Essen. Galeria Karstadt Kaufhof beantragt erneut ein Insolvenzverfahren. Es ist das dritte innerhalb weniger Jahre. Was mit den gut 90 Warenhäusern und mehr als 15.000 Beschäftigten passiert, ist unklar.

Die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) will mit einem neuen Eigentümer noch einmal durchstarten. Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hat in Folge der Schieflage seines Eigners Signa zum dritten Mal in dreieinhalb Jahren Insolvenz angemeldet. Wie das Unternehmen am Dienstag in Essen weiter mitteilte, sind Gespräche mit potenziellen Investoren angelaufen.

Galeria hat beim Amtsgericht Essen einen Insolvenzantrag gestellt. Die mehr als 15.000 Beschäftigten müssen nun um ihren Arbeitsplatz zittern. Ob weitere Standorte schließen müssen, steht noch nicht fest. Das Geschäft in den Filialen soll dem Unternehmen zufolge normal weiter laufen.

„Galerias operativer Erfolg wird durch die Rahmenbedingungen der alten Eigentümerstruktur belastet. Wir sehen in dem heutigen Tag ausdrücklich einen Befreiungsschlag“, sagte Galeria-Chef Olivier van den Bossche. „Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigen Galeria massiv, behindern das laufende Geschäft und schränken durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein.“

Der vorläufige Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus sagte, man werde einen Investorenprozess für das Unternehmen sehr kurzfristig starten. Ziel sei, „dass wir im Zeitfenster von sieben, acht Monaten dann auch dieses Insolvenzverfahren wieder verlassen können“. Es gebe bereits Interessenten: „Wir werden weitere Interessenten ansprechen. Die vorhandenen Interessenten können an diesem Prozess teilnehmen.“

Ungewissheit über Millionen-Zahlungen von Signa

Für GKK ist es schon die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Vorausgegangen war die Schieflage des Mutterkonzerns Signa. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Unternehmen aus der Handels- und Immobiliengruppe des österreichischen Unternehmers René Benko Insolvenz angemeldet - darunter die Signa Retail Selection AG, zu der GKK gehört. Sie hatte Ende November angekündigt, ihr Geschäft geordnet abzuwickeln, was einen Verkauf von GKK bedeutet.

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte erst Ende 2022 Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Im März 2023 stimmte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zu. Signa hatte für die Sanierung 200 Millionen Euro zugesagt, die in mehreren Tranchen bis 2025 fließen sollen, die ersten 50 Millionen dem Vernehmen nach im Februar.

Ob GKK mit der Zahlung rechnen kann, ist weiter unklar. Der österreichische Insolvenzexperte Karl-Heinz Götze von der Gläubigerschutzorganisation KSV1870 geht nicht davon aus. Er kenne jedoch die entsprechenden Zahlungsvereinbarungen nicht, betonte Götze, dessen Organisation im Gläubigerausschuss der Holding-Insolvenz vertreten ist. Der Insolvenzverwalter von Signa Holding wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern.

Bundesagentur: Galeria-Beschäftigte können Insolvenzgeld erhalten

Nach der vergangenen Insolvenz hatte der Warenhauskonzern etwa 40 Filialen schließen müssen. Die letzten 18 davon machen im Laufe dieses Monats dicht. Anschließend will Galeria noch 92 Warenhäuser weiterbetreiben. Von den mehr als 15.000 Menschen, die das Unternehmen nach eigenen Angaben beschäftigt, sind die meisten fest angestellt, ein kleinerer Teil sind Aushilfen.

Die Bundesagentur für Arbeit wird den Beschäftigten der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof Insolvenzgeld zahlen, wenn das beantragte Insolvenzverfahren eröffnet wird. Das sei das Ergebnis von Beratungen mit dem Unternehmen und einer detaillierten Prüfung der Voraussetzungen, heißt es in einer Mitteilung der Behörde. Insolvenzgeld wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für bis zu drei Monate rückwirkend bezahlt, in der Regel in der Höhe des letzten Nettoeinkommens. Die Beschäftigten müssten derzeit nichts unternehmen, heißt es in der Mitteilung.

Der Galeria-Gesamtbetriebsrat war zunächst nicht für ein Statement zu erreichen. Die Gewerkschaft Verdi hat den neuen Insolvenzverwalter aufgerufen, die Arbeitsplätze der Warenhauskette zu sichern. „Wir als Gewerkschaft werden mit den Beschäftigten für ihre Zukunft kämpfen“, sagte Silke Zimmer, im Verdi-Bundesvorstand zuständig für den Handel. “Vom neuen Insolvenzverwalter fordern wir, alles daranzusetzen, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung, die das Unternehmen in den letzten Monaten genommen hat, fortgesetzt werden kann.“

In den beiden zurückliegenden Insolvenzverfahren hatten die Gläubiger von Galeria auf Milliardenforderungen verzichtet, damit die Warenhauskette einen Weg aus der Krise findet. Auch der deutsche Staat half mit viel Geld: 2021 und 2022 hatte der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Unternehmen mit insgesamt 680 Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Laut dem Insolvenzplan vom Frühjahr 2023 sollte der WSF nur einen kleinen Teil aus der Verwertung des Warenbestands zurückerhalten.

Beim aktuellen Insolvenzantrag hat die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH anders als 2020 und 2022 kein Schutzschirm-, sondern ein Regelinsolvenzverfahren gewählt. Die Geschäftsführung bleibt bei dem Verfahren zwar im Amt, aber alle Geschäfte bedürfen der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Der muss ein Gutachten erstellen, ob die Insolvenzantragsgründe gegeben und die Kosten des Verfahrens gedeckt sind. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird das Verfahren eröffnet. Die Erstellung eines Insolvenzplans kann entweder schon jetzt durch die Geschäftsführung oder nach der Verfahrenseröffnung durch den Insolvenzverwalter erfolgen.