profitieren. Vor den Küsten Griechenlands größter Insel plant die Regierung in Athen die ersten Offshore-Windparks.
Griechenland macht bei der Dekarbonisierung seiner Stromerzeugung bereits große Fortschritte. Im vergangenen Jahr kamen 57 Prozent der Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern. Besonders stark stieg in den vergangenen Jahren der Anteil der Solaranlagen an der Stromproduktion, nämlich von elf Prozent 2020 auf fast 23 Prozent im vergangenen Jahr. Der Anteil der Windenergie wuchs im gleichen Zeitraum von 21 auf 25 Prozent.
Griechenland will Windkraft-Kapazitäten nahezu verdoppeln
Weil die Solarkraftwerke schon jetzt in den Sommermonaten an vielen Stunden des Tages mehr Strom produzieren als überhaupt gebraucht wird, will die Regierung in Zukunft vor allem den Ausbau der Windenergie forcieren. Damit soll das Netz stabilisiert und die Versorgung mit Ökostrom auch in den Nachtstunden, wenn die Solaranlagen nichts liefern, sichergestellt werden.
Bis 2030 will die Regierung die Kapazität der Windkraftanlagen von derzeit fünf auf 9,5 Gigawatt (GW) fast verdoppeln. An Land sind die besten Standorte für Windparks allerdings bereits vergeben. Energie- und Umweltminister Theodoros Skylakakis setzt deshalb auf Windturbinen auf dem offenen Meer. Bisher gibt es in Griechenland keine Offshore-Windparks. Bis 2030 sollen sie eine Kapazität von 1,9 GW beisteuern. Für 2050 setzt das Ministerium sogar 17,3 GW aus 25 Offshore-Windparks an.
Zwei Offshore-Windparks vor Nordostküste Kretas geplant
Die beiden ersten Pilotanlagen mit einer Kapazität von 200 und 400 Megawatt (MW) werden vom halbstaatlichen Stromversorger PPC und dem privaten Energiekonzern Terna Energy vor der nordgriechischen Hafenstadt Alexandroupoli gebaut. Dann soll Kreta an die Reihe kommen. Dort will das Energieministerium Konzessionen für zwei Offshore-Windparks mit einer Gesamtkapazität von 800 MW vor der Nordostküste der Insel vergeben.
Griechenland steckt bei der Entwicklung der Offshore-Windenergie allerdings in einem Dilemma. Die Ägäis ist zwar wegen ihrer starken Winde eine ideale Region für Windanlagen. Aber seit Jahrzehnten rivalisieren Griechenland und die Türkei um die Wirtschaftszonen im östlichen Mittelmeer. Solange der Streit ungelöst ist, kann Griechenland nur in den eigenen Hoheitsgewässern Windanlagen aufstellen. Diese Hoheitszone beträgt in der Ägäis sechs Seemeilen, elf Kilometer. Standorte weiter draußen im Meer, wo die Windausbeute noch besser wäre, sind einstweilen tabu. Stattdessen muss man die Windräder in Sichtweite der Küsten aufstellen.
Bewohner machen gegen Pläne mobil
Das bringt Probleme mit sich. Vor dem Wind vom Meer erntet die Regierung jetzt erst einmal Proteststürme an Land. Viele Menschen fürchten, dass die Windparks das einzigartige Inselpanorama der Ägäis verschandeln und die Touristen vertreiben. Vor allem auf Kreta, dessen rebellische Bewohner sich gern gegen die Politiker im fernen Athen auflehnen, gibt es massive Widerstände.
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Der Hoteliersverband von Lasithi erklärt in einem Protestschreiben seine „kategorische und totale Ablehnung“ der geplanten Windparks. Die Hotelbesitzer befürchten „irreparable Schäden“. Die Windpark-Gegner wollen nun vor Gericht ziehen, bis hinauf zum Staatsrat, dem obersten griechischen Verwaltungsgericht. Damit könnte sich der Bau der Offshore-Windparks, wenn ihn die Richter überhaupt billigen, um Jahre verzögern.
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