Berlin. Wer arbeitslos ist, erhält oft Arbeitslosengeld. Doch wie wirkt sich das auf die Rente aus? Experten sagen, wem hohe Abzüge drohen.

Sparprogramme, Insolvenzen oder Firmenaufgaben: Immer wieder verlieren Beschäftigte ihren Job. Manche finden nach der Kündigung schnell wieder eine neue Anstellung, andere werden arbeitslos. Was bedeutet der Einkommensverlust für die Altersversorgung? Wie sich Arbeitslosigkeit auf die Rente auswirkt, dazu beantworten Experten wichtige Fragen.

Wer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld?

In Deutschland waren 2023 durchschnittlich 2,6 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet, was einer Arbeitslosenquote von 5,7 Prozent entspricht. Anspruch auf Arbeitslosengeld haben in der Regel Beschäftigte, die in den 30 Monaten vor der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate pflicht- oder freiwillig versichert waren und Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt haben.

Die Höhe des Arbeitslosengeldes orientiert sich am Gehalt der vergangenen 12 Monate. Jüngere bis 50 Jahre erhalten höchstens 12 Monate lang Arbeitslosengeld. Danach steigt die Anspruchsdauer in mehreren Schritten auf zwei Jahre an. Wer älter ist als 58 Jahre erhält 24 Monate Arbeitslosengeld. Voraussetzung dafür ist, dass man 4 Jahre oder länger pflichtversichert war.

Werden während der Arbeitslosigkeit Rentenbeiträge bezahlt?

Wird Arbeitslosengeld bezogen, zahlt die Agentur für Arbeit weiterhin Beiträge in die Rentenversicherung ein. Berechnungsgrundlage für die Höhe der Beiträge sind 80 Prozent des vorherigen versicherten Gehaltes. Die Beiträge bezahlt die Agentur für Arbeit. „Somit steigt die Rente weiterhin an, nur etwas langsamer“, sagt die Rentenexpertin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Katja Braubach. Endet das Arbeitslosengeld und werden keine Leistungen oder nur Bürgergeld (früher Arbeitslosengeld II, Hartz IV) bezogen, zahlt die Agentur für Arbeit keine Beiträge für die Rentenversicherung ein. Die Rente verbleibt dann in der bisherigen Höhe.

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Wer sich trotzdem bei der Agentur für Arbeit arbeitslos meldet oder Bürgergeld bezieht, kann eine „Anrechnungszeit ohne Bewertung“ für seine Rente gutgeschrieben bekommen. Diese sind dann wichtig, wenn eine vorzeitige Altersrente für Schwerbehinderte und langjährig Versicherte bezogen werden soll oder jemand erwerbsgemindert wird.

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    Wie wirkt sich eine Arbeitslosigkeit von 3 Monaten, einem Jahr oder 24 Monaten auf die Rente aus?

    1. Beispiel für einen Versicherten, der monatlich 3.000 Euro brutto verdient: Bei einer Arbeitslosigkeit von 3 Monaten erwirbt der Versicherte in diesem Zeitraum durch die Zahlungen der Bundesarbeitsagentur statt einer Rente von 7,46 Euro nur 5,97 Euro. Durch die Arbeitslosigkeit reduziert sich seine monatliche Rente im Alter somit um 1,49 Euro, rechnet Braubach vor.

    Bei einer Arbeitslosigkeit von 1 Jahr erwirbt der Versicherte statt einer Rente von 29,84 Euro nur 23,87 Euro. Durch die Arbeitslosigkeit reduziert sich seine monatliche Rente somit um 5,97 Euro. Bei einer Arbeitslosigkeit von 2 Jahren erwirbt der Versicherte statt einer Rente von 59,67 Euro nur 47,74 Euro. Durch die Arbeitslosigkeit reduziert sich seine monatliche Rente somit um 11,94 Euro.

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    2. Beispiel für Versicherte mit einem Monatseinkommen von brutto 7.550 Euro, was zugleich die oberste Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenbeiträge 2024 ist: Bei einer Arbeitslosigkeit von 3 Monaten bekommen Versicherte statt einer Rente von 18,78 Euro nur 15,02 Euro. Durch die Arbeitslosigkeit reduziert sich seine monatliche Rente somit um 3,76 Euro.

    Bei einer Arbeitslosigkeit von 1 Jahr erwirbt der Versicherte statt einer Rente von 75,10 Euro nur 60,08 Euro. Durch die Arbeitslosigkeit reduziert sich seine monatliche Rente somit um 15,02 Euro. Bei einer Arbeitslosigkeit von 2 Jahren erwirbt der Versicherte statt einer Rente von 150,20 Euro nur 120,16 Euro. Durch die Arbeitslosigkeit reduziert sich seine monatliche Rente somit um 30,04 Euro.

    Da Arbeitslosengeld derzeit längstens für 24 Monate gezahlt wird, werden ab dem 25. Monat der Arbeitslosigkeit keine weiteren Beiträge durch die Arbeitsagentur gezahlt.

    Macht es einen Unterschied, ob man in jüngeren oder älteren Jahren arbeitslos wird?

    Nein. Sowohl für jüngere als auch für ältere Arbeitslose werden Beiträge in Höhe von 80 Prozent des letzten versicherten Gehaltes gezahlt. Allerdings gibt es altersabhängige Laufzeiten für das Arbeitslosengeld. Jüngere haben noch keinen Anspruch auf die vollen 24 Monate, ältere ab 58 Jahren schon.

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    Kann man Rentenpunkte, die durch Arbeitslosigkeit verloren gegangen sind, nachträglich dazukaufen?

    Es kommt darauf an. Freiwillige Beiträge können nur für Monate gezahlt werden, die noch nicht mit einem Pflichtbeitrag belegt sind. Im Klartext: für Monate, in denen Arbeitslosengeld bezogen wurde, hat die Agentur für Arbeit bereits Pflichtbeiträge gezahlt. Der Versicherte kann die Differenz zwischen den 80 Prozent Rentenbeiträgen, die von der Arbeitsagentur gezahlt wurden und den 100 Prozent des früheren Gehaltes, nicht ausgleichen.

    Freiwillige Beiträge können nur für Monate der Arbeitslosigkeit entrichtet werden, in denen kein Arbeitslosengeld bezogen wurde. Also für Zeiten, in denen entweder gar keine Leistungen bezogen wurden oder man Bürgergeld erhalten hat.

    Was kostet ein Rentenpunkt?

    Die Beitragshöhe kann frei zwischen dem Mindestbeitrag von monatlich 100,07 Euro und dem Höchstbeitrag von monatlich 1.404,30 Euro gewählt werden. Die Beiträge können immer für das laufende Kalenderjahr und bis zum 31. März des folgenden Jahres eingezahlt werden. Das bedeutet, dass Beiträge für 2024 noch bis zum 31. März 2025 gezahlt werden können.

    Erhalten auch Ältere, die kurz vor ihrem regulären Renteneintritt ihren Job verlieren, Arbeitslosengeld? Oder müssen diese in den vorzeitigen Ruhestand gehen?

    „Eine Verpflichtung, vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, besteht nicht“, sagt die Expertin der Bundesagentur für Arbeit, Guadalupe Sanchez. Alle Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld erfüllen, können Arbeitslosengeld beziehen. Wer jedoch das für die Regelaltersrente erforderliche Lebensjahr vollendet hat, hat vom Beginn des folgenden Monats an keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

    Wie realistisch ist es, dass Menschen Ü-60 noch einen neuen Job bekommen?

    Die Herausforderung für Über-60-Jährige einen neuen Job zu bekommen, ist groß. Oft bieten Jobs, die ihrem Leistungsvermögen entsprechen, nicht mehr dieselben Verdienstmöglichkeiten wie bisher, sagt die Arbeitsagentur-Expertin Sanchez. Die Chancen für ältere Arbeitsuchende hängen neben ihrer Gesundheit auch stark vom Bildungsgrad und der Art der Beschäftigung ab.

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    Ältere Menschen bringen oft jahrzehntelange Berufserfahrung mit und sind gut qualifiziert. Die Chancen steigen zwar in Zeiten des Fachkräftemangels, doch in der Praxis würden oft jüngere Bewerber bevorzugt. Manche Beschäftigte erhalten auch Anreize von ihren Arbeitgebern zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Aktuell (März) sind 364.262 Menschen über 60-Jahre arbeitslos gemeldet – und damit 13,2 Prozent aller Arbeitslosen.