Berlin. Wer günstiger vermietet, soll steuerlich profitieren. So will die Regierung mehr bezahlbaren Wohnraum fördern. Doch es gibt Kritik.
Deutschlandweit fehlenden Hunderttausende bezahlbare Wohnungen – neue Steuererleichterungen sollen nun Unternehmen helfen, die günstigen Wohnraum schaffen wollen und eine gewisse Miethöhe dabei nicht überschreiten. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Bundeskabinett am Mittwoch.
Konkret plant die Ampel, die sogenannten Wohngemeinnützigkeit als neuen gemeinnützigen Zweck ins Steuerrecht aufzunehmen. Dadurch ermöglichte Steuererleichterungen für gemeinnützige Unternehmen könnten sich auf ein- bis zweitausend Euro pro Jahr und Wohnung belaufen. Ein Unternehmen mit 300 Wohnungen könnte demnach rund eine halbe Million Euro pro Jahr einsparen und beispielsweise für geringere Mieten oder Bestandsinvestitionen einsetzen, hieß es aus dem Haus von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD).
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Firmen oder Stiftungen, die von der Steuererleichterung profitieren wollen, müssen ihre Wohnungen dauerhaft zu Preisen unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete anbieten. Im Unterschied zu Sozialwohnungen fallen diese Wohnungen dann nicht nach ein paar Jahren aus der Preisbindung heraus.
Wohngemeinnützigkeit und Sozialwohnungen – wo Unterschiede liegen
Das Ministerium geht davon aus, dass rund 100 soziale Unternehmen, Vereine und gemeinnützige Stiftungen die Regelung nutzen könnten. Denkbar sei aber auch, dass größere Firmen gemeinnützige Tochterunternehmen gründeten, die dann zum Beispiel neue Mitarbeiterwohnungen oder Azubiwohnheime bauten.
Bundesbauministerin Klara Geywitz sagte am Mittwoch, mit der neuen Wohngemeinnützigkeit werde neben dem sozialen Wohnungsbau eine weitere starke Säule für mehr bezahlbaren Wohnraum in Deutschland geschafffen. „Sozial orientierte Unternehmen, Vereine und Stiftungen können künftig vergünstigten Wohnraum bereitstellen und dabei von den umfassenden Steuererleichterungen der Gemeinnützigkeit profitieren. Voraussetzung: Die angebotene Miete muss unter der marktüblichen Miete liegen“, so die SPD-Politikerin weiter.
Die Wohngemeinnützigkeit ist kein neues Instrument, im Jahr 1990 wurde sie in Deutschland allerdings abgeschafft. SPD, Grüne und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag eine Reaktivierung vorgenommen.
Wohnungswirtschaft: In Deutschland fehlen gut 800.000 Wohnungen
Die Steuererleichterungen sollen auch dazu führen, dass bei gemeinnützigen Trägern Rücklagen für Modernisierungs- oder Neubaumaßnahmen aufgebaut werden können, hieß es. Branchenvertreter gehen die Regelungen allerdings nicht weit genug. „Insbesondere, weil die im Koalitionsvertrag versprochenen Investitionszulagen fehlen, werden die beabsichtigten Maßnahmen kaum zur Einführung eines namhaften Wohngemeinnützigkeitssektors beitragen“, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, dieser Redaktion. Er bezweifele auch, dass das vorgesehene Konzept tatsächlich zu mehr und dauerhaft bezahlbarem Wohnraum führe, so Siebenkotten.
Auch die Wohnungswirtschaft hegt Zweifel. Das Instrument der Wohngemeinnützigkeit könne einen Teil-Beitrag bei der Bekämpfung des Wohnungsmangels leisten. „Angesichts des riesigen Wohnungsmangels reicht es aber bei Weitem nicht aus“, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, laut Mitteilung. Dem GdW zufolge fehlten mittlerweile rund 800.000 Wohnungen in Deutschland. Gedaschko forderte deshalb ein „funktionierendes Fördersystems für bezahlbaren Wohnraum“.
„Angesichts der aktuellen Wohnungsbaukrise müssen die sozial orientierten Wohnungsunternehmen überhaupt erst wieder in die Lage versetzt werden, zu bauen. Das geht angesichts der dauerhaft höheren Zinsen bei gleichzeitig rundum gestiegenen Kosten nur über ein kurzfristiges Zinsprogramm“, erklärte er weiter.
Sozialwohnungen: Linke fordert, Wohnungskrise europäisch zu lösen
Kritik kam auch von den Linken, die dafür plädieren, die Herausforderungen des Wohnungsmarktes europäisch zu lösen. „Wohnraum in öffentlicher Hand ist das beste Mittel, die Mieten niedrig zu halten. Daher braucht es jetzt einen europäischen Kommunalisierungsfonds“, sagte Linken-Parteichef Martin Schirdewan dieser Redaktion.
Er schlug vor, auch Geld aus dem Klimasozialfonds sowie Förderprogrammen der Europäischen Investitionsbank für die Ausweitung des gemeinnützigen Wohnungssektors einzusetzen. Es dürfe in der EU nicht mehr Normalität sein, dass viele Menschen mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnen ausgeben müssten, so der Linken-Vorsitzende. Nötig sei daher „eine europäische Richtlinie dazu, dass sich ein Mindestanteil am Wohnungsmarkt der jeweiligen Mitgliedstaaten in der öffentlichen Hand befinden und der gemeinnützigen Bewirtschaftung gewidmet sein muss“, sagte er weiter.