München/Ostfildern. In der Folge von Corona und Chipkrise hatten die Gebrauchtwagenpreise in den vergangenen Jahren extrem zugelegt. Inzwischen geht es wieder bergab - am drastischsten bei Stromern.
Die Preise für Gebrauchtwagen sinken wieder. Vor allem bei Elektroautos ist der Absturz drastisch, wie eine aktuelle Auswertung des Marktbeobachters DAT für die dpa zeigt. Doch auch bei Verbrennern haben die sogenannten Restwerte deutlich nachgegeben, die anzeigen, wie viel vom ursprünglichen Listenneupreis noch übrig ist.
Vergleicht man die aktuellen Händlerverkaufswerte für typische dreijährige Elektroautos aus dem April mit denen des Vorjahreszeitraums, ergibt sich bei den Stromern ein Absturz um 18 Prozent. Auch Benziner und Diesel gaben deutlich nach, mit 7 und 5 Prozent aber weniger extrem. Insgesamt gebe es eine Kaufzurückhaltung, stellt die DAT fest. Daher stehen die Autos wieder länger auf den Höfen der Händler, die deswegen die Preise senken. Die Fallgeschwindigkeit lasse inzwischen aber nach. „Wir gehen davon aus, dass der erste starke Abschwung vorbei ist und die Kurve jetzt eher abflacht“, sagte ein Sprecher.
Dass der Rückgang beim Diesel weniger stark ausgeprägt ist, führt er auf ein geringeres Angebot und eine höhere Nachfrage zurück. Dies führt dazu, dass der prozentuale Restwert beim Diesel im April den der Benziner überholt - laut DAT zum ersten Mal seit 2015, dem Jahr des Dieselskandals.
Auch Verbrenner keine Schnäppchen
Schnäppchen sind die gebrauchten Verbrenner dadurch aber noch lange nicht. In Folge von Corona- und Chipkrise waren ihre Preise zwischenzeitlich enorm angestiegen. Auch nach dem aktuellen Rückgang liegen sie mit prozentualen Restwerten von 64,5 bei Benzinern und 64,6 bei Dieseln noch weit über den Werten der Vor-Corona-Zeit, die sich typischerweise im Bereich um 55 Prozent plus minus einige Punkte bewegt hatten.
„Insgesamt haben wir im Gebrauchtwagenmarkt nach der Zeit des Mangels wieder normalere Verhältnisse“, sagt der Vizepräsident des Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, Thomas Peckruhn. „Das Angebot ist größer und der Kunde muss nicht mehr jedes Auto kaufen.“
Bei Elektroautos kann man dagegen nicht von einer Normalisierung sprechen: Ihre prozentualen Restwerte liegen nach dem aktuellen Einbruch mit 50,7 deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau, das ähnlich wie bei den Verbrennern war.
Markt noch in den Kinderschuhen
Einen Boom bei gebrauchten Elektroautos werden die niedrigeren Restwerte eher nicht auslösen. Denn einerseits bezieht sich der Restwert immer auf den Listenneupreis vor Abzug von Prämien und Rabatten - und der ist bei den Stromern oft deutlich höher als bei vergleichbaren Verbrennern.
Zudem steckt der Markt noch in den Kinderschuhen: In den ersten vier Monaten des Jahres zählte das Kraftfahrt-Bundesamt gut 44.000 Besitzumschreibungen von reinen Stromern - ein Anteil von zwei Prozent. Hintergrund ist, dass der Anteil von Elektroautos am deutschen Fahrzeugbestand mit knapp 3 Prozent noch relativ gering ist. Der Großteil ist zudem noch relativ jung und viele Autos sind in privater Hand. Beides führt dazu, dass der Markt für gebrauchte Stromer wohl noch einige Zeit brauchen wird, um anzulaufen.
Und die Schere zwischen Stromern und Verbrennern könnte noch weiter aufgehen: „Aktuell sind die Restwerte im Verbrennerbereich wieder relativ stabil – insbesondere bei attraktiven Fahrzeugen“, sagt Peckruhn. „Im Elektrobereich gibt es dagegen noch immer Druck.“