Berlin. Wie gut geht es der Reisebranche? Drohen weitere Insolvenzen? So hilft die Konkurrenz, damit die Zimmer der Hotels nicht leer bleiben.
Die Insolvenz des drittgrößten Reiseveranstalters FTI wirkt für viele Urlauber immer noch wie ein Schock. Rund 65.000 Menschen erfuhren davon direkt in ihrem Urlaub, manche sitzen an ihren Ferienorten fest. Hoteliers in den beliebten Urlaubsländern wie der Türkei, in Spanien, den Kanarischen Inseln oder Mallorca bangen, was mit ihren vorgebuchten Zimmern passieren wird. Aber vor allem auch Hunderttausende Urlauber fragen sich, ob ihre bereits gebuchte Reisen in diesem Jahr noch sicher ist. Oder, ob möglicherweise weitere Pleiten in der Branche drohen.
Insgesamt ist die Stimmung trotz FTI-Pleite in der Reisebranche positiv, berichten Experten. Nach den wohl schlimmsten Jahren während der Corona-Pandemie, als die Reisezahlen drastisch eingebrochen waren und zahlreiche Unternehmen auf staatliche Hilfe angewiesen waren, geht es kräftig wieder bergauf.
Die Deutschen befinden sich wieder im Reisefieber. Die Buchungseingänge für Pauschalreisen sind positiv. Bis Ende April erzielte die Branche bei den Buchungen für dieses Jahr bereits ein Umsatzplus von 20 Prozent, berichtet der Deutsche Reiseverband. Schon 2023 gaben die Deutschen 37,3 Milliarden Euro für Pauschalreisen aus – und damit 31 Prozent mehr aus als im Jahr zuvor.
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FTI-Insolvenz: Trotzdem boomt die Reisebranche
Europas größter Reiseveranstalter TUI erwartet in diesem Jahr ein sehr gutes Geschäftsjahr. „Erstmals könnte die Zahl der Gäste aus Deutschland mit rund 6 Millionen wieder das Niveau der Vor-Corona-Zeit übertreffen. Beim Umsatz hatte TUI bereits im Vorjahr die Zahlen von 2019 übertroffen“, sagte der TUI Sprecher Aage Dünhaupt dieser Redaktion.
Laut Branchendienst fvw/Traveltalk bahnen sich auch keine weiteren Schieflagen in der Reisebranche an. „Es gibt aktuell keinen vergleichbaren finanziell prekären Fall wie FTI, der sich andeutet“, sagt Alexander Krug, Chefredakteur des Branchenmagazins fvw/Traveltalk dieser Redaktion.
FTI hatte am Montag Insolvenzantrag gestellt. Ursprünglich wollte ein US-Finanzinvestor das Unternehmen für einen Euro kaufen und 125 Millionen frisches Kapital in das Unternehmen stecken.
Auch der Tourismusexperte Torsten Kirstges von der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven sieht die Branche im Aufwind: „Es wird stark gereist, hochpreisige Reisen liegen im Trend, boomen wieder.“ Manche Reiseanbieter drückten eventuell noch alte Schulden und Bankkredite aus der Corona-Zeit. Nicht so bei TUI: „Die Darlehen des WSF wurden bereits hochverzinst mit über 300 Millionen Euro zurückgezahlt“, sagte der TUI-Sprecher.
Reiseexperte verrät, wie sicher Pauschalreisen sind
Veranstalter und Reiseexperten sehen trotz der FTI-Insolvenz keinen Grund für ein Ende der Pauschalreise. Im Gegenteil: „Das Prinzip der Pauschalreise als Vollkaskoversicherung funktioniert, alle werden entschädigt. Wer dagegen nur Einzelleistungen gebucht hat, geht leer aus“, sagt der TUI-Sprecher.
„Die Pauschalreise ist maximal sicher“, ist auch der Reiseexperte Alexander Krug sicher. „Durch die Pauschalreiserichtlinie ist die Pauschalreise so sicher wie keine andere Reiseform. Kein Urlauber hat durch die Pleite einen finanziellen Schaden.“ Hauptgrund dafür ist die Einführung des Reisesicherungsfonds nach der Thomas-Cook-Pleite, der von den Reiseveranstaltern gespeist wird.
Die Situation von Pauschalreisen ist heute eine völlig andere als vor der Pleite von Thomas Cook, als es den Reisesicherungsfonds noch nicht gab und die Absicherung auf 110 Millionen Euro gedeckelt war. „Der Fonds ist derart bestückt, dass er die zeitgleiche Pleite eines großen und kleinen Anbieters auffangen könnte.“ Individualreisende, die Flug, Hotel oder Mietwagen persönlich und einzeln buchen, stehen dagegen bei der Pleite einer Fluggesellschaft, eines Mietwagenanbieters oder Hoteliers in der Regel im Regen.
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Urteil der Stiftung Warentest fällt eindeutig aus
Und auch die Stiftung Warentest hat ein klares positives Urteil: „Pauschalreisen sind weit besser gesichert als jede individuelle Buchung“, sagt die Reiserechtsexpertin Eugénie Zobel. Pauschalreisende sind über den Deutsche Reisesicherungsfonds abgesichert und bekommen ihre Ausgaben voll ersetzt – ohne Deckungslimit nach oben. Individualreisende müssten sich dagegen bei Insolvenzen in die Reihe der Gläubiger einreihen und gingen nicht selten leer aus. „Es gibt keinen Grund, von einer Pauschalreise abzuraten.“ Der Reisesicherungsfonds müsse auch bei einer weiteren Insolvenz einspringen. „Alle bekommen ihr Geld zurück“, so die Stiftung-Warentest-Reiserechtlerin.
Unterdessen erwartetet der Tourismusforscher Kirstges, dass die Konkurrenz von der Insolvenz profitieren könnte. „Es ist eine Marktbereinigung, von der am Ende die übrigen Anbieter profitieren“, meint auch der Reiseexperte Krug. Sie könnten Ziele und Hotelkapazitäten übernehmen. So versucht TUI derzeit bereits in Ägypten, Türkei, auf den Balearen, Kanaren und Arabischen Emiraten mit Hoteliers und Airlines Kontingente, die durch die FTI-Insolvenz frei geworden sind, neu zu Reisen zusammenzustellen, berichtet der TUI-Sprecher.
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„Wir versuchen hier langfristige Verträge auszuhandeln. Dies ist im Sinne der Hoteliers, Fluggesellschaften und auch der Gäste“, sagt Dünhaupt. Die wegfallenden Reisen von FTI dürften nicht 1:1 von anderen Anbieter übernommen und ausgeführt werden, sondern würden storniert. „Wir können nur neue Pakete zusammenstellen.“
Gleichzeitig macht TUI mit einem Angebot, insbesondere für betroffene FTI-Kunden, Neubuchungen derzeit besonders attraktiv. „Wer bis zum 30. Juni seine bucht, die bis zum 31. Oktober angetreten wird, muss keine Anzahlung mehr leisten. Dies soll vor allem FTI-Betroffenen helfen“, so der TUI-Sprecher, „doch das Angebot gilt für alle neuen Buchung für alle Kunden“.
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