Berlin. Weil die Tarifverhandlungen zwischen der Bahn und der GDL gescheitert sind, können Fahrgäste nicht mehr sicher planen. Jederzeit drohen nun Warnstreiks, eine Lösung der Situation ist nicht in Sicht.
Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn wird es weitere Warnstreiks auf der Schiene geben. Daran ließ GDL-Chef Claus Weselsky am Freitag keine Zweifel: „Wir werden, nachdem wir die Verhandlungen jetzt scheitern lassen haben, als nächstes mit Warnstreiks den Arbeitgeber weiter unter Druck setzen.“ Details ließ der Gewerkschaftschef noch offen.
Zu zeitlich befristeten Warnstreiks kann die GDL jederzeit aufrufen. Für längere, unter Umständen auch zeitlich unbefristete Streiks holt die Gewerkschaft derzeit die Zustimmung ihrer Mitglieder ein. Die Urabstimmung hat bereits begonnen.
Wann kommt es zum nächsten Warnstreik?
Das ist offen, Weselsky nannte am Freitag noch kein Datum. „Wann diese stattfinden werden, werden wir der Öffentlichkeit rechtzeitig mitteilen“, sagte er lediglich. „Wir sehen keine Möglichkeit, mit diesem Arbeitgeber Kompromisse zu finden, und bedauern außerordentlich, dass wir die Fahrgäste, die Kunden der Deutschen Bahn weiter beeinträchtigen müssen“, so Weselsky weiter.
Wie lange kann ein Warnstreik dauern?
Das ist im Detail schwer zu sagen. Sicher ist aber: Warnstreiks müssen im Gegensatz zu Streiks zeitlich befristet sein. Die Dauer des Ausstands muss zudem in einem angemessenen Verhältnis zu den Forderungen beziehungsweise der Verhandlungssituation stehen - das lässt im Detail viel Spielraum. Stellt ein Arbeitsgericht die fehlende Verhältnismäßigkeit fest, kann ein Warnstreik untersagt werden.
Bis zu welcher Länge ein Warnstreik als angemessen bewertet wird, lässt sich also nicht genau sagen und hängt zum Beispiel auch davon ab, wie viele Mitglieder zum Ausstand aufgerufen werden. Ein bundesweiter 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene, wie ihn die Verkehrsgewerkschaft EVG im Mai vorhatte, dürfte an der Grenze des Machbaren liegen.
Wie groß sind voraussichtlich die Auswirkungen beim nächsten Warnstreik?
Das hängt davon ab, welche Mitglieder die GDL konkret jeweils zur Arbeitsniederlegung aufruft und wie groß die Streikbeteiligung ist. Mit dem bundesweiten Aufruf in der vergangenen Woche zwang die Gewerkschaft die Deutsche Bahn dazu, im Fernverkehr gut 80 Prozent der Verbindungen abzusagen. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen zum Teil noch größer, in manchen Regionen fuhr zeitweise so gut wie kein Zug mehr.
Sollte die GDL nur einzelne Berufsgruppen oder die Beschäftigten in einzelnen Bundesländern zum Warnstreik aufrufen, sind die Auswirkungen schwieriger abzuschätzen. Denkbar ist auch, dass die GDL von Tag zu Tag in einem anderen Teil des Landes streikt - die Möglichkeiten für die Gewerkschaft sind in dieser Hinsicht vielfältig.
Erfahrungsgemäß sind besonders in den ostdeutschen Bundesländern viele Beschäftigte bei der GDL organisiert, ebenso im Südwesten. Auch in Stuttgart und Frankfurt hat die GDL viele Mitglieder. In anderen Regionen, etwa in Norddeutschland, ist die GDL nicht so stark unter DB-Beschäftigten vertreten.
Was passiert bei einem Warnstreik mit bereits gekauften Tickets?
Bei den vergangenen Warnstreiks hat die Bahn die Zugbindung der Tickets aufgehoben, damit die Kunden ihre Fahrt vorziehen oder an einem anderen Tag nachholen konnten. Wer wegen eines Zugausfalls seine Reise gar nicht mehr antreten wollte, konnte sich den gesamten Fahrpreis erstatten lassen. In der Regel richtet die Bahn für sämtliche Kundenfragen zudem eine Streik-Hotline ein.
Ab wann kann die GDL zum unbefristeten Streik aufrufen?
Dafür muss das Ergebnis der Urabstimmung vorliegen. „Wir wissen noch nicht genau, ob wir die Auszählung unmittelbar vor Weihnachten oder nach Weihnachten schaffen“, sagte Weselsky. Für unbefristete Streiks braucht Weselsky die Zustimmung von 75 Prozent der Abstimmungsteilnehmer.
Dieses Verfahren stellt sicher, dass der Streik von einer breiten Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder mitgetragen wird - schließlich drohen ihnen erhebliche Einnahmenverluste bei einem langen Streik.
Ob Weselsky bei Vorliegen des Ergebnisses tatsächlich zu einem unbefristeten Streik aufruft, ist offen. Wahrscheinlicher ist, dass der GDL-Chef auch dann einen genauen Zeitraum für den Arbeitskampf festlegt. Er muss sich dabei dann aber nicht mehr an den strengeren Regeln für einen Warnstreik orientieren.
Bekommen die Streikenden Geld für die Zeit des Arbeitskampfes?
Wer streikt, muss damit rechnen, dass der Arbeitgeber das Entgelt entsprechend kürzt. Die Gewerkschaften zahlen aber bei unbefristeten Streiks nach Urabstimmung Streikgeld. Das gleicht die Einnahmeverluste in der Regel aber nicht eins zu eins aus. Die GDL zahlt nach eigener Aussage auch bei Warnstreiks ein Streikgeld - hier sind die Regelungen bei den Gewerkschaften sehr unterschiedlich.