Berlin/Essen. Überraschung in Essen: Milliardär Kretinsky übernimmt einen Anteil am Stahlgeschäft von Thyssenkrupp. Die Aktie reagierte umgehend.
Überraschung bei Deutschlands größtem Stahlhersteller: Wie Thyssenkrupp am Freitag mitteilte, schlossen die Essener eine strategische Partnerschaft mit der EP Corporate Group des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky. Die EPCG wird 20 Prozent der Anteile am Stahlgeschäft von Thyssenkrupp übernehmen; Gespräche über den Erwerb weiterer 30 Prozent liefen. Ziel sei „die Bildung eines gleichberechtigten 50/50-Joint Ventures“, hieß es in der Mitteilung.
Der Abschluss der Transaktion für den Erwerb des 20-Prozent-Anteils am Stahlgeschäft durch EPCG ist laut Thyssenkrupp „noch im laufenden Geschäftsjahr geplant“ – vorbehaltlich einer etwaigen Zustimmung der zuständigen Behörden und des Aufsichtsrates.
Thyssenkrupp: Aktie macht gewaltigen Sprung
Damit kann der Konzern allerdings nicht ohne weiteres rechnen. Wie das „Manager Magazin“ berichtet, war die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat nicht eingebunden. Spitzenpersonal wie der Aufsichtsratsvize Jürgen Kerner oder Betriebsratschef Tekin Nasikkol seien nur sehr kurzfristig und oberflächlich über den Einstieg Kretinskys informiert worden.
Die Anleger zeigten sich indessen über die Entwicklung bei Thyssenkrupp erfreut. Nach monatelanger Talfahrt notierte die Aktie des Stahlkonzerns am Freitag vorbörslich mit einem kräftigen Plus von 4,5 Prozent. Bis 11 Uhr legten die Papiere dann weitere elf Prozent zu.
Der Essener Konzern hatte bereits Ende vergangenen Jahres nach der Veröffentlichung tiefroter Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr mögliche Veränderungen in der Stahlsparte angekündigt und über die Verhandlungen mit Kretinsky gesprochen.
Konzernchef Miguel López erhofft sich dadurch eine Lösung bei den zu erwartenden höheren Energiekosten im Zusammenhang mit dem Umbau hin zu einer weniger klimaschädlichen Produktion. Die Sparte leidet seit Jahren unter sinkenden Preisen, steigenden Energiekosten und wachsender Konkurrenz auf dem asiatischen Markt.
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Thyssenkrupp baut Stellen ab
Mit der Erweiterung des Gesellschafterkreises und der Neuausrichtung stehe Thyssenkrupp Steel Europe am Beginn eines mehrjährigen Prozesses mit dem Ziel einer vollständigen unternehmerischen Eigenständigkeit, teilte der Konzern mit. Auf die bestehenden Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge habe die Transaktion keinen Einfluss.
„Unser Ziel ist ein Zukunftskonzept, das zu wirtschaftlicher Selbstständigkeit und unternehmerischem Erfolg von Thyssenkrupp Steel führt, den Anforderungen des Klimaschutzes entspricht, betriebsbedingte Kündigungen vermeidet und eine breite Akzeptanz findet“, kommentierte López.
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Im vergangenen Geschäftsjahr musste Thyssenkrupp Milliarden auf das Stahlgeschäft abschreiben, das unter einer schwachen Nachfrage sowie gesunkenen Preisen – gepaart mit höheren Kosten – leidet. Thyssenkrupp hatte vor kurzem den Abbau von Kapazitäten am Standort Duisburg angekündigt, der auch zu einem weiteren Stellenabbau führen wird. In der Sparte des Thyssenkrupp-Konzerns arbeiten rund 27.000 Menschen, davon 13.000 in Duisburg. Bis Ende März 2026 gilt eine Beschäftigungsgarantie. (fmg/dpa)